Die Hamburger Elbphilharmonie sollte ursprünglich 186 Millionen Euro kosten, aber schon jetzt wird von einer halben Milliarde Euro gesprochen. "Hamburgs SPD fordert einen Untersuchungsausschuss", aber mutiger wäre: "Baustopp und Schluss mit Lustig" = Weitergabe des Falls an die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Veruntreuung privater und öffentlicher Gelder gegen die "Verantwortlichen" in Politik und Verwaltung, damit Verantwortung Schule macht und künftige Unterhaltskosten vermieden werden.
Es wird anders kommen: Irgendwann "Einweihung" oder "Eröffnungsgala", rote Teppiche für Strolche, für die es ohnehin genug Luxus gibt, während die Gelder für Kitas, Jugendzentren und Schulen fehlen.
15 März 2010
Das Schwarze Loch: Elbphilharmonie
Deutschland auf Platz 3 der Rüstungsexporteure
Das Friedensforschungsinstitut SIPRI teilte mit, dass Deutschland in den vergangenen fünf Jahren die Rüstungsexporte verdoppelte und inzwischen mit einem Weltmarktanteil von 11 Prozent hinter den USA und Russland auf den 3. Platz vorgerückt ist. Im Unterschied zu den im Bundestag jährlichen "Rüstungsexportbericht" umfasst der SIPRI-Report auch "Schenkungen" und Kompensationsgeschäfte. Der Bundestagsbericht ist demnach irreführend.
Zu den Hauptabnehmerstaaten deutscher Rüstungsproduzenten gehören ausgerechnet auch die auf dem finanziellen Crashkurs befindlichen Länder Türkei, Griechenland und Südafrika.
Griechenland habe wegen der hohen Staatsverschuldung zwar nur drei von vier georderten U-Booten erhalten, aber die diversen Bundesregierungen der vergangen Jahre bleiben uns plausible Erklärungen schuldig, warum an Griechenland überhaupt U-Boote verkauft wurden. Und sechs U-Boote als Lizenzdeal mit der Türkei, wie es ein Vertrag aus dem vergangenen Jahr vorsieht. So still der Deal, obwohl es um 2 Milliarden € ging.
Nebenbei: Auch Kriegs-U-Boote werden "getauft". Zwei Parteien führen das "C" im Namen. Vollkommen bedeutungsfrei.
Der "sicherheitspolitische Sprecher" der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, erklärte laut SPIEGEL, er könne "nichts Verwerfliches" daran finden, wenn deutsche Firmen zu einem immer größeren Teil Waffen an Nato-Partner lieferten" und: "der zweite Blick lohnt sich" - mit solch Sprüchen basteln Strolche an ihren "sicherheitspolitischen" Karrieren und Nebenverdiensten.
Telekom-Einstieg in Frauenquote
Die Dt. Telekom will bis Ende 2015 weltweit in den Führungsfunktionen einen 30-Prozent-Frauenanteil durchsetzen. - Ein beachtlicher, weil bislang beispielloser Schritt unter den DAX-Unternehmen, der hoffentlich nicht nur in der Ankündigung publizistische Aufmerksamkeit hat, sondern kritisch begleitet wird.
Laut Konzernangaben sind ein Drittel der 290.000 Telekom-Beschäftigten weiblich, während es in den Führungsfunktionen nur 10% sind. So wäre die 30%-Quote schon recht dicht dran, kann aber nur durch höher gesteckte Etappenziele erreicht werden. Es wäre also interessant, etwas über die Etappenziele zu erfahren.
11 März 2010
Unterstützung für Rösler
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler hat es nicht leicht. Gar niemand der bisherigen Gesundheitsminister/innen hatte es leicht, allenfalls machten es sich einige leichter als es ihre Pflicht gewesen wäre: die Wirtschaft nicht an den Kosten des Gesundheitswesens erkranken zu lassen. Und Rösler bekommt von nahezu allen Seiten Feuer, welche Interessengruppe auch immer ins Visier nimmt. Im Moment die Pharma-Industrie, der er mit Zwangsrabatten droht. Da freuen sich zwar die Krankenkassen, aber die Pharma-Industrie, die von Werbung abhängigen Medien und die Pharma-Gewerkschaften spielen verrückt, deren Vorsitzender Michael Vassiliadis mit dem Flachspruch kommt, Rösler mache es sich zu leicht, er gehe "fast ausschließlich die Pharmahersteller" an "als wenn es im großen Spektrum der Anbieter von Gesundheitsleistungen nur dort Probleme gäbe" (Zitat ARD-Tagesschau). - Weil es allerorten Probleme gibt, fassen wir keines an? Und welche andersortigen Probleme er meinen könnte, ist dann auch kein Hinweis von ihm, denn die Pharma-Industrie kann sich keine Feinde leisten. Der Zusammenhalt der Gesundheitsbranche zum Nachteil der Gesellschaft will gewahrt bleiben.
