04 Juli 2008

Kleiner Fortschritt gegen "Steueroase" Jersey

Pressemitteilung des BMF: Für einen fairen Steuerwettbewerb: Abkommen über Auskunftsaustausch für Steuerzwecke mit Jersey unterzeichnet

Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen, Nicolette Kressl, der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Heinrich Tiemann und der Chief Minister von Jersey, Senator Frank Walker, haben heute in Berlin Abkommen über den Auskunftsaustausch in Steuersachen sowie über die Zusammenarbeit in Steuersachen und die Vermeidung der Doppelbesteuerung [Glossar] bei bestimmten Einkünften unterzeichnet.

Hierzu erklärt das Bundesministerium der Finanzen:

Es handelt sich hier um einen wichtigen Schritt bei den weltweiten Bemühungen um ein internationales Finanzsystem, das nicht durch mangelnde Transparenz und fehlenden wirksamen Auskunftsaustausch in Steuersachen verzerrt wird.

Das Abkommen über den Auskunftsaustausch in Steuersachen berechtigt jede Partei, die andere Partei um Auskünfte in Steuersachen zu ersuchen. Es bestätigt die Verpflichtung beider Parteien zu einem offenen und fairen Steuerwettbewerb und insbesondere zur Umsetzung der Standards für Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Rahmen ihres Programms zur Eindämmung des schädlichen Steuerwettbewerbs entwickelt hat.

Das Abkommen reiht sich ein in die vielfältigen Aktivitäten des Bundesministeriums der Finanzen, in Zeiten der Globalisierung [Glossar] die gegenseitige Amtshilfe immer weiter auszubauen.

Das Abkommen über die Zusammenarbeitin Steuersachen und die Vermeidung der Doppelbesteuerung erstreckt sich auf bestimmte Einkünfte natürlicher Personen sowie auf Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen.

Missglückte Vaterlandsliebe eines NPD-Abgeordneten

(wwj) Gegen den sächsischen Landtagsabgeordneten Jürgen G. (NPD) wird wegen Verunglimpung des Staates und seiner Symbole ermittelt. Der 33-Jährige hatte im Internet die Justiz der Bundesrepublik als "Hure antideutscher Politik" bezeichnet. Zudem habe er eine als "Schülerzeitung" getarnte Propagandabroschüre verteilt, in der die Siegermächte des 2.Weltkrieges als Kriegstreiber und Hitler als "Friedensfreund" beworben werde. Diskussionen

03 Juli 2008

EZB: Leitzinsanhebung auf 4,25 %

Auf der heutigen Sitzung fasste der EZB-Rat die folgenden geldpolitischen Beschlüsse:

  1. Der Mindestbietungssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte des Eurosystems wird um 25 Basispunkte auf 4,25 % erhöht. Dies gilt erstmals für das am 9. Juli 2008 abzuwickelnde Geschäft.
  2. Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität wird mit Wirkung vom 9. Juli 2008 um 25 Basispunkte auf 5,25 % erhöht.
  3. Der Zinssatz für die Einlagefazilität wird mit Wirkung vom 9. Juli 2008 um 25 Basispunkte auf 3,25 % erhöht.

Der Präsident der EZB wird die Überlegungen, die diesen Beschlüssen zugrunde liegen, heute um 14.30 Uhr (MESZ) auf einer Pressekonferenz erläutern.

Wikinews: Íngrid Betancourt ist frei

Bogotá (Kolumbien), 03.07.2008 – In einer spektakulären und unblutigen Aktion ist es dem kolumbianischen Militär in der Provinz Guaviare im Süden des Landes gelungen, die seit sechs Jahren von Rebellen der FARC in Kolumbien gefangen gehaltene ehemalige Präsidentschaftskandidatin kolumbianisch-französischer Herkunft, Íngrid Betancourt, zu befreien. Mit ihr wurden noch 14 weitere Geiseln befreit, darunter drei US-Bürger sowie elf Kolumbianer. Wie der kolumbianische Verteidigungsminister Juan Manuel Santos auf einer Pressekonferenz mitteilte, war es der Armee gelungen, verdeckt arbeitende Agenten in die Führungszirkel der FARC einzuschleusen. Diese hatten die verantwortlichen Rebellen durch einen gefälschten Befehl des FARC-Führers Alfonso Cano veranlasst, die getrennt untergebrachten Geiseln zusammenzuführen. Demzufolge sollten die FARC-Geiseln in den Süden des Landes gebracht werden. Zu diesem Transport sollte ein angemieteter Hubschrauber verwendet werden. In den zwei bereitgestellten Hubschraubern saßen jedoch als FARC-Rebellen getarnte Armeeangehörige, die sich während des Fluges als solche zu erkennen gaben und die zwei Bewacher der Geiseln entwaffneten. Santos sagte: „Es war eine beispiellose Aktion. Sie wird für ihre Kühnheit und Effektivität in die Geschichte eingehen.“ Wie Betancourt später sagte, hätten auch die Geiseln nicht gewusst, dass die Hubschrauberbesatzung aus Angehörigen der kolumbianischen Armee bestand. Überwältigt von der Nachricht, dass sie frei waren, sprangen die Geiseln in die Luft, was den Hubschrauber etwas ins Schlingern brachte. Betancourt: „Wir haben geschrien, geweint und uns umarmt. Wir konnten es nicht glauben.“

Betancourt erklärte nach ihrer Freilassung, sie wolle nach Frankreich fliegen um dem französischen Volk für seine Unterstützung zu danken.

Nach Angaben der kolumbianischen Regierung hält die linksgerichtete FARC noch 700 Geiseln gefangen. Der kolumbianische Präsident Alvaro Uribe appellierte an die FARC den „Weg des Friedens“ einzuschlagen. Die Regierung wolle kein Blutvergießen. Die FARC-Rebellen leben in den Weiten des kolumbianischen Dschungels. Sie finanzieren sich außer durch Entführungen durch den Handel mit Kokain. In den letzten Jahren ist die ehemals größte Rebellengruppe Südamerikas durch die Angriffe des Militärs immer stärker in die Defensive gedrängt worden. Im Mai des Jahres starb der langjährige Anführer der Guerillaorganisation Manuel Marulanda.

Offenbar spielten auch die Vereinigten Staaten eine besondere Rolle bei der Befreiungsaktion. Das teilte Gordon Johndroe, ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates in Washington mit. Worin die Rolle der Vereinigen Staaten genau bestand, wurde nicht mitgeteilt. Möglicherweise gelang es mit Hilfe modernster Aufklärungstechnik aus den Vereinigten Staaten die Position der FARC-Rebellen durch das Laub des Regenwaldes hindurch genauer zu bestimmen als bisher angenommen, schreibt „Spiegel online“. Ein besonderer Glücksfall kam dem kolumbianischen Militär außerdem zu Hilfe. Der erbeutete Laptop eines getöteten FARC-Kommandanten enthielt wertvolle Informationen über die Kommunikationswege, Einzelheiten zur Kommandostruktur, den Strategien und internationalen Kontakten der FARC, die sich das kolumbianische Militär zunutze machen konnte. Dadurch war es in den vergangenen Wochen gelungen, mehrere hochrangige FARC-Führer zu lokalisieren und auszuschalten. Offenbar war die FARC durch das erfolgreiche Vorgehen des kolumbianischen Militärs derart desorganisiert, dass die interne Kommunikation nicht mehr funktionierte. Das machten sich die eingeschleusten Agenten zunutze und führten durch die gefälschten Befehle die Rebellen gezielt in die Irre.

Die Befreiung Betancourts wurde weltweit mit Erleichterung aufgenommen. Sie gelangte 2002 in die Hände der Rebellen, als sie während des Präsidentschaftswahlkampfes im Februar 2002 in ein soeben von der kolumbianischen Regierung von den FARC zurück erobertes Gebiet reiste. Bei den US-Geiseln, die zusammen mit Betancourt befreit wurden, handelte es sich um Mitarbeiter des US-Rüstungskonzerns Northrop Grumman, die im Jahr 2003 mit einem Leichtflugzeug über dem kolumbianischen Dschungel abgestürzt waren. Die drei US-Geiseln sind inzwischen an Bord einer US-Militärmaschine in Texas gelandet.

