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19 Juni 2008

USA: Oberster Gerichtshof stärkt Rechte der Guantanamohäftlinge

Washington D.C. (Vereinigte Staaten), 19.06.2008 – Der Oberster Gerichtshof der Vereinigten Staaten hat Häftlingen des US-Gefangenenlagers Guantánamo Bay auf Kuba das Recht auf Zugang zu zivilen Gerichten zugesprochen. Dabei stimmten fünf von neun Richtern für die Änderung. Die Gefangenen dürfen in Zukunft ihre Gefangenschaft vor US-Zivilgerichten anfechten, in der Vergangenheit wurde ihnen das verweigert. Die Richter sind der Meinung, dass auch im Krieg festgenommene Menschen Anrecht auf Verfassungsrechte haben. Die Verfassung sei so angelegt, dass sie auch in ungewöhnlichen Zeiten gelte.

In der Strafanstalt befinden sich zirka 270 Gefangene, die meisten werden ohne Gerichtsverfahren oder Anklage festgehalten. Darunter sind fünf mutmaßliche Hauptverantwortliche für die Anschläge am 11. September 2001.

Menschenrechtler begrüßten des Urteil, Präsident George Bush jedoch kritisierte das Urteil, er sieht daran eine Gefährdung für die Sicherheit der Vereinigten Staaten. Für US-Justizminister Michael Mukasey hat das Urteil keinen Einfluss auf die geplanten Kriegsgerichtsprozesse in Guantánamo.

Es ist bereits das dritte Mal, dass der Oberste Gerichtshof den Häftlingen den Zugang zu Zivilgerichten zuspricht, allerdings hat der US-Senat, der zu dem Zeitpunkt der beiden anderen Urteile von den Republikanern dominiert wurde, durch neue Gesetze immer verhindert, dass die Urteile der Obersten Gerichts umgesetzt wurden. Es wurde ein Verfahren eingeführt, in dem einmal jährlich von einem militärischen Gremium der Status jedes Gefangenen geprüft wird. Dieses aus Sicht der Bush-Regierung faire Vorgehen wurde international scharf kritisiert. +wikinews+

  • Guantanamo
  • 18 Juni 2008

    BGH zur Unwirksamkeit einer "Farbwahlklausel" in einem Wohnraummietvertrag

    Unwirksamkeit einer "Farbwahlklausel" in einem Wohnraummietvertrag ("neutrale, deckende, helle Farben und Tapeten")

    Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung der Beklagten. Die Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen ist im Mietvertrag formularmäßig auf den Mieter übertragen worden. Unter anderem ist bestimmt:

    "Die Schönheitsreparaturen sind in neutralen, deckenden, hellen Farben und Tapeten auszuführen."

    Die Klägerin hält die Klausel für unwirksam. Sie hat beantragt festzustellen, dass den Beklagten kein vertraglicher Anspruch auf Vornahme von Schönheitsreparaturen zusteht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg.

    Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die hier verwendete "Farbwahlklausel" den Mieter unangemessen benachteiligt und seine Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen insgesamt unwirksam ist (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Die Klausel schreibt dem Mieter nicht erst für den Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung, sondern bereits während der Mietzeit vor, für die Schönheitsreparaturen helle, deckende und neutrale Farben zu verwenden. Dem Vermieter ist zwar vor dem Hintergrund einer beabsichtigten Weitervermietung ein berechtigtes Interesse daran nicht abzusprechen, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses in einer Farbgebung zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert wird. Es besteht jedoch kein anerkennenswertes Interesse des Vermieters daran, dass der Mieter bereits während laufender Mietzeit auf andere Gestaltungen, seien sie farbig oder nicht deckend, verzichten muss.

    Urteil vom 18. Juni 2008 - VIII ZR 224/07

    AG Pankow/Weißensee - Urteil vom 6. Dezember 2006 - 7 C 302/06

    LG Berlin - Urteil vom 25. Juni 2007 - 62 S 341/06

    Karlsruhe, den 18. Juni 2008

    Pressestelle des Bundesgerichtshofs
    76125 Karlsruhe
    Telefon (0721) 159-5013
    Telefax (0721) 159-5501

    14 Juni 2008

    BGH zur Abbietpflicht bei Eigenbedarfskündigung

    Zeitliche Grenze der Anbietpflicht des Vermieters gegenüber einem wegen Eigenbedarfs gekündigten Mieter

    Der Kläger ist Testamentsvollstrecker über den Nachlass der verstorbenen Vermieterin, zu dem ein Wohnhaus in München gehört, in dessen fünften Stock die Beklagte eine Wohnung gemietet hat. Durch Schreiben vom 2. Juni 2005 erklärte der Kläger unter Berufung auf Eigenbedarf der Erbin die Kündigung des Mietverhältnisses mit der Beklagten zum 28. Februar 2006. Die Mieter einer im vierten Stock desselben Hauses belegenen Wohnung gleichen Zuschnitts kündigten ihr Mietverhältnis am 30. Dezember 2005 zum 31. März 2006.

    Die Beklagte bestreitet den Eigenbedarf. Das Amtsgericht hat die Räumungsklage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Eigenbedarfskündigung rechtsmissbräuchlich sei, weil der Kläger der Beklagten die zum 31. März 2006 frei werdende Alternativwohnung im selben Haus nicht angeboten habe.

    Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Vermieters hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das Berufungsgericht den vom Kläger geltend gemachten Anspruch aus § 546 Abs. 1 BGB auf Räumung und Herausgabe der wegen Eigenbedarfs (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) gekündigten Wohnung zu Unrecht verneint hat. Kündigt der Vermieter eine vermietete Wohnung wegen Eigenbedarfs, so hat er dem Mieter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben Wohnanlage ihm zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehende Wohnung, die vermietet werden soll, zur Anmietung anzubieten (Urteil vom 9. Juli 2003 - VIII ZR 311/02; Mitteilung der Pressestelle Nr. 90/2003).

    Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Wohnung im vierten Obergeschoss ist erst zum Ablauf des Monats März 2006 und damit einen Monat nach Ende des Mietverhältnisses mit der Beklagten gekündigt worden. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Beklagte - den geltend gemachten Eigenbedarf unterstellt - bei rechtmäßigem Verhalten ihre Wohnung bereits geräumt haben müssen. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, ist es deswegen unerheblich, ob der Kläger darauf vertrauen durfte, dass die Mieter der Wohnung im vierten Stock gemäß ihrer eigenen Kündigung am 31. März 2006 ausziehen würden.

    Da das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob der von der Beklagten bestrittene Eigenbedarf besteht, hat der Bundesgerichtshof den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit es die erforderlichen Feststellungen nachholen kann.

    Urteil vom 4. Juni 2008 - VIII ZR 292/07

    AG München - Urteil vom 7. Juli 2006 - 424 C 9195/06

    LG München I - Urteil vom 17. Oktober 2007 - 14 S 10935/06

    Karlsruhe, den 4. Juni 2008

    Pressestelle des Bundesgerichtshofs

    12 Juni 2008

    Gerichtsbeschluss: Studiengebühren in Hessen zulässig

    Wiesbaden (Deutschland), 12.06.2008 – Die Studiengebühren in Hessen sind zulässig, das entschied der Hessische Staatsgerichtshof in einem am heutigen Mittwoch verkündeten Urteil. Die Entscheidung fiel mit sechs gegen fünf Richterstimmen denkbar knapp aus. Geklagt hatten über 71.000 Bürger sowie die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen unter Berufung auf Artikel 59 der Landesverfassung, nach dem der Unterricht an Schulen und Hochschulen in Hessen unentgeltlich zu sein hat. Zugelassen ist Schulgeld nur, wenn es die wirtschaftliche Lage des Schülers oder der Eltern erlaubt.

    In ihrer Urteilsbegründung erklärte Richterin Karin Wolski, die Verfassung enthalte keine Garantie für ein gebührenfreies Studium, sondern es dürften im Gegenteil Reichere zugunsten sozial Schwächerer verpflichtet werden, da der Gesetzgeber keine Unentgeltlichkeit, sondern Bildungsgleichheit gewollt habe. Wichtig sei daher, dass niemand vom Studium ausgeschlossen werde. Dies sei durch den von der Landesregierung eingeführten Darlehensanspruch sichergestellt.

    Die Minderheit von fünf Richtern stellte hingegen in ihrem Minderheitenvotum fest, dass in der Verfassung ausdrücklich der Begriff „unentgeltlich“ stehe, was bedeute, dass es nichts koste und nicht, dass die Kosten später abbezahlt werden könnten. Die Aussicht auf Verschuldung habe außerdem eine abschreckende Wirkung auf potentielle Studenten.

    Der geschäftsführende Ministerpräsident Roland Koch lobte die Entscheidung und nannte sie ein „ganz wichtiges Signal für die Zukunft Hessens“. Die Landtagsmehrheit aus SPD, Grünen und Linken hat allerdings bereits die Abschaffung der Studiengebühren beschlossen. Nachdem Koch die Unterschrift unter das Gesetz wegen eines Formfehlers verweigert hat, wird der Landtag am kommenden Dienstag über eine nachgebesserte Gesetzesvorlage entscheiden. +wikinews+

    http://www.dialoglexikon.de/studiengebuehren.htm

    11 Juni 2008

    Türkei: Verfassungsstreit um Kopftuchverbot

    Ankara (Türkei), 11.06.2008 – Der Streit um das Kopftuchverbot in der Türkei verschärft sich weiter. Ministerpräsident Tayyip Erdoğan griff gestern auf einer Parteiveranstaltung das oberste Gericht der Türkei wegen der Aufhebung eines Parlamentsbeschlusses zur Wiederzulassung von Kopftüchern an türkischen Universitäten offen an. Nach Ansicht des Ministerpräsidenten haben die Verfassungsrichter ihre Kompetenzen überschritten und in die Gesetzgebungsvollmacht des Parlaments in unzulässiger Weise eingegriffen.

    Das Verfassungsgericht hatte am Donnerstag vergangener Woche (5. Juni) entschieden, dass an den öffentlichen Hochschulen des Landes weiterhin das Kopftuchverbot seine Geltung behält. Damit hatte sich das Gericht gegen einen entsprechenden Parlamentsbeschluss gestellt, mit dem die Partei des Ministerpräsidenten (AKP) muslimischen Frauen den Zugang zu den Hochschulen auch mit Kopftuch gestatten wollte.

    Erdoğan forderte von den Richtern auch eine ausführliche Begründung ihres Urteils. Das Verfassungsgericht hatte in seiner Begründung des Urteils zur Bestätigung des Kopftuchverbots entgegen dem Parlamentsbeschluss lediglich auf einige Verfassungsparagrafen hingewiesen, ohne diese im Einzelnen zu interpretieren und auch ohne darzulegen, inwiefern der Gesetzestext mit dem beanstandeten Parlamentsbeschluss in Widerspruch steht. Dabei wurde auch auf den wichtigen Paragrafen Zwei der Verfassung hingewiesen, der die Trennung von Staat und Religion zum Verfassungsgrundsatz erhebt.

    In der türkischen Bevölkerung gibt es eine klare Mehrheit für eine Aufhebung des strikten Kopftuchverbots für Studentinnen an Universitäten. Laut einer Umfrage sprachen sich 70 Prozent der Türken gegen das Verbot aus. Der Popularität von Erdoğans AKP tat der aktuelle Streit keinen Abbruch. Im Gegenteil: Umfragen sehen die AKP inzwischen bei über 50 Prozent der Stimmen bei einer möglichen Parlamentswahl.