Es kommt eine Menge Kritik von Seiten der SPD, den GRÜNEN usw., als hätten sie nicht selbst Zeit gehabt, was sie jetzt fordern. Aber tatsächlich war es so, dass zu Zeiten der rot-grünen Koalition die Unionsparteien und FDP jeder durchgreifenden Reform aus machtpolitischem Kalkül dicke Knüppel zwischen die Beine steckten, wie es jetzt umgekehrt Herrn Rösler passiert.
Das Gegenteil wäre richtig, wäre demokratischer, also entschiedeneres Zusammenwirken aller Parteien, je stärker die lobbyistischen Widerstände sind. Das muss unser Wahrnehmungsmaßstab sein, dass sich Leute wie Rösler und Gabriel nicht durch bloß gegenseitige Nerverei profilieren dürfen, sondern das gesamtgesellschaftliche Interesse an einem bezahlbaren und effizienten Gesundheitswesen durchsetzen. Erkennbar würde das daran, dass es gegenseitige Unterstützung gibt. Und wenn die SPD glaubt, es besser machen zu können, dann darf sie deshalb nicht Rösler blockieren, sondern kann es in die Wahlprogramme für eigene Regierungszeiten nehmen und dann die Union daran erinnern, wie sich die SPD durch bessere Oppositionspolitik von bloßer Machtrangelei unterschieden hat, wenn es denn mal so geschähe.
Was es braucht - hier nur zwei Ansatzpunkte:
- unabhängigeren Sachverstand in der Beurteilung von Arzneimitteln. Das ist spärlich auf den Weg gebracht, wenn jetzt beim Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nur 65 neue Stellen im Bereich der Zulassung geschaffen werden und wenn das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) eine stärkere Position zukommen soll. Aber noch immer bleibt es den Pharma-Unternehmen gestattet, Ärzte, Krankenhäuser und Apotheker für günstigere "Studien" zu korrumpieren. Einiges davon kommt jetzt verstärkt an die Öffentlichkeit, aber die Dimension ist gigantisch und kaum denen bewusst, die fortlaufend damit zu tun haben. Und wer davon erzählt, gilt als "Verräter".
- unabhängigere Ärztefortbildung, die von den Universitäten geleistet werden müsste und ohne Sponsoring durch die Pharma-Industrie, während es im Moment so ist, dass die Ärztefortbildung nahezu ausschließlich von ausgerechnet den Pharma-Unternehmen veranstaltet wird, denen nicht die Fortbildung, sondern der Wettbewerbsvorteil im Vordergrund steht: "Verschreibst Du mich, beschenk ich Dich"
Eine Ursache für korruptes Verhalten
Da der Mensch Mensch ist und sich im Spiegel gefallen möchte, braucht es für jedes Verhalten einen möglichst guten Grund. Sich korrumpieren zu lassen, braucht ebenfalls einen guten Grund. Da kein Grund einfällt, der gut genug für die Kundgabe wäre, ist der gute Grund eine vermeintliche oder tatsächliche Benachteiligung, die es zu kompensieren gelte - und zwar heimlich bzw. in den dazu eingerichteten Parallelgesellschaften, in denen man sich gemeinsam bedauert und der Gutbegründetheit eigener Privilegien vergewissert.
Meine Erfahrung mit Armen und Reichen ist: Wer sich benachteiligt fühlt, ohne darüber öffentlichen Diskurs zu verlangen/zu ertragen, ist für Korruption empfänglicher als Leute, die mit dem, was sie redlich erlangen, zufriedener sind.
"Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker", wie er sich die Gesundheitsreform vorstellt, denn wenn sich die Gesellschaft dieses System nicht mehr leisten kann, dann spätestens wäre es ohnehin vorbei mit der Arzt-Apotheker-Gerätehersteller-Pharma-Kumpanei.