Rede BM Steinmeier beim Treffen des bilateralen Lenkungsausschusses des Petersburger Dialogs

Rede BM Steinmeier beim Treffen des bilateralen Lenkungsausschusses des Petersburger Dialogs, 3. Juni 2008
"Globale Herausforderungen gemeinsam gestalten - Perspektiven der deutsch-russischen Modernisierungspartnerschaft"

- Es gilt das gesprochene Wort! -

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrter Michail Gorbatschow,

sehr geehrter Lothar de Maizière,

sehr geehrte Damen und Herren,

in seiner Berliner Rede hat der neue russische Präsident Medwedjew vor wenigen Wochen in Anlehnung an John Le Carré einen bemerkenswerten Satz geprägt. Russland, so sagte er, sei „aus der Kälte zurückgekehrt“. Sein Land sei bereit, die globale Politik und Wirtschaft konstruktiv mitzugestalten.

Vor wenigen Tagen, beim Gipfel von Russland und der Europäischen Union, hat Dimitrij Medwedjew diese Ankündigung konkret unterlegt. Meine Zuversicht steigt, dass die Zeit für eine substanzielle Ausgestaltung und Vertiefung des europäisch-russischen, aber besonders auch des deutsch-russischen Verhältnisses, endlich heranreift. Das ist eine große Chance. Wir dürfen sie unter keinen Umständen verspielen.

Und deshalb ist es gut und wichtig, dass wir hier gemeinsam diskutieren, wie Russen und Deutsche diese Chance rasch und entschlossen nutzen können. Ich freue mich auch sehr, dass unsere heutige Begegnung in Passau stattfindet. Das gibt Gelegenheit, dem neuen Oberbürgermeister dieser Stadt zu gratulieren. Lieber Jürgen Depper, ganz herzlichen Glückwunsch und viel Erfolg beim Wirken für die Menschen in dieser Stadt, den Menschen, bei denen ich mich bedanken will für den wunderschönen Rahmen, den Passau dieser Tagung setzt.

Es gehört zu den Markenzeichen des Petersburger Dialogs, dass seine Veranstaltungen außerhalb der Hauptstädte stattfinden - fernab von Regierungssitzen und Regierungen. Denn dafür steht der Petersburger Dialog: für den Dialog zwischen unseren Zivilgesellschaften, für einen Brückenschlag zwischen den Menschen, für das offene, vertrauensvolle und auch kritische Gespräch zwischen Deutschen und Russen weit über die politischen Gesprächskanäle hinaus. In dieser Eigenschaft ist der Petersburger Dialog längst nicht mehr aus den deutsch-russischen Beziehungen wegzudenken. Er bereitet sozusagen den Humus, aus dem immer wieder und hoffentlich bald noch stärkere neue Pflanzen der deutsch-russischen Zusammenarbeit sprießen.

Regierungen allein können auf Dauer keine lebendigen Beziehungen zwischen Ländern und Staaten erhalten. Erst der Austausch und die Verflechtung der Zivilgesellschaften macht Beziehungen wirklich eng und fruchtbar. Es sind die Musiker, die Maler und Schriftsteller, die sich wechselseitig anregen; die Unternehmer, die zum gegenseitigen Vorteil zusammenarbeiten; die Wissenschaftler, die voneinander lernen und gemeinsam unbekanntes Gebiet erforschen; die Journalisten, die neugierig und offen die Gesellschaft des jeweils anderen Landes entdecken und beschreiben.

Deshalb bin ich im Mai bei meiner letzten Russland-Reise bewusst auch in die Regionen gefahren. In Jekaterinburg am Ural, einer Industriestadt mit 1,5 Millionen Einwohnern, wo inzwischen viele deutsche Unternehmen und Wissenschaftler aktiv sind, habe ich gesagt: Wir haben gelernt, dass Russland nicht am Autobahnring von Moskau endet. Dort wie in Sankt Petersburg habe ich mich bemüht, die Kontakte zwischen Menschenrechtlern, kirchlichen und anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen beider Länder zu fördern – ganz im Sinne des Petersburger Dialogs, der dies seit seiner Gründung vor sieben Jahren vormacht.

In diesen sieben Jahren ist im deutsch-russischen Verhältnis in vielen Bereichen etwas gewachsen, das generell und für die Außenpolitik besonders das wichtigste Kapital ist: gegenseitiges Verständnis und Vertrauen. Das verdanken wir nicht zuletzt der Arbeit des bilateralen Lenkungsausschusses, dem unermüdlichen Einsatz von Menschen wie Lothar de Maizière, Manfred Stolpe und Michail Gorbatschow. Ich möchte aber nicht nur Ihnen, sondern allen engagierten Partnern im Lenkungsausschuss an dieser Stelle meinen herzlichen Dank aussprechen!

Wir alle wissen: Verständnis und Vertrauen wachsen nur langsam. Dafür notwendig sind Zeit, Geduld und beständige Pflege. Zwanzig Jahre sind seit dem Fall der Mauer mittlerweile vergangen, seit dem Ende der Blockkonfrontation zwischen Ost und West. Manche Mauern – ich meine die Mauern in den Köpfen – sind aber nicht so schnell gefallen. Hier und da haben sie noch immer Bestand. Die Denkmuster des Kalten Krieges und seine ideologischen Klischees verfolgen uns als lange Schatten der Vergangenheit.

Und darum werbe ich dafür, dass wir miteinander begreifen: Wir sind in ein neues Zeitalter nach dem Kalten Krieg eingetreten, ein Zeitalter der wachsenden gegenseitigen Abhängigkeit. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit werden wir die wichtigen Probleme nur noch gemeinsam lösen können – vom Klimaschutz bis zur Energiesicherheit. Darum setze ich auf eine Politik für mehr gegenseitiges Verständnis, für Zusammenarbeit und Dialog. Auf diesem Weg werden wir erkennen, dass wir viel mehr gemeinsame Interessen haben, als manche vielleicht glauben!

Gehen wir offen und neugierig auf diesem Weg voran! Dann haben wir die Chance, Missverständnisse und falsche Wahrnehmungen zu erkennen und zu überwinden. Ich will in diesem Zusammenhang an den offenen Brief von Michail Gorbatschow erinnern, der in diesem März die deutschen Medien aufgerufen hat, ihren Blick auf Russland gelegentlich etwas selbstkritischer zu überprüfen. Nicht jeder Bericht, so sein Urteil, ist geprägt von einem unvoreingenommenen Umgang miteinander. Nehmen wir diese Kritik von Michail Gorbatschow, der sich leidenschaftlich um Dialog und Zusammenarbeit bemüht, ernst!

Aber ich will auch sagen: Beim Aufbau von gegenseitigem Vertrauen zwischen Deutschen und Russen sind wir weit vorangekommen, und das ist für die Politik eine Steilvorlage.

Die Chancen für ein neues Miteinander zwischen den USA, der EU und Russland stehen deshalb gut, auch wenn wir die Differenzen, die es gibt, gar nicht leugnen brauchen. Aber die gemeinsamen Interessen sind doch viel größer als die Unterschiede.

Ich meine: Die wachsende Vernetzung und Verflechtung, neue globale Probleme und Risiken, denen sich die USA, die EU und Russland gemeinsam stellen müssen – das sind Ansatzpunkte für eine neue gemeinsame Agenda.

Präsident Medwedjew hat Ende Mai bei seiner Rede in Berlin gezeigt, dass er das ganz ähnlich sieht. Er hat deutlich gemacht, dass sich Russland als Teil der europäischen Zivilisation sieht. Einer gemeinsamen Zivilisation, so hat er hinzugefügt, die Nordamerika, die Europäische Union und Russland umfasst.