    Der Kopftuchstreit ist dabei der sinnfällige Ausdruck einer grundlegenden Spaltung der türkischen Gesellschaft in die sogenannten Kemalisten, die eine strikte Trennung von Staat und Religion in der Tradition des türkischen Staatsgründers Kemal Atatürk zum Maßstab ihres politischen Handelns gemacht haben und denen auch die Richter des Verfassungsgerichts anhängen, einerseits und der religiös-islamisch geprägten politischen Strömung, die im Wesentlichen die Partei des Ministerpräsidenten, die Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP), stützt, andererseits.

    Eine weitere Zuspitzung des Streits, der die Türkei in eine tiefe innenpolitische Krise stürzen könnte, steht noch bevor. In wenigen Wochen will das Verfassungsgericht der Türkei über einen Verbotsantrag gegen die Regierungspartei AKP entscheiden. Die Entscheidung in der Kopftuchfrage werten politische Beobachter als wichtiges Indiz dafür, wie sich das Gericht in der Verbotsfrage entscheiden wird. Kritiker werfen der Regierungspartei AKP vor, eine schleichende Islamisierung der Türkei zu betreiben. +wikinews+

    02 Juni 2008

    Australien beendet sein militärisches Engagement im Irak

    Canberra (Australien), 02.06.2008 – Der seit November 2007 amtierende australische Premierminister Kevin Rudd erfüllt mit dem heute verkündeten Rückzug einer 500 Mann starken australischen Kampfeinheit aus dem Irak ein zentrales Wahlversprechen seiner Partei. Die Soldaten sollen in den nächsten Wochen nach Hause zurückkehren. Etwa 200 Soldaten sollen jedoch in dem Land zum Schutz der australischen Botschaft bleiben. Umfragen zufolge lehnen 80 Prozent der Australier den Krieg im Irak ab. Australien war unter der Vorgängerregierung eines der ersten Länder, die Truppen zur Unterstützung der US-Armee in den Irak entsandten.

    Während des dreijährigen australischen Einsatzes im Irak gab es auf australischer Seite keine Toten, sechs Soldaten der australischen Militäreinheiten wurden verletzt. Der australische Verteidigungsminister Joel Fitzgibbon erklärte, die australische Armee habe „im eigenen Hinterhof“ andere Sicherheitsprobleme zu lösen, denen man jetzt die volle Aufmerksamkeit widmen werde. Durch das Engagement im Irak sei die australische Armee bereits zu sehr beansprucht worden. Fitzgibbon betonte, die australische Armee habe seit April 2005 wesentlich zur Ausbildung von 33.000 irakischen Soldaten beigetragen. Die beiden Provinzen, in denen australische Einheiten stationiert waren, al-Muthanna und Dhi Qar, seien die ersten gewesen, in denen die Überwachung der Sicherheit erfolgreich an die irakischen Sicherheitskräfte übergeben worden sei. Diese Regionen seien im Vergleich zu Bagdad und der Umgebung als eher ruhig einzuschätzen. Die militärische Führung in der Region soll nach dem Abzug der australischen Kampfeinheiten an die US-Armee übergehen. Der Oberbefehlshaber der australischen Truppen im Irak, Air Chief Marshal Angus Houston, hatte im Februar gesagt, auch nach dem Truppenrückzug würden zwei Überwachungsflugzeuge der Marine und ein Kriegsschiff zur Bewachung der irakischen Ölplattformen zurückbleiben. Auch zivile Polizeikräfte würden zur Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte und als Berater der irakischen Regierung ebenfalls im Land bleiben.

    Nach Angaben des Verteidigungsministers hat Australien in dem Gebiet, für das es die Verantwortung getragen habe, neun Millionen australische Dollar in Infrastrukturmaßnahmen investiert.

    Strafanzeige beim IStG

    Wie heute außerdem bekannt wurde, soll der ehemalige australische Premierminister John Howard wegen Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit dem Irak-Einsatz angeklagt werden. Eine Gruppe von Rechtsanwälten, Akademikern und Politikern beschuldigt ihn australische Soldaten in einen Kriegseinsatz geschickt zu haben, der von der UNO nicht beschlossen worden war. Die Anklage soll dem Internationalen Strafgerichtshof (IStG) in Den Haag zugestellt worden sein. +wikinews+

    28 Mai 2008

    Düsseldorf: Spektakuläre Flucht aus Gerichtssaal

    Düsseldorf (Deutschland), 28.05.2008 – Im Düsseldorfer Landgericht sollte am 27. Mai gegen einen 27 Jahre alten Angeklagten aus Hilden verhandelt werden, dem Verstöße gegen das Betäubungsmittel- sowie Waffengesetz zur Last gelegt wurden. Der Angeklagte konnte jedoch fliehen, wobei drei Personen verletzt wurden.

    Der 27-Jährige soll, so die Anklageschrift, durch drei Drogenkuriere 20 Kilogramm Haschisch aus Marokko nach Deutschland überbracht haben. Bei der dritten Fahrt wurde ein Kurier auf spanischem Gebiet festgenommen, wonach die Ermittlungen gegen den Angeklagten aufgenommen wurden, der im Okrober 2007 in Untersuchungshaft kam.