26 Februar 2010
Katholiken und sündiger Sex
Erzbischof Robert Zollitsch beruft sich auf "anerkannte Fachleute", dass das Zölibat nichts mit Pädophilie zu tun habe. Na, was sollen das für Fachleute sein? Und was steht in den Studien genauer?
Es mag schon so funktionieren, wie der Bischof Glauben machen möchte, wenn und solange die sexuelle Enthaltsamkeit noch freiwillig ist, aber wem sich das ändert, der sucht sich mitunter eher mal Auswege, die anderen Menschen zum Verhängnis werden. Und kindliches Vertrauen zu missbrauchen, Kinder einzuschüchtern, religiös geschürte Scham auszunutzen, machen es Tätern leicht. So dürften katholisches Pflichtzölibat und katholische Pflichthomophobie sehr wohl Faktor des Problems sein.
Der Augsburger Oberhirte Bischof Walter Mixa, Spezialist in christlicher Selbstgerechtigkeit und Experte für reaktionäre Provokationen, weiß um die Zusammenhänge genauer und schiebt die sexuellen Vergehen an Kindern auf die "Sexualisierung der Gesellschaft", die er den "68ern" anlastet. - Klar, dass sich Burschenschaftler Mixa mit solchen Anschauungen als Mitglied der Kommission für Frauenfragen empfiehlt. Dieser "Militärseelsorger" (war Jesus einer?) kennt sich halt in allem aus. Immer im Rückwärtsgang, ohne bei Jesus anzukommen.
Die Herde braucht Beruhigung (AKW-Deutsch: "Entsorgung"). Drum ernannte die Bischofskonferenz jetzt einen "Missbrauchsbeauftragten" - ein typisch tiefsinniger Titel, um den der Trierer Bischof Stephan Ackermann wahrlich nicht zu beneiden ist. Immerhin aber scheint seine Ernennung noch die beste Wahl in der Männerrunde.
Markus Rabanus >> Diskussion
25 Februar 2010
Zum Rücktritt von Margot Käßmann
Der Rücktritt von Margot Käßmann wird reichlich bedauert. Bedauerlicher aber ist, dass sie sich mit 1,54 Promille Blutalkohol ans Steuer setzte und ein Rücktritt in solchen Fällen die Ausnahme darstellt.
Besonders ärgerlich daran, dass die erste Frau, die es an die Spitze der deutschen Protestanten gebracht hatte, so leichtfertig ihre Chance verspielte, den in Religionskreisen noch immer nicht selbstverständlichen Gleichberechtigungsanspruch zu unterstreichen.
Markus Rabanus >> Diskussion
19 Februar 2010
€-Krise und Staatsanleihen
Die in Finanznöten befindlichen Staaten verleihen den in Finanznöte geratenen Banken billiges Geld, damit die Banken das billige Geld teurer an die in Finanznöten befindlichen Staaten verleihen. So ähnlich zog sich und den Gaul der Baron von Münchhausen aus dem Sumpf.
Markus Rabanus >> Diskussion
Hintergrund: Staatsverschuldung von Griechenland, Spanien, Italien, Irland, Portugal, Frankreich, ... und Deutschland.
17 Februar 2010
USA: Rückschlag für die Anti-AKW-Politik
Nicht überraschend, weil schon im Wahlkampf angekündigt, was es nicht weniger ärgerlich macht, dass die Obama-Regierung den Bau neuer Atomkraftwerke bewilligt.
16 Februar 2010
Schweizer Rechtsextremisten-Partei droht mit Eigentor
Dumm wie Stulle bzw. Stulle für Dumme mal wieder die SVP, die mit einer Gesetzesinitiative droht, die Schweizer Konten deutscher Politiker, Parteien und Organisationen offen zu legen, falls die Daten-CD gekauft werde. Wenn die SVP damit durchkommt, wäre es nicht bloß mit der Steuerhinterziehung via Schweiz, sondern komplett mit dem Schweizer Bankgeheimnis vorbei. Die Idee scheint nicht ganz ausgereift, jedenfalls nicht seitens der Schweizer Banken beraten. Aber genial für deutsche Finanzämter.
markus rabanus >> Diskussion
15 Februar 2010
Steuersünder-Goldmedaille für Bayern?
Die Financial Times Deutschland fragte nach und bekam sogar Antwort. Danach ergibt sich folgender Zwischenstand:
Innerhalb einer Woche stieg allein in Bayern die Zahl der Selbstanzeigen von 20 auf 291 Fälle.