In diesen Worten kommt nicht nur eine geographische Orientierung, sondern eine Orientierung an gemeinsamer Kultur und Geschichte zum Ausdruck. Und die Bereitschaft zu gemeinsamer Zukunftsgestaltung!

Der russische Präsident hat sich für eine gleichberechtigte Zusammenarbeit in einem einheitlichen euroatlantischen Raum von Vancouver bis Wladiwostok ausgesprochen. Mit dieser Aussage hat er eine Zielsetzung formuliert, die wir alle in der Charta von Paris bekräftigt haben.

Denn eine europäische Friedensordnung, auf der Grundlage gemeinsamer Interessen, gemeinsamer Werte und einer gemeinsamen, unteilbaren Sicherheit war immer unser Ziel.

In öffentlichen Diskussionsbeiträgen haben Hans-Dietrich Genscher und der Verteidigungsexperte Lothar Rühl in den vergangenen Tagen unterstrichen, wie aktuell und wie bedeutsam die Frage einer Verständigung über uns gemeinsam berührende Sicherheitsinteressen ist.

Auch das muss Teil unserer gemeinsamen Agenda sein – die ich im Sinne einer globalen Verantwortungsgemeinschaft verstehe. Einer Verantwortungsgemeinschaft, die wir schaffen müssen, wenn wir wollen, dass unsere Kinder und Enkel so friedlich und gut leben wie wir selbst – und damit die Kinder es in manchen Teilen der Welt es sogar besser haben als heute.

Für Deutschland und die EU ist Russland solch ein unverzichtbarer Partner bei der Gestaltung der Welt von morgen. Wir brauchen Russland als Partner. In gemeinsamer Verantwortung für Sicherheit und Stabilität in Europa und weit darüber hinaus. Nur gemeinsam mit Russland wird unsere Energieversorgung auf Dauer sicher und friedlich sein, nur gemeinsam mit Russland werden wir Fortschritte bei der Abrüstung erreichen und im weltweiten Kampf gegen den Terrorismus erfolgreich sein. Ich bin überzeugt: Es wird in Europa, im ganzen eurasischen Raum keine Sicherheit ohne oder gar gegen Russland geben.

Russland braucht aber auch Europa – um sein Land politisch nach vorn zu bringen und sich wirtschaftlich zu modernisieren. Deshalb habe ich eine deutsch-russische Modernisierungspartnerschaft vorgeschlagen. Im Kern geht es dabei um eine Zusammenarbeit in Bereichen, in denen sich unsere gemeinsame Zukunft entscheidet: bei der Klima- und Energiepolitik, im gemeinsamen Bemühen um Energieeffizienz, bei der Gesundheitspolitik, bei der Abfederung der Folgen einer älter werdenden Gesellschaft, auf den Feldern Bildung und Wissenschaft oder auch der Rechtstaatlichkeit.

Ich freue mich, dass Präsident Medwedjew bei meinen Gesprächen mit ihm in Moskau und in Berlin diesen Vorschlag positiv aufgegriffen hat. Tun wir alles dafür, die Modernisierungspartnerschaft als Motor für eine gute gemeinsame Zukunft zu begreifen.

kürzlich habe ich jungen Studenten an der Ural-Universität in Jekaterinburg gesagt: Wir leben in einer Zeit, in der nicht mehr die Zahl der Panzer und Raketen über die Stärke eines Landes entscheiden, sondern die Leistungsfähigkeit seiner Wirtschaft, die Zahl seiner klugen Köpfe, die Anwendung von Wissen, die internationale Vernetzung und die Offenheit seiner Gesellschaft.

Genau dies haben wir mit der deutsch-russischen Modernisierungspartnerschaft im Blick: uns fit zu machen für das globale 21. Jahrhundert. Das ist nicht nur Aufgabe von Regierungen. Der Staat kann Rahmen setzen und flankierend zur Seite stehen. Lebendig wird eine Partnerschaft aber erst mit konkreten Ideen, Konzepten und Projekten, von engagierten Menschen auf beiden Seiten. Eine Aufgabe ganz besonders auch für den Petersburger Dialog.

Lassen Sie mich dafür zwei Beispiele nennen.

Erstens: Bildung, Ausbildung und Forschung sind für jede Gesellschaft grundlegend. Wissen ist die entscheidende Ressource der Zukunft – das weiß man hier in der Universitätsstadt Passau sehr genau! Deshalb haben wir, Deutschland und Russland, vor drei Jahren eine strategische Partnerschaft in Bildung, Forschung und Innovation vereinbart. Diese Partnerschaft hat dazu beigetragen, dass Deutschland heute mit kaum einem anderen Land der Welt so enge Forschungs- und Hochschulbeziehungen wie mit Russland hat. Rund 12.000 russische Studenten lernen bei uns, viele haben es nach ihrer Rückkehr bis in Spitzenpositionen geschafft.

Aber wir können noch viel mehr tun. Ein gemeinsames Thema ist die Ausbildung junger Menschen und eine praxisnahe Fortbildung. Viele Firmen, übrigens auch deutsche Unternehmen, suchen in Russland händeringend nach Fachkräften. Aber auch die öffentliche Verwaltung muss funktionieren, wenn die Wirtschaft wachsen soll.

Zum Bildungsbereich im weiteren Sinne gehört auch der Jugendaustausch. Nur wenn deutsche und russische Jugendliche sich begegnen, wenn sie Interesse füreinander entwickeln und die Sprache des anderen Landes lernen, bleibt das deutsch-russische Verhältnis auch in Zukunft lebendig.

Der Petersburger Dialog hat zu Recht immer wieder darauf gedrängt, dass wir von beiden Seiten alles tun, um den Jugendaustausch weiter zu verstärken. Das ist das zentrale Anliegen der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch, die aus der Arbeit des Petersburger Dialogs hervorgegangen ist.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal herausheben, wie groß die Bedeutung der wechselseitigen Sprachkenntnisse ist. Wer die Sprache des Anderen spricht, geht leichter aufeinander zu – ob in der Wirtschaft, in der Forschung oder in der Kultur. Die Initiative für mehr Partnerschulen knüpft genau an diesem Punkt an.

Daher machen wir uns stark für mehr Russisch-Unterricht an deutschen Schulen, mehr Studiengänge an deutschen Universitäten. Wir können da gegenüber den Russen an Neugier und Bereitschaft noch einiges nachholen! Auch dank unserer Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik in Russland können wir feststellen: In keinem anderen Land der Welt lernen so viele Menschen Deutsch wie in Russland!

Das zweite Modernisierungsthema, das ich nennen möchte, hat Präsident Medwedjew selbst wiederholt angesprochen. Er hat gesagt, dass in Russland die Verbesserung des Rechtssystems und mehr Rechtsstaatlichkeit verwirklicht werden müssen, wenn die Modernisierung des Landes gelingen soll. Das wollen wir unterstützen!

Zum Beispiel mit der Beratung bei Gesetzen. Mit der Fort- und Weiterbildung von Praktikern von Richtern, Staatsanwälten, Rechtsanwälten und Notaren. Wir sollten auch neue Wege bei der rechtswissenschaftlichen Zusammenarbeit gehen. Ich denke an verstärkte „train the trainer“ Programme für Nachwuchs-Rechtswissenschaftler oder gemeinsame Promotionsprogramme. Als Rahmen könnte ich ich mir ein Deutsch-Russisches Kompetenzzentrum Rechtswissenschaft vorstellen.

dies sind nur zwei von vielen Zukunftsfeldern, die wir gemeinsam gestalten können. Auch in den Bereichen Gesundheitspolitik und Demografie, Energieeffizienz oder Verkehrsinfrastruktur haben wir ganz konkrete Vorstellungen davon, wie wir konkret zusammenarbeiten können und beide dabei gewinnen! Im Bereich des Gesundheitswesens hat der Petersburger Dialog vor allem mit dem „Koch-Mentschnikow-Forum“ schon einen substanziellen Beitrag zu dieser Modernisierungsagenda geleistet.