    Nachdem die Hauptverhandlung eröffnet worden war, stellte das Gericht die Abwesenheit der beiden Verteidiger fest. Später stellte sich heraus, dass sich ein Anwalt vorab wegen seines Fernbleibens entschuldigt hatte und der andere Volljurist eine Verspätung hatte. Als das Gericht die Hauptverhandlung unterbrach, um den Angeklagten in die Zellen des Landgerichts zu bringen, nutzte dieser die Möglichkeit, aus dem Gerichtssaal zu fliehen, was von vielen Anwesenden beobachtet werden konnte. Dabei hechtete der Angeklagte über die Brüstung der Anklagebank und schubste zwei Justizwachtmeister zur Seite; einer musste später im Krankenhaus behandelt werden. Über den Besuchereingang und das Treppenhaus rannte der Flüchtige auf einen Parkplatz, wobei er einen weiteren Mann verletzt haben soll. Auf dem Parkplatz stieg der Flüchtige in einen Personenkraftwagen, der bereits mit laufendem Motor und ohne Insassen bereitstand. Zur selben Zeit verließ ein weiterer PKW den Parkplatz, wobei ein möglicher Zusammenhang mit der Flucht noch geklärt werden muss. Zeugen haben einen möglichen Komplizen beobachtet, der mit dem Flüchtigen über den Hof gelaufen ist. Es wird spekuliert, dass dieser auch im Gerichtssaal anwesend war und dort die Flucht unterstützt hat oder auch Türen im Gerichtsgebäude offengehalten hat. wikinews

    20 Mai 2008

    NPD muss staatliche Mittel zurückzahlen

    Die Entscheidung der Bundestagsverwaltung, die der NPD in den Jahren 1998, 1999 und 2000 bewilligte staatliche Teilfinanzierung ganz oder teilweise wieder zurückzunehmen und von der NPD einen Betrag von 869.353,89 Euro zurückzufordern, war rechtmäßig. Dies entschied das Verwaltungsgericht Berlin mit Urteil vom heutigen Tage.

    Das Gericht war der Auffassung, dass die Rechenschaftsberichte der NPD in den Jahren 1997 und 1998 in wesentlicher Hinsicht unrichtig waren. Denn diese hätten Spenden in erheblichem Umfang zu Unrecht ausgewiesen. Die NPD habe daher in den Jahren 1998 und 1999 ihren gesamten Anspruch auf eine staatliche Teilfinanzierung verloren. Teilweise fehlerhaft sei auch der Rechenschaftsbericht für das Jahr 1999 gewesen. Insoweit habe es sich jedoch um einen weniger gewichtigen Fehler gehandelt, so dass die Bundestagsverwaltung zu Recht für das Jahr 2000 nur einen Teilbetrag zurückgefordert habe.

    Urteil der 2. Kammer vom 20. Mai 2008 – VG 2 A 28.07 –
    Pressemitteilung Nr. 18/2008 vom 20.05.2008 (Nr. 18/2008)

  • Diskussionen
  • 08 Mai 2008

    BVerfG: „Über Krieg und Frieden entscheidet der Bundestag“

    Der AWACS-Einsatzbefehl über der Türkei war verfassungswidrig

    Mit dieser (überfälligen) Entscheidung stellt das Bundesverfassunsgericht klar, dass der Selbstherrlichkeit von Regierungen grundgesetzliche Grenzen gesetzt sind, also in Fragen der militärischen Teilnahme das Parlament gefragt werden muss.
    Das Verteidigungsministerim verlautbarte, das Urteil zu "prüfen". Lapsus lingue? Die Regierung als oberste Rechtsinstition? Das wird wohl nichts, ist aber typisch für Versuche, die Gewaltenteilung zu übergehen.
    "Studiert" die Entscheidung und "prüft", wie Ihr Euer Handeln damit in Übereinstimmung bringt.

    -markus rabanus-

    Karlsruhe (Deutschland), wikinews 08.05.2008 – Das deutsche Bundesverfassungsgericht stellte in einem gestern gefassten Urteil grundsätzlich klar, dass die Entscheidungsbefugnis über bewaffnete Militäreinsätze der deutschen Bundeswehr beim Parlament, also dem Deutschen Bundestag, liegt. Im Fall des von der rot-grünen Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder beschlossenen Einsatzes von AWACS-Aufklärungsflugzeugen mit Bundeswehrpersonal über dem Luftraum der Türkei im Jahr 2003 hätte die Bundesregierung vorher die Zustimmung des Parlaments einholen müssen. Das ist damals aber nicht geschehen.

    Nach Auffassung des Gerichts bestanden „greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine drohende Verstrickung in bewaffnete Auseinandersetzungen“ im Vorfeld des Irakkrieges. Insofern wurden die Rechte des Parlaments durch die Entscheidung der Bundesregierung verletzt.

    Das Bundesverfassungsgericht erörtert die militärische Lage vor dem Beginn des Irakkrieges in der Urteilsbegründung sehr detailliert. Zu dem genannten Zeitpunkt im Frühjahr des Jahres 2003 mehrten sich – so das Gericht – die Anzeichen für einen militärischen Angriff der Koalitionsstreitkräfte unter Führung der USA gegen den Irak. Das türkische Parlament beschloss jedoch am 1. März 2003, den Koalitionstruppen den Zugang zum Irak über türkisches Territorium nicht zu gestatten. Allerdings wurde der Luftraum als Ausgangspunkt für militärische Operationen gegen den Irak freigegeben. In dieser Situation erklärte der Irak, „jeder Verbündete der USA in der Region werde das Ziel irakischer Militäroperationen sein“. Die AWACS-Flugzeuge der NATO waren zwar nicht zur Teilnahme an kriegerischen Handlungen gegen den Irak ermächtigt, das Luftraumüberwachungssystem stellte „jedoch ein effizientes Instrument zur Sicherstellung der Leitung und Fernmeldeunterstützung für mögliche Luftkampfeinsätze“ dar. Einen von der FDP-Fraktion eingebrachten Entschließungsantrag, der darauf abzielte, den Einsatz dem Bundestag als Beschlussantrag vorzulegen, lehnte die Bundesregierung damals jedoch ab. Die FDP strengte daher in dieser Angelegenheit eine Organklage gegen die Bundesregierung vor dem Bundesverfassungsgericht an, deren Erfolg durch das heutige Urteil dokumentiert wird.