Niedersachsen ist mit 174 Selbstanzeigen gut dabei.
In Hessen meldeten sich 113 Steuersünder.
Das hoch verschuldete Berlin darf sich über 112 Selbstanzeigen freuen.
Hamburg verbesserte sich innerhalb von 3 Tagen von 3 auf 88 Fälle.
Schleswig-Holstein wirkt mit bislang 36 Fällen noch zögerlich.
NRW und BW will in dieser Woche Zahlen nennen.
Unterdessen ist gar nicht mal sicher, dass die Daten-CD überhaupt gekauft werden, denn es könnten sich zu viele Politiker darauf finden.
Wie schaut es strafrechtlich aus: Mit Zustellung des durch Einnahmen-Verschweigen zu niedrigen Steuerbescheids verjährt Steuerhinterziehung in der sehr kurzen Frist von nur fünf Jahren. - Das würde sich ändern lassen und lohnen.
14 Februar 2010
Dresden: 15.000 gegen Krieg und Neofaschismus
Etwa 15.000 Menschen (lt. welt.de und MDR) demonstrierten am gestrigen Samstag gegen neonazistische Umtriebe und bildeten eine mehrreihige Menschenkette um die Altstadt, so dass den ca. 5.000 Rechtsextremisten bloß der Bahnhofsbereich für ihre Kundgebung mit den für sie typischen Hasstiraden gegen die Siegermächte des 2. Weltkriegs blieb.
Solche Szenen sind nicht neu. Schon wenige Jahre nach der Niederschlagung des NS-Regimes wurden Rechtsextremisten wieder munter und versuchen seither, die Kriegsopfer-Gedenktage für ihren Revanchismus zu instrumentalisieren, als hätten ihre Idole nicht den "Totalen Krieg" beschworen und uns Deutschen Rosinen verdient.
markus rabanus >>Diskussion
13 Februar 2010
Machte die CSU mit Panzern Kasse?
Schreiber will einerseits nicht das Bauernopfer sein, aber belässt es bei Andeutungen, weil er weiß, dass er mit drin in der Lawine wäre, die er lostreten könnte. Jedenfalls habe er die Millionen z.B. aus dem Fuchs-Spürpanzer-Deal nicht behalten, sondern CSU-Strolchen zukommen lassen. Ein Wohltäter?
Der ehemalige CSU-Generalsekretär Thomas Goppel erklärt dazu: "Auf dem Wege, wie Schreiber das behauptet, gab es Spenden nicht." - Sondern?
Und Seehofer ließ die Presse wissen, dass die CSU-Landesleitung von solchen Dingen keine Kenntnis habe. - Jede andere Antwort würde erstaunen, und darum wäre dafür die Staatsanwaltschaft zuständig.
"Bestechung verjährt" - so ist das, aber dann sollte man das ändern und die Verjährungsfristen auf 30 Jahre verlängern. Wer nicht darauf besteht, duldet Regierungskriminalität. Dann sitzen welche in Villen, die in den Knast gehören. Mit christsozialem Parteibuch, weil es ihnen keiner wegnimmt.
Markus Rabanus >> Diskussion
Köln: Weiterer Baupfusch trotz Einsturz
Vor einem Jahr klappte das Kölner Stadtarchiv zusammen. Zwei Tote und der U-Bahnbau im Verdacht. Aber das rüttelt in der Domstadt niemanden wach, denn Bauarbeiter klauten offenbar tonnenweise Metallbügel, die für den Tunnelbau wichtig sind, und verhökerten es an Schrotthändler. Der Eisenschrott bringt keine 200 € pro Tonne, der Schaden geht in die Millionen. Auch am Beton sei gespart worden. Jetzt werde ermittelt. - Mal schauen, ob auch die Chefs der Baufirmen, ob Architekten und die Bauaufsicht bestraft werden, denn es macht keinen Sinn, sie aus ihren Pflichten zu entlassen. Stattdessen: Diesen Leuten wird nichts geschehen, denn der U-Bahnbau soll weitergehen. Ohne die kleinen Diebe, aber mit denen, die für ihre angeblich "höhere Verantwortung" so hoch bezahlt werden, dass sie gar nicht auf die Idee kommen würden, Metallbügel zu klauen.