Viele dieser Zukunftsfelder haben eine europäische Dimension. Deshalb bin ich ausgesprochen froh, dass es beim EU-Russland Gipfel in Chanty-Mansijsk letzte Woche gelungen ist, den Startschuss für die Verhandlungen über ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zu geben. Zwei Jahre haben wir uns in der EU und in Moskau gegenseitig Steinchen und Steine in den Weg gelegt. Jetzt kann es endlich losgehen, und hoffentlich sehen wir jetzt stärker, wie viel wir uns langfristig zu geben haben. Ich halte auch langfristig auch eine Freihandelszone zwischen der EU und Russland für keine Utopie, wenn Russland schon eine Weile der Welthandelsorganisation angehört.

Leo Tolstoi hat uns folgenden Rat auf den Weg gegeben: „Es ist leichter, zehn Bände über Philosophie zu schreiben, als einen Grundsatz in die Tat umzusetzen.“

Lassen Sie uns also an die Arbeit gehen. Lassen Sie uns den Petersburger Dialog nutzen, um die Partnerschaft zwischen Deutschland und Russland mit neuen Ideen und Taten zu vertiefen!

Meine Damen und Herren, ich freue mich jetzt auf Ihre Anregungen, Herr Gorbatschow und Herr de Maizière.


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  • Wikinews zum 40. Jahrestag des Atomwaffensperrvertrags

    40. Jahrestag des Atomwaffensperrvertrags: „Ziel ist und bleibt die Schaffung einer atomwaffenfreien Welt“

    04.07.2008 – UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon begrüßte in seiner Erklärung zum 40. Jahrestag des Atomwaffensperrvertrags die jüngste Interessenbelebung an einer atomwaffenfreien Welt und spielte damit möglicherweise auf Äußerungen von Barack Obama und John McCain im US-Präsidentschaftswahlkampf an, die beide signalisierten, eine atomwaffenfreie Welt anzustreben. Ban Ki-moon forderte dazu die Globalisierung des Atomwaffensperrvertrags, dem bislang einige Atomwaffenstaaten nicht beigetreten sind.

    Das russische Außenministerium würdigte den Jahrestag mit einer Presseerklärung. Russland werde die Weiterverbreitung des Vertrages sowie Überlegungen unterstützen, die zu seiner vollständigen Umsetzung führen könnten.

    In einer Presseerklärung des deutschen Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier heißt es zum Jahrestag unter anderem: „Das Ziel des Atomwaffensperrvertrages ist und bleibt die Schaffung einer atomwaffenfreien Welt. Die Bundesregierung wird sich unverändert und mit aller Kraft hierfür einsetzen.“

    Xanthe Hall, Sprecherin der Kampagne „unsere zukunft - atomwaffenfrei“, kritisierte die NATO-Strategie der nuklearen Teilhabe als Verstoß gegen Artikel 2 des Atomwaffensperrvertrages und forderte die deutsche Bundesregierung auf, sich für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland einzusetzen.

    Noch immer Desinformation zum Atomwaffensperrvertrag

    (friedensforschung.de) Zum 40.Jahrestag des Atomwaffensperrvertrages (1.7.1968) verfassten nahezu alle großen Nachrichtenagenturen Meldungen. Einige von ihnen informierten über den Vertragsinhalt falsch.

    BeispieleIn einer AFP-Meldung v. 2.7.2008 heißt es: "In dem Abkommen verzichten die Unterzeichnerstaaten ohne Atomwaffen auf nukleare Rüstung."

    In einer Novosti-Meldung v. 1.7.2008 heißt es: "Der Atomwaffensperrvertrag ist ein internationales Abkommen, das eine Weiterverbreitung von Atomwaffen sowie Technologien zu deren Herstellung verhindern soll. Das Recht auf die friedliche Nutzung der Kernenergie gesteht der Vertrag aber zu."

    Es ist Falschberichterstattung, wenn die vertraglichen Gegenleistungen verschwiegen werden, insbesondere die Verpflichtung der Atomwaffenstaaten zur Reduzierung und vollständigen Abrüstung der eigenen Atomwaffen gemäß Art.6 Atomwaffensperrvertrag.

    02 Juli 2008

    Staatskrise in der Türkei spitzt sich zu

    Istanbul (Türkei), 02.07.2008 – Das Verbotsverfahren gegen die Regierungspartei des amtierenden türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan, Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP), droht die Türkei in eine schwere Verfassungskrise zu stürzen. Gestern hielt der Staatsanwalt Abdurrahman Yalçınkaya vor dem türkischen Verfassungsgerichtshof sein Schlussplädoyer, in dem er den Verbotsantrag gegen die AKP erneut bekräftigte. Neben dem Parteiverbot für die AKP fordert der Staatsanwalt auch ein Verbot von politischen Aktivitäten für 71 hochrangige Parteivertreter, darunter den Ministerpräsidenten Erdoğan sowie den Präsidenten Gül. Der Hauptvorwurf gegen die AKP besteht in der Aussage, die Partei betreibe eine schleichende Islamisierung des Landes und verstoße damit gegen den Verfassungsgrundsatz der Trennung von Staat und Religion (Laizismus). Wörtlich sagte der Staatsanwalt: „Die AKP will die Schari'a-Rechtsordnung einführen, dies stellt eine offene und unmittelbare Bedrohung dar.“

    Die AKP hatte bei den letzten Parlamentswahlen im letzten Jahr mit 47 Prozent knapp die Hälfte der Wählerstimmen erhalten. Die Partei organisiert zurzeit ihre Anhänger und ruft sie zu Großdemonstrationen gegen die Versuche auf, die AKP zu verbieten. Mit befreundeten Organisationen schloss sich die AKP zu einer politischen Plattform zusammen, die ihre Anhänger „gegen die Putschgefahr“ mobilisiert. Ob diese Gefahr real ist, ist Gegenstand einer heftigen politischen Kontroverse in der Türkei.

    Während der Staatsanwalt vor dem Gericht sein 90-minütiges Plädoyer hielt, ging die Polizei in Ankara mit einer Großrazzia gegen Regierungsgegner vor. Dabei wurden 24 Menschen verhaftet, darunter ein leitender Journalist einer oppositionellen Zeitung. Außerdem wurden zwei Ex-Generäle festgenommen, denen Putschvorbereitungen gegen die amtierende Regierung vorgeworfen werden. Die Generäle gehören einer oppositionellen Bewegung an, die Proteste gegen die Regierung organisiert hatten.

    Am 3. Juli wird eine Verteidigungsrede des stellvertretenden AKP-Vorsitzenden Cemil Çiçek erwartet. Mit einem Urteil wird gegen Ende August gerechnet. Für den Fall eines gerichtlichen Verbots der AKP, für das nach Ansicht politischer Beobachter einiges spricht, hat der amtierende Ministerpräsident bereits Pläne zur Erhaltung seiner politischen Macht geschmiedet. Medienberichten zufolge plant Erdoğan dann die zügige Neugründung einer neuen Partei, die die Mitglieder der dann möglicherweise verbotenen AKP aufnehmen soll. Erdoğan könnte bei Wahlen auch als unabhängiger Kandidat antreten. Der Kampf um die politische Macht in der Türkei zwischen Verfechtern der Trennung von Staat und Religion, den sogenannten Kemalisten, und den AKP-Anhängern ginge dann in eine neue Runde.

    Wie die türkische Zeitung „Milliyet“ am Montag berichtete, sind mehr als die Hälfte der türkischen Bevölkerung (53,3 Prozent) gegen ein AKP-Verbot.

