13 März 2008

Die "68er" und die "Anti-68er"

Mario zitiert am 06.03.2008 die FAZ: "Der Historiker Götz Aly, einst selbst ein 68er, vergleicht in seinem neusten Werk die 68er-Revolte mit dem Nationalsozialismus und verweist auf viele Parallelen beider Bewegungen: ..."

Wie sich mit Eva Herrmann zeigte, lassen sich für Stuss Verbraucher finden.
Je oller die Thesen, desto doller die Freud' bei Faschos im Streben nach "Normalität" ihres gestrigen und alltäglichen Schmuddels. Moralische Maxime des Strolchentums: "Die anderen sind auch nicht besser."

Mario zitiert: Die Revolte habe nicht etwa die Demokratisierung und Modernisierung der Gesellschaft gebracht, ...

Glaubst Du das? Ich hingegen bin der Ansicht, dass sich die Parlamente ohne außerparlamentarische Opposition allenfalls zu "Reformen" bequemen, die den Bürgern das Geld aus der Tasche ziehen, während jeglicher Fortschritt in Richtung Demokratie und Menschenrechte das Zusammenwirken von außerparlamentarischen und parlamentarischen Kräften braucht. Damals waren das die Studentenbewegung und die SPD.
Maoistische, kommunistische Parteien, so laut sie auch gewesen sein mögen, blieben bedeutungslos.

Aber wieder gab es eine historische "Parallele", denn die Gesellschaft wurde durch die gegenseitige Hetze von Wortführern der Studentenbewegung und den Wortführern des Konservatismus zunehmend polarisiert. Besonders die Springer-Presse radikalisierte die konservativen Bevölkerungsteile, chaotisierte den Konflikt und bescherte der NPD Zulauf in Mitgliedschaft und Wahlen, so dass sie es fast in den Bundestag geschafft hätte. Auch das radikalisierte wiederum Teile der Studentenbewegung.

Mit Willy Brandt wurde schließlich jemand Bundeskanzler, der sich wichtigen Themen der Studentenbewegung annahm, so dass vom Protest praktisch nur noch extremistische Zirkel übrig blieben und durch Terrorismus Bedeutungsgewinn suchten.

Mario zitiert: "Vielmehr sei sie (68er) die letzte Zuckung des Totalitarismus gewesen und der letzten großen Jugendbewegung, dem Nationalsozialismus, so ähnlich, dass man beim Studium der Zeitzeugnisse einen Schrecken bekomme."

"Große Jugendbewegung" war es gewiss nicht, denn "die Jugend" interessierte sich damals weit weniger für Politik als in den beiden nachfolgenden Jahrzehnten.
Schon der Begriff "Jugendbewegung" trifft es ebenfalls weniger als der Begriff "Studentenbewegung".

Dass die "68er" jüngere Wortführer hatte, ist ein weiterer Unterschied zur NS-Bewegung, in der sich die Jugend von revanchistischen Kriegsverlierern gängeln ließ.

Und die "erschreckenden Zeitzeugnisse" dieser Jahre? Die groteske Polit-Phraserie eines Rudi Dutschke? Wohl kaum, sondern weit eher die Bilder dieser endzeitlichen Vietnam-Bombardements, gegen die es zu protestieren galt - und dass vom Straßenrand gegen die Demonstranten gerufen wurde: "Ihr gehört ins Arbeitslager!"

So war die Zeit. Mit vielen "letzten Zuckungen des Totalitarismus", vor allem auf Seiten derer, die sich von Springer & Co. wuschig machen ließen, denen die Ruhe und Ordnung auf dem Kurfürstendamm wichtiger war als brennende Vietnamesen. Und es gab noch reichlich Leute, die der Nazi-Zeit nachtrauerten. Als noch in den Schulbüchern stand, dass Ostpreußen und halb Polen eigentlich zu Deutschland gehöre. Das waren die "68er Jahre".

Mario schreibt: "Das wäre doch ein Thema wert..."

Was sind Deine Gedanken dazu?

Die Leute, die heute so viel gegen die "68er" labern, also auch gegen meinen damals Kriegsdienst verweigernden Bruder, reden um den heißen Brei herum, was sie möchten, wofür und wogegen sie damals gestritten hätten. Und wofür heute?
Tapferkeitsorden für das Attentat auf Rudi Dutschke? Sex nur mit kirchlichem Segen? Die Polen aus Polen verjagen? Rückkehr zur Prügelstrafe in der Kindeserziehung?

"NEIN", sagen sie, aber was bleibt dann von ihren "Thesen"?

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