Die Rohstoffpreise sind ziemlich gestiegen, während gleichzeitig viele Leute schlechter verdienen. Darum wird von Bausstellen inzwischen unglaublich viel gestohlen, insbesondere Kupferrohr und Elektrokabel. Die Gesetz- und Verordnungsgeber hätten ordnungspolitisch allen Grund, längst den Schrotthandel zu mehr Dokumentation zu verpflichten, aber finanzpolitisch ist es für unseren Umsatzsteuer-Staat möglicherweise interessanter, wenn das Material geklaut, eingeschmolzen, neu geformt und mehrfach über den Ladentisch geht.
markus rabanus >> Diskussion
09 Februar 2010
Linkspartei fordert Parteispenden-Reform
Deutscher Bundestag Drucksache 17/651 17. Wahlperiode 09. 02. 2010
Antrag
der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Jan Korte, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar
Bartsch, Steffen Bockhahn, Roland Claus, Dr. Dagmar Enkelmann, Ulla Jelpke,
Michael Leutert, Petra Pau, Raju Sharma, Kersten Steinke, Frank Tempel
und der Fraktion DIE LINKE.
Parteispenden von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden verbieten
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, umgehend einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem das Parteiengesetz (PartG) derart verändert wird, dass politische Parteien Spenden von juristischen Personen wie Unternehmen, Wirtschaftsverbänden und Vereinen nicht entgegennehmen und das Spenden von natürlichen Personen den Betrag von 25 000 Euro im Jahr nicht übersteigen dürfen.
Berlin, den 9. Februar 2010
Dr. Gregor Gysi und Fraktion
Begründung
Das Parteiengesetz regelt in § 25 die Berechtigung von Parteien, Spenden entgegenzunehmen. § 25 Absatz 2 PartG regelt Ausschlusstatbestände für die Entgegennahme von Spenden durch Parteien. Der Regelungsbereich von § 25 PartG ist zu eng, da durch ihn nicht ausgeschlossen wird, dass juristische Personen wie Unternehmen, Wirtschaftsverbände und Vereine Spenden an politische Parteien leisten dürfen.
Gemäß § 25 Absatz 2 Nummer 7 PartG sind „Spenden, die der Partei erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden“ unzulässig. Diese „schwammige“ Regelung kommt aber nie zur Anwendung, weil sie nicht greifbar ist.
Insbesondere Spenden von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden an Parteien erwecken den Anschein der Käuflichkeit von Politik. Kein Unternehmen gibt eine Spende, ohne nicht auch eine entsprechende Gegenleistung zu erwarten.
Nicht zuletzt die Spende eines Miteigentümers einer Hotelkette an die FDP hat diesen Eindruck noch einmal verstärkt.
Durch das Verbot der Entgegennahme von Spenden von juristischen Personen besteht die Möglichkeit, dass nicht diese sondern nunmehr die Bürgerinnen und Bürger wieder mehr Einfluss auf die Entscheidungen der Parteien gewinnen und das Prinzip der gleichen Teilhabe am politischen Willensbildungsprozess
gewährleistet wird. Um sicherzustellen, dass Personen mit großem Privatvermögen nicht übermäßigen Einfluss auf politische Entscheidungen gewinnen ist ein Höchstbetrag an Spenden von natürlichen Personen festzulegen.
Barack Obama ist zuzustimmen, wenn er nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in den USA zu Parteispenden von einem „direkten Angriff“ auf die Demokratie spricht und meint, dass mit der Entscheidung in den USA „die Schleusen für unbegrenzte Mengen an Lobbyisten-Gelder“ in das politische System geöffnet werden. Eine solche Schleuse muss in Deutschland geschlossen werden. Ohne eine Beseitigung dieser Gesetzeslücke läuft das politische System Gefahr, durch Spenden von Lobbyisten die Volksvertreterinnen und Volksvertreter dazu zu bringen, genau im Interesse der Spender zu handeln.
Politik muss wirtschaftlich unabhängig von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden sein. Die Parteienfinanzierung sollte sich daher vorwiegend am Erfolgswert der Parteien orientieren, d. h. an den Wählerinnen- und Wählerstimmen und der Anzahl der Mitglieder.
>> BT-Drucksache
>> Parteienfinanzierung
07 Februar 2010
Zum Kauf "gestohlener" Steuersünder-Dateien
Anonyme Leute bieten Deutschland Listen mit mutmaßlichen Steuersündern an, verlangen dafür Millionenbeträge. Bund und Länder wollen bezahlen und erhoffen sich von dem Deal ein Vielfaches an hinterzogenen Steuern. Hinzu kämen Strafgelder.