    Die gegenwärtige Verfassungskrise bildet den juristischen Rahmen eines Kampfes, der um politische Macht und Einfluss entbrannt ist, bei dem es aber auch um die kulturell-politische Grundorientierung der künftigen gesellschaftlichen Entwicklung der Türkei geht. In der türkischen Gesellschaft stehen sich entgegengesetzte Lebensentwürfe gegenüber. Auf der einen Seite stehen die an einem westlichen Lebensstil orientierten städtischen Bevölkerungsschichten und auf der anderen Seite steht die an religiös-konservativen Werten festhaltende ländliche Bevölkerung. +wikinews+

    Hamburgs Ex-Senator Roger Kusch leistete Sterbehilfe

    Würzburg (Deutschland), 02.07.2008 – Hamburgs ehemaliger Justizsenator Roger Kusch hat nach eigenen Angaben am Samstag, den 28. Juni, bei einer 79-jährigen Rentnerin aus Würzburg Sterbehilfe geleistet. Dies gab er am Montag, 30. Juni auf einer Pressekonferenz bekannt, auf der er auch ein Video der Getöteten präsentierte. Die Frau war weder unheilbar krank noch hatte sie Schmerzen. Vielmehr hatte sie Angst, in ein Pflegeheim eingewiesen zu werden. Der Tötungsautomat, den Kusch im April der Öffentlichkeit vorgestellt hatte, kam bei der Tat nicht zum Einsatz. Stattdessen trank die Frau das Malaria-Medikament Chloroquin und das Beruhigungsmittel Diazepam aus zwei Bechern. Die Medikamente hatte sich die Frau angeblich selbst besorgt. Laut Kusch war diese erste Sterbehilfe kostenlos.

    Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen ein reguläres Ermittlungsverfahren eingeleitet, da die Frau nicht eines natürlichen Todes gestorben ist. Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten. Der Vorstand der Deutschen Hospiz-Stiftung, Eugen Brysch, nannte Kusch einen „politischen Amokläufer“. +wikinews+


  • Sterbehilfe


  • Diskussionen
  • Zur "Störfallbeherrschung" bei Atomkraftwerken

    Pressemitteilung des BMU:
    Atomkraftwerkbetreiber müssen besser informieren
    Bundesverwaltungsgericht stärkt Atomaufsicht

    Atomkraftwerkbetreiber sind zukünftig verpflichtet, die Atomaufsicht bereits bei begründeten Zweifeln an der Beherrschung eines Störfalls zu informieren. Damit hat das Bundesverwaltungsgericht Auflagen des Bundesumweltministeriums anlässlich eines Störfalls beim Atomkraftwerk Phillippsburg zum Teil bestätigt. Das ist ein wichtiger Erfolg für die Atomaufsicht, denn die jetzt verbindlich durchgesetzte Pflicht zur kurzfristigen Information über Zweifel an der Anlagensicherheit versetzt die Behörden in die Lage, die für den Schutz der Bevölkerung notwendigen Maßnahmen sofort anzuordnen.

    Aufgehoben hat das Bundesverwaltungsgericht die Auflage, dass der Betreiber von sich aus die Anlage abfahren muss, wenn der Nachweis der Störfallbeherrschung nicht rechtzeitig geführt wird. Es bleibt Aufgabe der Aufsichtsbehörden, bei einem Gefahrenverdacht die Betriebseinstellung anzuordnen. Gleiches gilt auch, wenn Verstöße gegen Genehmigungsbestimmungen zur Störfallbeherrschung festgestellt werden.

    Das Bundesverwaltungsgericht hat die aufgehobenen Teile der Auflagen zum Abfahren der Atomkraftwerke für zu unbestimmt gehalten. Das Bundesumweltministerium war der Ansicht, dass ein fachkundiger Betreiber nach den Anforderungen einer modernen Sicherheitskultur die Verantwortung für die notwendigen Maßnahmen in Zweifelsfällen übernehmen muss. Auch wenn dies derzeit nicht mit behördlichen Auflagen atomrechtlich durchsetzbar ist, sieht das Bundesumweltministerium die Betreiber in der Verantwortung, von sich aus den Anlagenbetrieb einzustellen, wenn begründete Zweifel an der Sicherheit bestehen.

    Die strittige Auflage für das Kernkraftwerk Philippsburg (Block I und II), hatte das zuständige baden-württembergische Umweltministerium am 28. Februar 2005 auf Weisung des Bundesumweltministeriums erlassen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte in erster Instanz die Auflage auf Klage des Betreiber EnBW vollständig aufgehoben.

    Anlass für die Auflagen zur Störfallbeherrschung war, dass die Nachweisführung für einen bestimmten Kühlmittelverluststörfall beim Kernkraftwerk Phillippsburg in Frage stand und über mehre Monate betriebsintern diskutiert wurde, ohne die Behörden zu informieren.

    (Zu den damaligen Ereignissen: http://www.bmu.de/atomenergie/ba/doc/35116.php)

    Die Lebensmittelkette Edeka übenimmt Discounterkette Plus

    Bonn (Deutschland) / Hamburg (Deutschland), 02.07.2008 – Das Bundeskartellamt hat eine Übernahme der Discounterkette Plus durch Edeka genehmigt. „Wir freuen uns, dass wir die Bedenken des Kartellamtes ausräumen konnten und es grünes Licht für mehr Wettbewerb im deutschen Discount gibt“, sagte Markus Mosa, Vorstandssprecher der Edeka AG am Dienstag, den 1. Juli in Hamburg. Spätestens Anfang des nächsten Jahres will der Konzern die Filialen von Plus in sein Ladennetz integriert haben. Edeka möchte alle 25.000 Mitarbeiter vom Discounter Plus übernehmen und bis zum Jahr 2010 weitere 2.500 Arbeitsplätze schaffen, betonte ein Sprecher des Unternehmens. In 18 Monaten sollen 1.750 der 2.500 Plus-Filialen auf das Konzept der Edeka-Tochter Netto Marken-Discount umgestellt werden. Die anderen 750 Filialen sollen unter ihrem jetzigen Namen „Plus“ weiter existieren, aber mit dem neuen „City-Discount-Markt-Konzept“ arbeiten. +wikinews+


  • Supermärkte
  • Unruhen in der Mongolei: Ausnahmezustand verhängt

    Ulaanbaatar (Mongolei), 02.07.2008 – Der mongolische Präsident Nambaryn Enchbajar hat heute – zum ersten Mal in der Geschichte des Landes – einen auf vier Tage begrenzten Ausnahmezustand über das Land verhängt. Ab sofort gilt ein Versammlungsverbot, nach zehn Uhr abends herrscht in der Hauptstadt ein Ausgehverbot. Die Polizei kann Demonstrationen nun unter Einsatz von Gewalt auflösen. Militäreinheiten mit gepanzerten Fahrzeugen haben in der Hauptstadt Stellung bezogen.

    Gewalttätige Ausschreitungen in der Hauptstadt der Mongolei, Ulaanbaatar, haben in den letzten Tagen bereits fünf Tote und über 300 Verletzte gefordert. Das Hauptquartier der ehemaligen Kommunistischen Partei des Landes (Mongolische Revolutionäre Volkspartei, MRVP) war in Brand gesteckt und eine Kunstgalerie geplündert worden. Etwa 300 der insgesamt 6.000 bis 8.000 Demonstranten waren nach Behördenschätzungen an den gewaltsamen Ausschreitungen beteiligt. Die Polizei ging mit Tränengas gegen die Demonstranten vor.