    Trotz einer weitreichenden Unabhängigkeit der Bundesregierung in der Gestaltung der internationalen Beziehungen im Rahmen der NATO und anderer Bündnisverpflichtungen, steht dem Parlament das letzte Wort zu, wenn es um bewaffnete Militäreinsätze zum Beispiel im Rahmen des NATO-Bündnisses geht. Insofern sei die Bundeswehr ein „Parlamentsheer“. Bei jedem Einsatz von Bundeswehrstreitkräften im Ausland bestehe ein „politisches Eskalations- oder doch Verstrickungspotential“. Jede militärische Auseinandersetzung könne letztendlich in einen Krieg münden. Andererseits verbleibt die Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung militärischer Operationen und der Bündnispolitik bei der Bundesregierung. Grundsätzlich bedarf auch nicht jeder Auslandseinsatz von vorneherein der Zustimmung des Bundestages. Das Gericht betont, dass es dafür „hinreichender greifbarer tatsächlicher Anhaltspunkte“ bedarf. Ein solcher „Anhaltspunkt für die drohende Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen“ besteht nach Auffassung des Gerichts, wenn die Soldaten der deutschen Bundeswehr „im Ausland Waffen mit sich führen und ermächtigt sind, von ihnen Gebrauch zu machen“. Für die Wahrung der Rechte des Deutschen Bundestages im Rahmen seiner Zuständigkeit ist dieser über die konkreten Einsatzplanungen „insbesondere auch […] die Operationsziele und die Reichweite der jeweiligen militärischen Befugnisse mit Blick auf eine potentielle militärische Auseinandersetzung“ zu informieren. Daraus resultiere eine umfassende Informationspflicht der Bundesregierung gegenüber dem Parlament, damit dieses zu einer konkreten militärischen Lagebeurteilung in die Lage versetzt wird.

    In diesem Zusammenhang beansprucht das oberste deutsche Gericht sich auch darüber ein Urteil zu bilden, ob ein militärisches Vorhaben sich im Rahmen der Verfassung bewegt oder nicht. „Die Frage, ob eine Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Unternehmungen besteht, ist gerichtlich voll überprüfbar.“

    Während die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger ebenso wie die Union das Bundesverfassungsgerichtsurteil als eine „klare Ohrfeige“ für die damalige rot-grüne Bundesregierung betrachteten, werteten Sprecher der SPD und der Grünen das Urteil als Niederlage für die Union. Das Sicherheitskonzept der Union sei mit dem Urteil nicht vereinbar. Dieses von den Unionsfraktionen im Deutschen Bundestag am 6. Mai 2008 beschlossene Konzept fordert „ein völlig neues Verständnis von Sicherheitspolitik“. Angesichts einer durch den internationalen Terrorismus veränderten Bedrohungslage, die als „asymmetrische Bedrohung“ bezeichnet wird, fordert die Union: „Die Verfolgung unserer Interessen und strategischen Ziele erfordert ein aktiveres, frühzeitiges, rasches, kohärentes und wenn nötig robustes Handeln.“ Dazu müssten die Einheiten der Bundeswehr auch „kurzfristig eingesetzt werden können. Dafür ist das Parlamentsbeteiligungsgesetz entsprechend anzupassen.“ Der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder wies den von SPD und Grünen erhobenen Vorwurf jedoch zurück; an eine Aushebelung der Parlamentsbeteiligung bei solchen Bundeswehreinsätzen sei nie gedacht gewesen.

  • Diskussionen.de
  • 30 April 2008

    Türkei entschärft nationalistische Strafnorm

    Ankara (Türkei), 30.04.2008 – Das türkische Parlament beschloss heute nach einer acht Stunden dauernden Debatte mit 250 zu 65 Stimmen eine Revision des berüchtigten Paragrafen 301 des türkischen Strafgesetzbuches, der die „Beleidigung des Türkentums“ unter Strafe stellte.

    Die Europäische Union hatte die Rechtsprechung in der Türkei, die sich auf diesen Paragrafen stützte, immer wieder kritisiert, weil er wiederholt dazu genutzt worden war, kritische Meinungsäußerungen unter Strafe zu stellen. Zuletzt war die türkische Rechtsanwältin Eren Keskin unter Berufung auf den Paragrafen 301 wegen Kritik am türkischen Militär zu sechs Monaten Haft verurteilt worden (Wikinews berichtete).

    Der heutige Beschluss schaffte den Paragrafen jedoch nicht einfach ab, sondern veränderte ihn so, dass er weniger Schaden anrichten kann. Nun heißt der entsprechende Straftatbestand nicht mehr „Beleidigung des Türkentums“, sondern „Beleidigung der türkischen Nation“. Außerdem wurde die vorgesehene Höchststrafe von drei auf zwei Jahre verringert, wodurch es möglich ist, die Strafe bei erstmalig im Sinne dieses Paragrafen straffällig Gewordenen zur Bewährung auszusetzen. Künftig muss auch der türkische Justizminister zustimmen, ob eine entsprechende Anklage erhoben werden kann. Die Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen solcher Verstöße soll so erschwert werden.

    Schriftsteller und Bürgerrechtler kritisierten die halbherzige Reform des Paragrafen. Sie befürchten, auch in Zukunft in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung beschnitten zu werden, zumal auch andere Bestimmungen des Strafgesetzbuches die Verfolgung Andersdenkender zulassen.

    09 April 2008

    BGH zu Betriebskostenabrechnungsfristen

    Kein Neubeginn der Abrechungsfrist für die Betriebskostenabrechnung durch Anerkenntnis des Mieters

    Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, ob der Vermieter Betriebskosten nachfordern kann, wenn er dem Mieter zwar vor Ablauf der gesetzlichen Abrechnungsfrist (§ 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB) keine formell ordnungsmäßige Abrechnung erteilt hat, der Mieter aber zuvor erklärt hat, er werde die Nachforderung begleichen.