Das ist kein Novum, dennoch waren die bisherigen Fälle dem Gesetzgeber keine Veranlassung, solche Dinge in einer Weise zu ergründen und zu normieren, dass die Diskussion erneut rechtliche Unsicherheiten aufzeigt, erneut staatliches Handeln als nicht ausreichend legitimiert erscheinen lässt. Das ist umso ärgerlicher, als jede Bundesregierung tönte und tönt, wie wichtig es sei, die Steuerflucht in Steueroasen effektiv zu unterbinden. Man erinnere sich beispielsweise an die vollmundigen Kampfansagen des vormaligen Bundesfinanzministers Peer Steinbrück.
Unsere Legislative verabsäumt die Rechtsstaatlichkeit, denn zum Rechtsstaatsprinzip nicht nur, dass staatliches Handeln Ermächtigungsnormen bedarf, sondern unbedingt auch, dass wenn erforderliche Normen fehlen, dann umgehend entwickelt werden, damit es nicht erneut daran fehlt. Dann fehlt es z.B. auch am etwaigen "übergesetzlichen Notstand", denn auf den darf sich nur berufen, wer zuvor hinreichend Gesetzesinitiative nachwies, im völkerrechtlichen Rahmen eine ausreichende Völkergemeinschaft hinter sich wissen darf usw., bloß bilateral scheiterte.
Aus diesen prinzipiellen Gründen bleiben gewichtige Bedenken gegen das Geschäft mit den Daten-Dealern, so sehr erfreulich es wäre, den Assi-Reichen auf die Schliche zu kommen, die in diesem Land Wertschöpfung treiben, aber der Sozialpflichtigkeit entziehen.
Prinzipielles muss sein, aber soll den Blick nicht von konkreten Vorbringen abhalten: Die Schweiz wirft der Bundesrepublik Deutschland Hehlerei vor, denn die Daten seien gestohlen.
"Diebstahl" setzt u.a. die widerrechtliche Aneignung fremden Eigentum voraus. Wem gehören die Daten? Die Schweizer Banken beanspruchen an den Kundendaten Eigentumsrechte, die Bundesrepublik Deutschland jedoch ebenfalls, denn immerhin soll es ausschließlich um deutsche Staatsbürger gehen, schon die Geldverbringung über Landesgrenzen hinweg kann strafbar sein - und vor allem: Das Bankgeheimnis darf nicht der Ermöglichung bzw. Verdeckung von Straftaten dienen. Wenigstens darin sind sich propagandistisch beide Staaten einig, müssten folglich zusammenwirken, eben auch hinsichtlich der Berechtigungen an Daten deutscher Kunden von Schweizer Banken.
Die Schweiz hätte somit vieles zu tun, um Deutschland im Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung zu unterstützen, verabsäumte es aber, wenn der Datendeal tatsächliche Steuerhinterzieher outet, was bereits mittelbar mit ersten Selbstanzeigen geschehen sein könnte. Allerdings sind es bislang nur Gerüchte und bleiben es möglicherweise, denn die Selbstanzeige kann zur Straflosigkeit führen - und den vermeintlich reuigen Sündern wird mitunter Diskretion gegönnt.
Was müsste die Schweiz konkret tun? Die Schweizer Banken müssten verpflichtet und kontrolliert werden, ob sie die deutschen Kunden in Datensammlungen erfassen, die eben auch deutschen Ermittlern gleichermaßen prüfbar sind, wie es mit Konten bei Banken in Deutschland der Fall ist.
markus rabanus >> Diskussion
31 Januar 2010
Bosch kündigt Bank wg. "Boni-Zahlungen"
Der Elektrogeräteproduzent Bosch (271.000 Mitarbeiter, 38 Mrd. € Umsatz in 2009) kündigte einer Bank, die trotz staatlicher Bankenrettung weiterhin "Boni" für Spekulationsgeschäfte zahlt. Bosch-Chef Franz Fehrenbach wies darauf hin, dass die Realwirtschaft solcher Fehlentwicklung nicht nochmals zusehen darf.
Erläuterung: Wenn das Banken-Management sich und den Mitarbeitern "Boni" für bloße Spekulationen auf steigende und fallende Börsennotierungen zahlt, dann sind solche Banken dem Wesen nach bloße Spielbanken und dürften keinesfalls "systemisch" sein.