    Auslöser der Unruhen sind Vorwürfe der oppositionellen Demokratischen Partei (DP) an die Adresse der Regierung, die Ergebnisse der Wahl am vergangenen Sonntag gefälscht zu haben. Der Vorsitzende der DP, Tsakhiagiin Elbegdorj, sagte auf einer Pressekonferenz: „Wir haben verloren, weil korrupte Menschen das Ergebnis geändert haben.“ Gewählt wurden 76 Abgeordnete für das Parlament des Landes, den Großen Volkshural. Internationale Wahlbeobachter hatten dem Wahlvorgang jedoch einen ordnungsgemäßen Ablauf bescheinigt. Die DP distanzierte sich von den gewaltsamen Ausschreitungen. +wikinews+

    01 Juli 2008

    Bundesregierung für AtomwaffenFREIE Welt

    40 Jahre Nuklearer Nichtverbreitungsvertrag
    Presseerklärung des Auswärtigen Amts

    Der Nukleare Nichtverbreitungsvertrag für Kernwaffen (NVV) wurde heute vor 40 Jahren zur Zeichnung aufgelegt. Dem Vertrag, der auch Atomwaffensperrvertrag genannt wird, gehören heute 188 Staaten an. Er verpflichtet die teilnehmenden Kernwaffenstaaten auf das Ziel der vollständigen nuklearen Abrüstung; im Gegenzug erklären die Nichtkernwaffenstaaten einen umfassenden Nuklearwaffenverzicht. Darüber hinaus arbeiten alle Vertragsparteien bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie zusammen.

    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte heute (01.07.) hierzu:

    Der Atomwaffensperrvertrag ist von grundlegender Bedeutung für die internationale Sicherheit. Deshalb müssen wir die Anzeichen für eine Erosion dieses Vertragswerkes ernst nehmen. Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass das Interesse am Erwerb von Kernwaffen in einigen Weltregionen neu erwacht zu sein scheint. Angesichts der 30.000 atomaren Gefechtsköpfe, die es weltweit immer noch gibt, können wir uns ein Nachlassen der internationalen Abrüstungsanstrengungen nicht erlauben!

    Nach dem Scheitern der Überprüfungskonferenz im Jahr 2005 muss von der nächsten Konferenz in 2010 ein klares Signal für die Bewahrung und Stärkung des Atomwaffensperrvertrages ausgehen. Dabei geht es um Zweierlei:

    Zum einen muss den Proliferationsgefahren entschieden begegnet werden. Wir arbeiten deshalb mit unseren Partnern entschlossen auf eine diplomatische Lösung der Proliferationsfälle Iran und Nordkorea hin, setzen uns für die Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten der IAEO ein und haben Vorschläge zur Multilateralisierung des nuklearen Brennstoffkreislaufes gemacht, die den möglichen Missbrauch der zivilen Kernenergienutzung verhindern sollen.

    Andererseits brauchen wir aber auch eine neue Dynamik in der nuklearen Abrüstung. Die Kernwaffenstaaten sind gefordert, ihre Abrüstungsanstrengungen zu verstärken, die Zahl ihrer Nuklearwaffen abzusenken und schnellstmöglich den umfassenden Teststoppvertrag in Kraft zu setzen.

    Das Ziel des Atomwaffensperrvertrages ist und bleibt die Schaffung einer atomwaffenfreien Welt. Die Bundesregierung wird sich unverändert und mit aller Kraft hierfür einsetzen.“
    -Ende der Presseerklärung-

    KOMMENTAR

    Diese Presseerklärung ist ausgesprpchen erfreulich. Nun wäre es konsequent, wenn die Bundesregierung die "nukleare Teilhabe" beendet und um Abzug der US-Atomwaffen bittet.
    Und es wäre wünschenswert, dass die Bundesregierung einen Vertragsvorschlag zur Umsetzung des Artikel 6 Atomwaffensperrvertrag ausarbeitet.

    -markus rabanus- Diskussionen

    Jahrestag: Atomwaffensperrvertrag 1968

    Kann man diesen Jahrestag feiern? Kaum. Aber erinnern und ermahnen, denn
    1. der Atomwaffensperrvertrag wurde von den Atomwaffenstaaten nicht erfüllt, die sich gemäß Artikel 6 zur vollständigen Abrüstung ihrer Atomwaffen verpflichteten, aber stattdessen noch nicht einmal auf die Erstschlagsdrohung verzichten,
    2. der Atomwaffensperrvertrag wird von den Atomwaffenstaaten gebrochen, weil sie ihre Atomwaffen in Staaten und Gebiete lagern und umher transportieren, die nicht zu ihrem Territorium gehören, also Atomwaffen verbreiten,
    3. der Atomwaffensperrvertrag wird von den Atomwaffenstaaten gebrochen, weil sie Atomwaffenwissen an Nichtunterzeichnerstaaten wie Israel weitergaben,
    4. der Atomwaffensperrvertrag wird von den Atomwaffenstaaten gebrochen, weil sie mit Nichtunterzeichnerstaaten wie Indien atomenergetisch zusammenarbeiten,
    5. der Atomwaffensperrvertrag wird von den Atomwaffenstaaten gebrochen, weil sie auch mit dem Nichtunterzeichnerstaat Pakistan hinsichtlich dessen Atomwaffenbestandes zusammenarbeiten - und sei es aus dem Grund der Sicherung vor terroristischem Zugriff,
    6. der Atomwaffensperrvertrag wird auch von Unterzeichnerstaaten wie der Bundesrepublik Deutschland gebrochen, weil sich Deutschland einerseits zum Atomwaffenverzicht verpflichtete, aber andererseits der Stationierung von Atomwaffen zustimmt und sogar eine Politik der "nuklearen Teilhabe" treibt.
    Gleichwohl ist der Atomwaffensperrvertrag das gegenwärtig wichtigste Atomwaffenabkommen, denn er ist ein Maßstab für die Rechtstreue und Rechtsbrüche seiner Unterzeichnerstaaten.
    Zweierlei braucht es:
    1. Es braucht Durchführungsbestimmungen für den Artikel 6,
    2. es braucht die Universalisierung des bislang nur mitgliedschaftlichen Abkommens, denn ein Atomwaffenverbot kann nur dann funktionieren, wenn es weltweit greift. Wenn die unterzeichneten Atomwaffenstaaten darauf bestehen würden, so würde die Staaten- und Menschenmehrheit einem solch weltweiten Verbot ganz sicher folgen, denn viel weniger Zuspruch hat das gegenwärtige Regime der Atomwaffenstaaten-Privilegierung.
    -markus rabanus-

    Geplant: Internationale Agentur für Erneuerbare Energien

    Gemeinsame Pressemitteilung vom Bundesumweltministerium mit dem Bundesministerium für
    wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

    Weiterer Schritt auf dem Weg zur Gründung einer Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien
    Workshop zur Vorbereitung der Gründung von IRENA

    Steigende Energiepreise, Klimawandel und Armutsbekämpfung stellen die Welt vor Herausforderungen, die sich nur auf internationaler Ebene lösen lassen. Erneuerbare Energien können dazu einen großen Beitrag leisten. Bislang mangelt es an einer internationalen Organisation, deren Hauptziel es ist, Industrie- und Entwicklungsländer beim Ausbau Erneuerbarer Energien konkret zu beraten und zu unterstützen und zu besseren ordnungspolitischen Rahmenbedingungen beizutragen. Die Bundesregierung beabsichtigt daher zusammen mit anderen interessierten Staaten eine Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) zu gründen. Sie wird hierbei vom Deutschen Bundestag unterstützt, der sich zuletzt am 19. Juni mit großer Mehrheit für die Gründung von IRENA ausgesprochen hat.

    Der Vorbereitungsprozess tritt jetzt in die Schlussphase: Im Anschluss an eine Vorberei-tungskonferenz am 10./11. April 2008 in Berlin lud die Bundesregierung zu einem internationalen Workshop nach Berlin ein. Vom 30. Juni – 01. Juli 2008 versammelten sich rund 100 Gäste aus über 40 Ländern, die in zwei parallelen Arbeitsgruppen über das vorläufige Arbeitsprogramm sowie über die Statuten und die Finanzierung der Agentur diskutierten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops waren sich einig, dass ein rascher Start von IRENA sinnvoll und notwendig ist. Auch konnte Konsens zu den grundsätzlichen Strukturen von IRENA erzielt werden. Ferner gab es weitgehende Übereinstimmung zu den Schwerpunkten der Aktivitäten, die IRENA von Beginn an verfolgen soll. Dazu zählen Politikberatung, Technologietransfer und Kompetenzaufbau.