    Dem heute verkündeten Urteil lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin ist Vermieterin einer von den Beklagten bis zum 31. Januar 2005 gemieteten Wohnung. Mit ihrem Kündigungsschreiben vom 25. Oktober 2004 baten die Beklagten die Klägerin, ihnen die noch ausstehenden Betriebskostenabrechnungen, unter anderem diejenige für das Jahr 2003, bis Ende März 2005 zukommen zu lassen. Mit Schreiben vom 5. November 2004 erteilte der Hausverwalter der Klägerin den Beklagten die Betriebskostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum 2003 mit einer Nachforderung von 602,84 €. Einer der Verteilerschlüssel war wie folgt erläutert: "Umlage nach Quadratmeter Wohnfläche*Monate". Dazu heißt es: "Gesamtsumme 3816,00", "Ihr Anteil 1176,00"; in der Zeile darunter war die Zahl "12,00" aufgeführt. Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten dem Hausverwalter im Dezember 2004 und Januar 2005 zugesagt, die Nachforderung zu begleichen. Anfang Februar 2005 machten die Beklagten geltend, die Betriebskostenabrechnung sei unverständlich. Daraufhin präzisierte der Hausverwalter mit Schreiben vom 23. März 2005 den Verteilerschlüssel.

    Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision hatte keinen Erfolg.

    Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Betriebskostenabrechnung vom 5. November 2004 unverständlich und damit formell nicht ordnungsmäßig ist. Dem durchschnittlichen Mieter erschließt sich nicht, dass die unter "Gesamtsumme" angeführte Zahl "3816,00" das Produkt aus der Gesamtwohnfläche des Hauses von 318,00 m² und den zwölf Monaten des Jahres sein soll. Ebenso wenig wird klar, dass sich die unter "Ihr Anteil" angegebene Zahl "1176,00" aus der Wohnfläche der vom Beklagten gemieteten Wohnung von 98,00 m² multipliziert mit zwölf Monaten ergeben soll.

    Die Korrekturabrechnung vom 23. März 2005 war für den Abrechnungsrechnungszeitraum 2003 verspätet, weil die Klägerin damit ihrer Verpflichtung aus § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB, die jährliche Abrechnung über die Vorauszahlungen für Betriebskosten spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen, nicht genügt hat. Daher war die Klägerin gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB mit der Nachforderung aus der korrigierten Abrechnung ausgeschlossen.

    Die einjährige Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB ist gemäß dem sich daran anschließenden Satz 3 eine Ausschlussfrist. Selbst wenn die Beklagten dem Hausverwalter im Dezember 2004 den Ausgleich der Nachforderung zugesagt haben sollten, hat die Ausschlussfrist damit nicht neu begonnen. Die für das Verjährungsrecht geltende Vorschrift des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB, wonach die Verjährung erneut beginnt, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch vor Ablauf der Verjährungsfrist anerkennt, findet auf die Ausschlussfrist für die Betriebskostenabrechnung keine entsprechende Anwendung. Der Zweck der Ausschlussfrist besteht darin, für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu sorgen. Dieser Zweck steht ihrer vollständigen Erneuerung entgegen.

    Soweit das Berufungsgericht ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis der Beklagten verneint hat, ist dies von der Revision nicht angegriffen worden.

    BGH-Urteil vom 9. April 2008 - VIII ZR 84/07
    AG Wermelskirchen - 2 C 141/05 - Urteil vom 29. August 2006
    LG Köln - 6 S 378/06 - Urteil vom 22. Februar 2007
    Karlsruhe, den 9. April 2008 Presseerklärung

    888 Tage unschuldig als "Mörderin" in Haft

    (R) Strafrichter Richter Peter Faust hatte im Jahr 2005 die inzwischen 52-jährige Arzthelferin Monika de M. als Mörderin ihres Vaters, Brandstifterin und als Versicherungsbetrügerin zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Sie kam für 888 Tage ins Frauengefängnis Pankow. Und doch war alles falsch und ihre Unschuld richterlich bestätigt, denn eine Zigarette ihres todkranken Vaters hatte den den Brand ausgelöst. - Gut, dass die Todesstrafe in Deutschland Vergangenheit ist.

    04 April 2008

    Novosti-Kommentar zum Freispruch Haradinajs

    Freispruch für Haradinaj: Ein Mafiaboss im Kosovo und kein Kriegsverbrecher?

    MOSKAU, 04. April (Michail Logvinov für RIA Novosti). Die mächtigen Mitstreiter von Haradinaj, die Zeugen von seinen Kriegsverbrechen zum Schweigen brachten, haben die Freilassung eines der bedeutendsten Mafiabosse erreichen können.

    Der ehemalige Premierminister des Kosovo, Ramush Haradinaj, gegen den das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag eine Anklage erhob, wurde freigesprochen.

    Überraschenderweise wurde auch der mitangeklagte Befehlshaber der gefürchteten Spezialeinheit der UCK, Black Eagles, Idriz Balaj, in sämtlichen Anklagepunkten für unschuldig erklärt. Allerdings sagte einer der anwesenden Richter, seiner Meinung nach hätte Balaj wegen Verstoß gegen das Kriegsrecht verurteilt werden müssen. Der Dritte im Bunde der Angeklagten war Lahi Brahimi, Leiter eines der Gefängnisse im Kosovo, er erhielt sechs Jahre Freiheitsstrafe.

    Der frühere Premierminister wurde der systematischen ethnischen Säuberungen, verbunden mit Verschleppung, Einkerkerung, Folterung und Vergewaltigung von Serben und Roma, aber auch mit den Serben "kollaborierenden" Albanern beschuldigt.

    Laut dem neuen Buch der früheren Chefanklägerin des Haager Tribunals, Carla Del Ponte, "Die Jagd. Ich und die Kriegsverbrecher", soll die UÇK im Kosovo Serben entführt und nach Albanien verbracht haben, wo ihnen Organe entnommen worden seien. Der Organhandel sei demnach neben Drogen- und Waffenhandel eine der Finanzierungsquellen der Freischärlerarmee gewesen. Allerdings könne keine der Seiten im Kosovo-Konflikt sich als Opfer darstellen.

