24 April 2008

Wolfgang Clement darf in der SPD bleiben

Bochum (Deutschland), 24.04.2008 – Wolfgang Clement, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen in den Jahren 1998 bis 2002, dann Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (2002 – 2005) unter der zweiten rot-grünen Bundesregierung, darf trotz seiner kritischen Äußerungen über die Energiepolitik der SPD sowie gegen ihre Spitzenkandidatin im zurückliegenden hessischen Landtagswahlkampf, Andrea Ypsilanti, in der SPD bleiben. Diese Entscheidung wurde gestern von der Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Bochum getroffen.

Clement hatte in der heißen Phase des hessischen Landtagswahlkampfes die energiepolitischen Vorstellungen der SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti kritisiert. Wer in Hessen weder Atomkraftwerke noch neue große Kohlekraftwerke bauen wolle, so Clement in einem Beitrag für die „Welt am Sonntag“, setze die „industrielle Substanz Hessens“ aufs Spiel. Alle in Frage kommenden Alternativen (Erdgas, Atomstrom aus dem Ausland) erhöhten die Abhängigkeit von Stromimporten oder Energieträgern aus dem Ausland. Ein anderer Satz aus dem Zeitungsartikel war als indirekte Aufforderung interpretiert worden, bei der Landtagswahl nicht die SPD zu wählen: „Deshalb wäge und wähle genau, wer Verantwortung für das Land zu vergeben hat, wem er sie anvertrauen kann - und wem nicht“.

Die Parteibasis reagierte erbost auf diese Äußerungen. 14 SPD-Ortsvereine und Unterbezirke in Nordrhein-Westfalen stellten Anträge auf Ausschluss Clements aus der SPD. Die Schiedskommission des SPD-Unterbezirks Bochum verzichtete in ihrer gestrigen Entscheidung auf einen Parteiausschluss und beschränkte sich auf eine Rüge für Clement. Dem ehemaligen Bundesminister und Ministerpräsidenten des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen wurden seine Verdienste um die SPD positiv angerechnet. In der Begründung zu der Entscheidung heißt es, Clement habe sich eines Verstoßes „gegen die innerparteiliche Solidarität“ schuldig gemacht. Clement könne sich „in Wahlkampfzeiten“ nicht auf das Recht der freien Meinungsäußerung zurückziehen. Dieses Recht habe dann zurückzutreten.

Wolfgang Clement argumentiert genau anders herum. Nachdrücklich beharrt Clement auf seinem Grundrecht: „Ich habe das Recht auf freie Meinungsäußerung“. Aus der Perspektive als ehemaliger Ministerpräsident eines Bundeslandes und ehemaliger Bundesminister stellt er landes- und bundespolitische Verantwortung über die Parteilogik. Es sei schließlich um Energiepolitik gegangen. „Da war das Landesinteresse wichtiger als das Parteiinteresse.“

In einem Interview mit dem Konstanzer Südkurier bekräftigte Clement nun noch einmal seine Kritik an der Politik der hessischen SPD-Landesvorsitzenden Andrea Ypsilanti. „Die Energiepolitik, die sie gemeinsam mit ihrem Schattenminister Hermann Scheer angeboten hat, ist aus meiner Sicht unverantwortlich, irreal und nicht zu realisieren. Das habe ich vor der Wahl gesagt, weil ich der Überzeugung bin, dass man vor der Wahl sagen muss, worum es wirklich geht.“