    Weiterhin wurde beschlossen, dass in einer abschließenden Vorbereitungskonferenz im Herbst dieses Jahres die Statuten von IRENA finalisiert werden sollen. Die feierliche Zeichnung der Sta-tuten und damit die Gründung von IRENA sind für den Jahresbeginn 2009 in Bonn vorgesehen. Die Umsetzung des gesamten Vorbereitungsprozesses erfolgt durch das Bundesumwelt¬ministerium und das Bundesentwicklungsministerium in enger Kooperation mit dem Auswärtigen Amt.

    Neuseeland entschädigt Maoris nach zwei Jahrzehnten der Verhandlung

    Wellington (Neuseeland), 01.07.2008 – Die Regierung Neuseelands zahlt rund 270 Millionen Euro Entschädigung wegen zahlreicher von ihr begangener Vertragsbrüche, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu Landenteignungen geführt haben. Etwa 100.000 Māoris, ein indigenes Volk Neuseelands, das sieben unterschiedlichen Stämmen angehört, erhält 176.000 Hektar Wald sowie aufgelaufene Pachtgelder und Geld aus laufenden Pachtzahlungen. Zu dem Abkommen, das nach 20 Jahren Verhandlung im Parlament in Wellington unterzeichnet wurde, kam es in Gegenwart von 700 Stammesangehörigen Ende Juni 2008. +wikinews+

    Deutschland: 18,6 Milliarden für die Europäische Union im Jahre 2007

    Brüssel (Belgien), 01.07.2008 – Der nationale Beitrag Deutschlands für die Finanzierung der Europäischen Union (EU) im Jahr 2007 betrug 18,6 Milliarden Euro. Dies bedeutet eine Steigerung um eine Milliarde. Ausgenommen sind Zolleinnahmen und ähnliche Erlöse.

    Der Nettobeitrag steigt dabei auf mehr als 7,4 Milliarden Euro. Als Grund wird die EU-Erweiterung um Länder wie Rumänien und Bulgarien angenommen. Auch die wesentlich umfangreichere Unterstützung für das Nachbarland Polen spielt eine Rolle. Dort stiegen die Ausgaben im Vorjahr um gut zwei Milliarden Euro im Vergleich zum Jahr 2006. Das dynamische Wirtschaftswachstum Deutschlands im Jahr 2007 trug ebenfalls zur Erhöhung bei. Damit bleibt Deutschland der größte Nettozuzahler der EU.

    EU-Haushaltskommissarin Dalia Grybauskaite teilte weiterhin mit, dass Deutschland einen Teil der EU-Fördermittel, 66 Millionen Euro, habe verfallen lassen. +wikinews+

    30 Juni 2008

    Kritik an Herfried Münklers Atomwaffen-Thesen

    Unter dem Titel "Atomwaffen schrecken Dschihadisten ab" veröffentlichte "SPIEGEL-Online" (25.06.08) ein Interview mit dem an der Humboldt-Universität Berlin Geschichte lehrenden Prof. Herfried Münkler. Das Interview enthält unter anderem und kurzgefasst folgende Thesen:

    1. Eine atomwaffenfreie Welt, wie sie von Obama, McCain überlegt und von den früheren US-Ministern Henry Kissinger oder George Shultz gefordert wird, hält Münklers für "realpolitisch ganz unwahrscheinlich", da die Furcht der Atommächte zu groß sei, eine von ihnen werde sich heimlich nicht daran halten und werde dann "Herr der Welt".
    Kissinger, Shultz, McCain, Obama keine Realpolitiker? Herrn Münkler mag das so scheinen, aber realpolitischer ist die Vermutung, dass wenn ein Atomwaffenverzichtsvertrag auf den Weg kommt, dann nur einschließlich wirksamer Kontrollmechanismen.

    2. Eine atomwaffenfreie Welt sei auch deshalb unrealistisch, weil es eine Vielzahl von Staaten gebe, die jederzeit heimlich Atomwaffen entwickeln könnten.

    Münkler verkennt, dass ein Kontrollszenario weltweit und gegenüber jedem Staat gelten würde, also das Universalitätsprinzip anstelle des Mitgliedschaftsprinzips der Vereinten Nationen und des NPT vereinbart würde.

    Dass dieser Systemwechsel vor allem vom gemeinsamen Willen der USA, Russlands und Chinas abhängt, wäre im wahrsten Sinne des Wortes "realpolitisch", denn solch gemeinsamer Entschlusskraft könnte sich zumindest in der Jetztzeit kein anderer Staat widersetzen - und würde es auch nicht, denn die Mehrheit der Vereinten Nationen würde es unterstützen.

    Das Mitgliedschaftsprinzip kann stets nur vorbereitende Funktion haben, würde aber rechtsfreie Räume beibehalten, solange man sich nicht zum Universalprinzip durchringt.

    Dem Historiker Münkler sollte es bekannt sein, dass alle Rechtsentwicklung nicht davon abhängig war, ob der letzte Schurke Einsicht bekennt, sondern davon, ob die politischen Kräfte ausreichend waren, ein Recht allgemeinverbindlich zu machen.

    3. Münkler behauptet, dass Russland und China nicht Atomwaffenfreiheit interessiert seien, da sodann die konventionelle Überlegenheit der USA stärker ins Gewicht falle.
    Auch diese These ist so realistisch wie fatalistisch, denn tatsächlich dürfte sich wohl kaum etwas zum Besseren wenden, wenn nur Argumente zum Schlechten in die Waagschale kommen.
    Münkler geht offenbar davon aus, dass die USA nicht gewillt sein werden, sich an die Charta der Vereinten Nationen zu halten und auf Akte der Selbstjustiz zu verzichten, sich dem Veto der anderen Mächte zu beugen.

    Das könnte sich tatsächlich den anderen Atommächten als Hindernis zum weltweiten Atomwaffenverzicht erweisen, sollte es aber dennoch nicht, denn die daraus resultierenden Risiken dr Atomwaffenverbreitung aus aus der schon vorhandenen Atombewaffnung wären weit unterschätzt und wiegen zu schwer, um die Sicherheitspolitik weiterhin auf die atomare Abschreckung zu stützen.

    Es kommt demzufolge darauf an, dass die USA Gewährsmittel dafür entwickeln, von ihren militärischen Möglichkeiten nicht mehr gegen den Willen Russlands, Chinas Gebrauch zu machen.
    Moderne Sicherheitspolitik sollte auf verifizierbaren Sicherheitsgarantien beruhen, nicht mehr auf Abschreckung und militärischer Überlegenheit, denn letztere hat im Extrem zur Folge, was auch Münkel in seiner Schrift "Der Wandel des Krieges. Von der Symmetrie zur Asymmetrie" ein Stück weit zur Terrorismus-Analyse nachvollzieht.

    4. Auf die Frage, ob wir in Deutschland noch Atomwaffen brauchen, antwortet Münkler: "Aus politischen Gründen: ja. Aus operativen Gründen: nein. Sollten wir nicht mehr bereit sein, diese Waffen in Deutschland zu lagern, werden wir auch nicht mehr den Finger mit am Abzug haben können. Das ist vielleicht nicht schlimm. Entscheidend aber ist, dass wir dann keinen Finger mehr am Sicherungshebel haben, also auch keinen Einfluss mehr hätten, einen atomaren Angriff zu verhindern. Deshalb sollten die Waffen bleiben."
    Offenbar geht Münkler davon aus, dass die "nukleare Teilhabe" so weitreichend sei, dass "wir den Finger am Abzug" hätten. Dann wäre er besser informiert als "wir", denn allgemein wird davon ausgegangen, dass die nukleare Teilhabe zwar bundesdeutsche Hilfestellungen, aber keine Verfügungsmacht darstellt.