    Berichte einiger Geheimdienste enthalten Informationen, die es ohne weiteres ermöglicht hätten, Ramush Haradinaj als Leiter eines organisierten Verbrechersyndikats vor Gericht zu bringen.

    So steht es in einem geheimen Bericht des Bundesnachrichtendienstes: "Die im Raum Decani auf Familienclan basierende Struktur um Ramush Haradinaj befasst sich mit dem gesamten Spektrum krimineller, politischer und militärischer Aktivitäten, die die Sicherheitsverhältnisse im gesamten Kosovo erheblich beeinflussen. Die Gruppe zählt ca. 100 Mitglieder und betätigt sich im Drogen- und Waffenschmuggel und im illegalen Handel mit zollpflichtigen Waren. Außerdem kontrolliert sie kommunale Regierungsorgane." [1] Laut KFOR stellt diese Gruppe "die mächtigste kriminelle Organisation" dar.

    Die Central Intelligence Unit (CIU), der Nachrichtendienst der Uno, berichtete von einem Überfall, an dem Haradinaj beteiligt war mit dem Ziel, einem rivalisierenden Clan 60 Kilogramm Kokain zu stehlen. Bevor er von UN-Polizisten verhört werden konnte, hat man ihn zu einem US-amerikanischen Militärstützpunkt mit einem italienischen Militärhubschrauber geflogen, steht im Bericht des Nachrichtendienstes.

    Im Bericht wird die Rolle zweier mutmaßlichen CIA-Agenten hervorgehoben. Und die UN-Beamten erhielten aus ihrem Hauptquartier in Pristina den Befehl, "auf Maßnahmen gegen Ramush Haradinaj zu verzichten", schreibt der deutsche Journalist Jürgen Roth [2].

    Nach diesem Vorfall wurde eindeutig klar, dass die Kaninchen-Schlange-Situation [3], in die sich erpressbare internationale Gemeinschaft hineinmanövrierte, einen langen Schatten auf die Friedensstiftung und Schaffung eines Rechtsraums im Kosovo werfen wird, denn die Rolle der Organisierten Kriminalität im Prozess der kosovarischen Staatsbildung ist schwerlich zu überschätzen. In Folge der ausgerufenen Unabhängigkeit vollzog sich die Verschmelzung von organisierter Kriminalität und kriminalisierter Staatlichkeit.

    Anscheinend braucht die UNMIK, unter derer Obhut das Semiprotektorat Kosovo steht, einen "Gangster in Uniform" wie Haradinaj, um mit Hilfe eines der mächtigsten Familienclans die "Ordnung" in der Region zu schaffen. Manche Beispiele zeugen ja von der Machbarkeit eines solchen Ordnungsmodells.

    Dennoch wird verantwortungslos übersehen, dass solche Multifunktionspersonen wie Ramush Haradinaj die Stabilität der Region eher untergraben als fördern.

    Die Rolle Kosovos sowie Bosniens als wichtigste Transitzentren in der internationalen organisierten Drogenkriminalität trotz der militärischer und nachrichtendienstlicher Präsenz der NATO und der EU in diesen UN-Protektoraten zeugen von der Ineffizienz der angewandten Lösungsansätze der internationalen Akteure.

    Die Kontinuität, mit der die führenden Politiker sich trotz vorhandener nachrichtendienstlicher Erkenntnisse für Haradinaj einsetzen, grenzt an Mittäterschaft. Betrachtet man die Situation im Kosovo aus der EU-Beitrittsperspektive Kosovos, so erscheint die Unterstützung für einen der mächtigsten Anführer eines der größten Verbrechersyndikats nicht nur als ineffizient, sondern als grobe Fahrlässigkeit.

    Die nachrichtendienstlichen Informationen über kriminelle Clans auf dem Balkan sind zwar keine Mangelware. Allerdings wird von den entsprechenden geheimen Berichten kein Gebrauch gemacht und sie verstauben in den Tresoren der bevollmächtigten Regierungsbeamten.

    Von einer "Gummiwand", gegen die sie immer wieder prallte, schreibt in diesem Zusammenhang Weltstaatsanwältin a. D. Carla Del Ponte. Gemeint ist das während der Ermittlungen vorherrschende Desinteresse der Vereinigten Staaten, vieler EU-Regierungen und der NATO an der objektiven Aufklärung der Verbrechen.

    Es ist vollkommen offensichtlich, dass das Verhalten führender UNMIK-Beamten und des Anwalts USA gegenüber dem angeklagten Ramush Haradinaj den Ausgang des Prozesses gewaltig beeinflusst hat.

    [1] Jürgen Roth: Rechtsstaat? Lieber nicht! Das Kosovo auf dem Weg in die Unabhängigkeit, abrufbar unter: http://www.weltwoche.ch/artikel/default.asp?AssetID=12373&CategoryID=73

    [2] Ebd.

    [3] Vgl.: Michail Logvinov: Kosovo: UN-Mission impossible, NATO hilflos, Rolle der USA kontraproduktiv, abrufbar unter: http://de.rian.ru/analysis/20080109/95925986.html

    Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der der RIA Novosti übereinstimmen.

    Zum Desaster bei UNICEF-Deutschland

    Nach den Rücktritten von Heide Simonis und weiteren Wohltätern erklärte gestern der kommissarische UNICEF-Deutschland-Vorsitzende Reinhard Schlagintweit den geschlossenen Rücktritt des gesamten Vorstandes, nachdem die Wirtschaftsprüfung weitere Unregelmäßigkeiten aufdeckte.