Die staatliche Bankenrettung war nur gerechtfertigt, um den Banken eine zweite Chance zu geben, ihrer zentralen Funktion für die Gesamtwirtschaft zu entsprechen >> 1. den Zahlungsverkehr zu gewährleisten, 2. Spareinlagen sicher zu verwahren und diese 3. in realwirtschaftlichen Krediten anzulegen.
Während sich Obama und Sarkozy öffentlich Gedanken machen, wie Banken von ihrem Spielbank-Trip gesetzlich abzubringen sind, scheint Bundeskanzlerin Merkel es mit bloßen Moralpredigten belassen zu wollen. Ihre Untätigkeit ist nach den teuren Rettungspaketen einer Steuermittelveruntreuung vergleichbar und unterminiert obendrein die internationalen Bestrebungen zum erforderlichen Wandel.
Die Auslagerung fauler Kredite in "Bad-Banken" ist jedenfalls keine Lösung, sondern entlastet nur nochmals die Spielbanken.
28 Januar 2010
Frankreich testet U-Boot gestützte Atomraketen-M51
Die M51 ist eine Langstrecken-Atomrakete mit einer Reichweite von 8000 Kilometern und sechs Atomsprengköpfen. Es war bereits der vierte Testflug seit November 2006 und der erste von einem U-Boot. Das U-Boot gehört zur vier Schiffe umfassenden "Triomphant-Klasse" und heißt "Le Terrible" ("Der Schreckliche"), passend zum Anliegen der Protzerei mit Destruktivkräften. Jedes dieser U-Boote kann 16 Atomraketen mitführen. Jeweils mit sechs Atomsprengköpfen. Das wären dann allein auf diesem U-Boot-Typ 384 französische Atomsprengköpfe.
Das M51-Projekt wird den französischen Steuerzahler mindestens 9 Mrd. Euro kosten, wenn bei Stückkosten von 150 Mio. Euro 60 Raketen geplant sind. Werden die allein diese vier U-Boote in den Weltmeeren verteilt, kann Frankreich allein mit diesem Waffensystem 3.600 Metropolen gleichzeitig platt machen. - So jedenfalls hätte man im Kalten Krieg den Sowjets vorgerechnet. Heute müsste mehr Offenheit sein. Und Klärung, gegen wen man sich da solche Rüstung gestattet.
Deutschland mit im Atomwaffen-Geschäft?
Da EADS involviert ist, das Ariane-Programm einen Teil der technischen Basis für die Atomrakete M51 verschafft, sind vermutlich auch deutsche Werke beteiligt. Das könnte ein weiterer Verstoß beider Länder gegen den Atomwaffensperrvertrag sein.
Markus Rabanus >> Diskussion
27 Januar 2010
25 Januar 2010
TNT N.V. und was Lohndumping ist
Der gestrige Anne-Will-Talk brachte es nicht auf den Punkt, als "Unternehmensberater" Florian Gerster die Niedriglöhne des Postzustellers "TNT N.V." mit den hohen Verlusten dieser Firma durch den Wettbewerb mit dem Monopolisten POST AG rechtfertigte.
Denn auf den Punkt gebracht war sein Vortrag das Eingeständnis von Dumpingpreisen, also Postzustell-Preisen, die zur Kostendeckung nicht hinreichen, zu Preisen, die obendrein noch durch staatliche Lohnzuzahlungen subventioniert werden. Und nicht nur das, denn für Dumpinglöhne wie für Niedriglöhne gilt, dass die Gesellschaft für Altersarmut aufkommen muss. Firmen wie TNT N.V. besorgen uns folglich die Staatsverschuldung nicht nur heute, sondern auch in Jahrzehnten, in denen solche Leute wie Gerster längst wieder anderen "Geschäftsideen" das Wort labern.
Rechtsverstöße - und als solche sollten Dumpinglöhne gelten - können auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass die POST AG noch immer wettbewerbsprivilegiert ist. Dann muss die TNT N.V. eben bis zum 1.7.2010 auf die Marktteilnahme verzichten. Ab diesem Zeitpunkt soll die Umsatzsteuer auch für private Postzustelldienste entfallen, was - nebenbei bemerkt - absurd und falsch ist, denn Umsatzsteuer-Privilegien schafft man nicht ab, indem der Kreis der Privilegierten erweitert wird, sondern dadurch, dass entweder die Umsatzsteuer für jedes gewerbliche Handeln anfällt oder gänzlich abgeschafft und durch eine effektivere Einkommensbesteuerung gegenfinanziert wird, aber das ist ein anderes Thema.