    "Aus politischen Gründen: ja", spricht sich Herr Münkler für den Behalt von Atomwaffen in Deutschland aus und ist offenbar im Glauben, dass völkerrechtliche Verpflichtungen keine politischen Gründe sind, denn die Bundesrepublik Deutschland unterschrieb den NPT am 28.11.1969.

    5. Münkler hält die Debatte um die Sicherheitsmängel der europäischen Atomwaffenlager für "lanciert", da die USA ein großes Interesse daran hätten, Investitionen für die Unterbringung ihrer Nuklearwaffen auf die Verbündeten abzuwälzen.

    Dass die Untersuchung durch das Pentagon auf Geheiß des US-Kongresses durchgeführt wurde, nachdem bekannt wurde, dass es zu versehentlichen Atomwaffentechnologie-Lieferungen an den Taiwan gekommen war, zum Transport vermeintlich gesicherter Atomwaffen über US-Territorium, zu Dokumentationsproblemen bei der Atomwaffen-Inventur, all das hat zunächst mal nichts mit dem von Münkler ins Feld geführte finanziellen Interesse zu tun, sondern mit dezidiert sicherheitspolitischen Interessen zur Verhinderung eines ungewollten Atomwaffeneinsatzes. Besonders einem Historiker sollte solche Vorgeschichte bekannt und zu würdigen sein.

    6. Münkler mutmaßt, dass auch Dschihadisten durch Atomwaffen abzuschrecken seien. Deren Opferbereitschaft unterscheide sich nicht von der soldatisch typischen Opferbereitschaft, den eigenen Tod zugunsten des Überlebens anderer in Kauf zu nehmen.

    Mag sein, wenngleich das Ding mit der soldatischen Opferbereitschaft vielschichtig und in den meisten Fällen anders ist >> www.dialoglexikon.de/heldenmythos.htm

    Es stellt sich jedoch bei Atomwaffen gar nicht die Frage nach soldatischer Opferbereitschaft, denn Soldaten haben in Sachen Krieg und Frieden gewöhnlich wenig Mitspracherecht.
    Die Frage lautet vielmehr, ob sich Politiker durch Atomwaffen abschrecken lassen, und wenn dem Historiker Münkler nicht reichlich Beispiele einfallen, bei wie vielen Politikern jedes Mitgefühl gegenüber den Überlebensinteressen anderer verlorenging, dann wäre seine Abschreckungsgewissheit dahin und möglicherweise auch mehr Einsicht für ein Regime, das die Entwicklung und Vorhaltung von Atomwaffen ausschließt.

    Jede Abschreckung, welche auch immer, funktioniert überhaupt nur dann, wenn Verantwortungsbewusstsein zumindest restbeständig bliebe, während jede Abschreckung versagen kann, sobald jemand glaubt, "nichts mehr zu verlieren zu haben".

    7. Münkler behauptet, dass die "religiöse Intensität", "heroischen Potenziale" und Opferbereitschaft in den Industrienationen im Vergleich zu bspw. islamischen Staaten gemindert sei und durch technologische Überlegenheit ausgeglichen werde und werden müsse.
    Abgesehen von der in solcher These mitschwingenden Überheblichkeit, die dazu neigt, zwischen Machbarkeit und Rechtlichkeit keine Unterscheidung zu treffen, erkennt Münkler zwar, dass die Wahrscheinlichkeit terroristischen Zugriffs auf atomwaffenfähiges Material wachse, aber er setzt gleichwohl auf den technologischen Vorsprung als Sicherheitsdoktrin.

    Logischer ist hingegen, wenn aus den mitwachsenden Fähigkeiten auf Seiten der Technologieunterlegenen ein schrittweiser Paradigmenwechsel geschlussfolgert würde:
    Verzicht auf Atomwaffen-Privileg gegen ein weltweites Kontrollsystem zum Atomwaffenverbot.
    Und "realpolitisch" lässt sich solch Kontrakt eher aus der Position der Stärke schließen als ohne Atomwaffenbesitz, aber wird der Kreis der Atomwaffenstaaten zu groß, so würde sich diese Möglichkeit erschweren.

    8. Münkler fordert für den Fall, dass sich der Staat Pakistan auflöse: "Man muss versuchen, die Teile der pakistanischen Armee, die Zugriff auf die Nuklearwaffen haben, so zu strukturieren, dass sie im Augenblick des Auseinanderfallens des Staates sich mitsamt ihren Fähigkeiten entweder in russische, amerikanische oder chinesische Obhut begeben."

    Münkler scheint von der Rationalität militärisch Verantwortlicher so sehr überzeugt, dass sie den ideologischen Wirren, in die Politik und Land verfallen können, standhalten würden und sich dann in "Obhut" anderer Staaten begeben? Na, wenn das mal nicht "ganz unwahrscheinlich" und allzu riskantes Hoffen ist.

    Die Realpolitiker in Washington sind diesbezüglich weiter, denn seit dem 19.November 2007 ist bekannt, dass die USA schon seit 2005 mit mehr als 100 Mio. US-$ der pakistanischen Regierung bei der Atomwaffen-Sicherung spendierten und vermutlich auch Interventionspläne in der Schublade haben. Das klingt für manche Leute beruhigend, andererseits verstößt es gegen den Atomwaffensperrvertrag, denn die USA dürften Pakistan solche Hilfen nicht gewähren, sondern müssten zunächst dafür sorgen, dass Pakistan dem Atomwaffensperrvertrag beitritt.

    Was nicht rechtens ist, taugt nicht für die Sicherheitspolitik, sondern vertieft nur die Gräben zwischen den heutigen und künftigen Streitparteien.
    Die einzig realistische Alternative lautet, dass die Atomwaffenstaaten ihren Verpflichtungen aus Art.6 Atomwaffensperrvertrag nachkommen und dazu ein universelles Atomwaffenverbot auf den Weg bringen - ban on nuclear weapons.

    -markus rabanus-   Diskussion

    RIA Novosti: 20 Rassemorde einer Moskauer Skinheadgruppe

    MOSKAU, 30. Juni (RIA Novosti). In Moskau sind die Ermittlungen gegen eine neunköpfige Skinheadgruppe, der 20 Morde vorgeworfen werden, abgeschlossen worden.
    Wie der Sprecher des Untersuchungsausschusses bei der russischen Staatsanwaltschaft, Wladimir Markin, am Montag mitteilte, wird nun die Bestätigung der Anklage erwartet.

    Mitglieder der radikalen Gruppe im Alter von 17 bis 22 Jahren sollen in Moskau acht Monate lang agiert haben. Ihnen werden 32 Rassenverbrechen, darunter 20 Morde und zwölf versuchte Morde, vorgeworfen. Zwei mutmaßliche Anführer seien unmündig gewesen.
    "Der Gruppe gehörte auch ein 22-jähriges Mädchen an. Sie nahm das erste Verbrechen mit einer Kamera auf", so Markin.

    Bundespräsident Köhler wartet verfassungsrechtliche Prüfung zum EU-Vertrag von Lissabon ab

    Bundespräsident Horst Köhler wird die Ratifikationsurkunde zum Vertrag von Lissabon bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des Zustimmungsgesetzes zum Vertrag von Lissabon nicht unterzeichnen

    Das Bundespräsidialamt teilt mit:

    Bundespräsident Horst Köhler wird die Ratifikationsurkunde zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007 - ungeachtet des Ergebnisses seiner Prüfung des Zustimmungsgesetzes gem. Art. 82 Abs. 1 GG - bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des Zustimmungsgesetzes zum Vertrag von Lissabon nicht unterzeichnen. Angesichts vorliegender Anträge auf einstweilige Anordnung folgt der Bundespräsident damit einer Bitte des Bundesverfassungsgerichts. Diese Entscheidung ist dem Bundesverfassungsgericht heute durch das Bundespräsidialamt förmlich mitgeteilt worden.