Wenn behauptet wurde, dass die Dumping- und Niedriglöhne wie jeder Lohn von der Rentabilität abhängig seien, so stimmt das nicht, denn diese Relation ist durch die staatlichen Zuzahlungen längst aufgehoben.
Bei Wikipedia findet sich im Moment zum Begriff "Lohndumping" noch kein eigener Eintrag, sondern leitet weiter zum Begriff "Niedriglohn". Das ist schade, denn der Unterschied ist signifikant und es sollte genügend Gewerkschaftler, Betriebswirtschaftler und Arbeitsrechtler geben, die dazu aufklären könnten. Auch Arbeitgeber sollten Aufklärungsinteresse zeigen, wenn sie sich nicht auf die Ausbeuterspirale einlassen mögen, in der jedes Betriebsklima zur Hölle wird >> Da der Lohn (ökonomisch betrachtet) ein Preis ist, also durch Angebot, Nachfrage und Verhaltensnormen reguliert, ist der Begriff Lohndumping wie der Begriff Dumpingpreis zu definieren, allgemeinverständlich formuliert, dass jemand etwas zu einem Preis anbietet, wofür er mehr aufwendet hat, um anderen Wettbewerbern die Rentabilitätsbasis zu zerstören, indem Finanzstarke genau in solche Zerstörung investieren.
Im Wege bloßer Selbstausbeutung mag Dumping rechtens sein (z.B. der selbst arbeitende Dönerbuden-Besitzer mit einem Tagesumsatz von 40 Euro), nicht aber, sobald es mit Arbeitnehmern gemacht wird, schon gar nicht, wenn die Löhne staatlich "ergänzt" werden müssen. - Diesen Systemfehler gilt es zu beheben.
Zu Westerwelles "Taliban-Aussteigerprogramm"
Westerwelle brachte ein Aussteigerprogramm für Talibankämpfer ins Gespräch. Bloßen Mitläufern sollen wirtschaftliche Anreize geboten werden, um ... was eigentlich? Um vom Kampf abzulassen oder um in diesem Konflikt die Seite zu wechseln, um besser gestellt zu werden als andere Afhanis, die zuvor nicht für die Taliban kämpften? Taliban-Mitläufer als ökonomisches Sprungbrett? Das ist es ohnehin - und nun in die andere Richtung? Das halte ich für einen aussichtslosen Wettbewerb, denn je prekärer die Verhältnisse in einem Land sind, desto leichter "verdient" sich die Existenzgrundlage mit der Kalaschnikow als mit der Maurerkelle.
Zurecht befürchten Kritiker eines solchen Programms, dass es die korrupten Strukturen stärken werde. Korruptes taugt nicht zur Zivilisierung von Konflikten, auch wenn sich das Westerwelle davon erhofft, weil er als Parteipolitiker möglicherweise selbst ein gestörtes Verhältnis zu Anreizsystemen hat.
In Betracht käme allerdings ein Aussteigerprogramm, das ausnahmslos jeden Kämpfer amnestiert, der sich zur Waffenniederlegung entschließt, aber die Entscheidungskompetenz muss bei den Afghanis liegen, ob eine solche Generalamnestie oder eine individuelle Amnestie zum Zuge kommt. Das kann von den Interventionsmächten allenfalls angeregt werden, allenfalls eine Bedingung für weiteren Truppenverbleib sein. Vorbildhaft könnten die "Wahrheitskommissionen" sein, die es in Südafrika nach dem Zusammenbruch des Apartheidsystems gab, wenngleich kein Gnadenszenario ohne faden Beigeschmack sein kann.
Ein Aussteigerprogramm darf jedenfalls nicht dazu führen, dass die Friedlichen im Umgang mit den Unfriedlichen übergangen oder sogar benachteiligt werden.
"Überläufer ködern" - das ist wenig originell, Herr Westerwelle, denn gerade in den widerlichsten Kriegen typischer Teil des Programms. Es schadet der eigenen Glaubwürdigkeit, sowohl ins Lager der mutmaßlichen Feinde als auch ins Lager der mutmaßlichen Freunde. Wer Frieden bewirken will, muss die Verfeindeten zu Gemeinschaftsaufgaben bringen.
markus rabanus >> Diskussion
Internet-Journal
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