    Die Vorgänge bei UNICEF-Deutschland sind ein Spiegelbild der Gesellschaft, die ihre Eliten aus der persönlichen Haftung für ihr politisches und wirtschaftliches Handeln entlässt, denn die "Rücktritte", mit denen UNICEF-Deutschlad und Konzerne die Vertretenen abspeist, werden dem Verantwortungserfordernis nicht annähernd gerecht, sondern sind, als würde jemand nach einer Verschuldung zum Gläubiger sagen: "Ich trete von den Schulden zurück." - Wenn es damit getan ist, dann lohnt das Schuldenmachen.

    Die Gesetze geben eigentlich mehr Haftung her, kommen aber gegen die Eliten nicht zur Anwendung, dass die Vertreter für schlechte Vertretung den Vertretenen im Innenverhältnis haften. Und zwar in Gänze ihres Vermögens, wenn sie ihre Kompetenzen überschritten oder schuldhaft die Wahrnehmung unterließen.

    Wer sich solche "Durchhaftung" ersparen will oder nicht leisten kann oder die Vertretenen im verschuldeten Schadensfall nicht im Regen stehen lassen will, müsste (wie ich) in eine Vermögenshaftpflichtversicherung einzahlen, die allerdings bei grober Fahrlässigkeit wiederum Rückgriff beim Versicherungsnehmer nehmen sollte, da einzig die persönliche Haftung Verantwortlichkeit bringt.

    Ich werde weiterhin für UNICEF spenden und werben, denn sonst stehen laufende Hilfsprojekte vor dem Aus und "Kinder haften für ihre Wohltäter".

    Die Konsequenz aus dem Desaster muss für UNICEF-Deutschland lauten, dass die Verträge mit dem neuen Vorstand persönliche Durchhaftung vorsehen. Wem dann das Amt keinen Spaß macht, der wollte nur den Titel, nicht die Arbeit, soll sich andere Jobs suchen.

    -msr- >> Diskussion

    03 April 2008

    BGH hebt NPD-Freisprüche auf

    Freispruch eines NPD-Funktionärs teilweise aufgehoben

    Das Landgericht Dresden hat den Angeklagten vom Vorwurf der mehrfachen Volksverhetzung, Gewaltverherrlichung und weiterer Straftaten freigesprochen.

    Nach seinen Feststellungen ist der Angeklagte seit seinem 14. Lebensjahr in politisch rechtsgerichteten Organisationen und Parteien aktiv sowie seit dem Jahre 1998 Mitglied des Bundesvorstands der NPD. Im Jahre 1993 machte er sich mit dem Handel von CDs selbstständig. Im Januar 1998 brachte er sein Unternehmen in die der NPD nahe stehenden "Deutsche Stimme Verlags Gesellschaft mbH" ein. Dort war er zunächst als Produktionsleiter angestellt und für alle Artikel verantwortlich, die der Verlag vertrieb; seit dem Jahre 2004 ist er einer von zwei Geschäftsführern. Der Angeklagte hatte bei der Auswahl der CDs freie Hand und trug die Verantwortung für die rechtliche Seite der Produktionen. Dabei war ihm klar, dass sich die von dem Verlag unter seiner Leitung vertriebenen Liedtexte teilweise am Rande der Legalität bewegten.

    Die Staatsanwaltschaft hat wegen des Inhalts von acht CDs, die bei einer Durchsuchung der Räumlichkeiten der "Deutsche Stimme Verlags Gesellschaft mbH" im März 2003 sichergestellt wurden, Anklage erhoben. Das Landgericht hat den Freispruch des Angeklagten damit begründet, dass teilweise schon die Voraussetzungen des objektiven Tatbestands der jeweils in Betracht kommenden Strafvorschriften nicht gegeben seien; teilweise hat es angenommen, der Angeklagte habe sich aufgrund anwaltlicher Beratung über die Strafbarkeit seines Verhaltens geirrt

    Auf die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (Staatsschutzsenat) den Freispruch des Angeklagten in drei Fällen bestätigt. Hinsichtlich der weiteren fünf Taten hat er das Urteil aufgehoben, weil der Angeklagte objektiv gegen Strafvorschriften verstoßen hat und der ihm jeweils zugebilligte Irrtum nicht fehlerfrei festgestellt worden ist. Das Landgericht Dresden muss nunmehr die Sache in diesem Umfang erneut verhandeln und entscheiden.

    Urteil vom 3. April 2008 – 3 StR 394/07
    Landgericht Dresden - 14 KLs 201 Js 68742/01 – Entscheidung vom 07.03.2007
    Quelle BGH-Presseerklärung

    26 März 2008

    Mitarbeiterüberwachung bei LIDL

    26.03.2008 wikinews – Laut der Zeitschrift Stern ließ der deutsche Lebensmitteldiscounter Lidl seine Arbeitnehmer mittels Videokameras überwachen und Details aus deren Privatleben protokollieren. So soll beispielsweise in den Protokollen festgehalten worden sein, welcher Mitarbeiter wie häufig die Toilette aufsuchte und zwischen wem Liebesverhältnisse existieren.

    Dabei wurden regelmäßig von beauftragten Detektiven fünf bis zehn Kameras in einer Filiale installiert. Den Filialleitern wurde mitgeteilt, es handele sich um ein Mittel zum Aufspüren von Ladendieben. Seitens Lidl wurden diese Maßnahmen bestätigt. Der Konzern betonte dazu, dass die erstellten Protokolle „nicht der Mitarbeiterüberwachung, sondern der Feststellung eventuellen Fehlverhaltens“ dienen würden.

    Vom Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar wurde das Vorgehen des Unternehmens als ein schwerer Verstoß gegen das Datenschutzgesetz gewertet: „Ich gehe davon aus, dass, wenn solche Vorgänge bekannt werden, die zuständige Datenschutzbehörde tätig wird und Ermittlungen einleitet.“

    Bereits zuvor wurde Lidl von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi stark wegen Ausbeutung und Bespitzelung der Arbeitnehmer kritisiert.

    18 März 2008

    Pressefreiheit: DJV begrüßt Urteil zu Promi-Fotos

    18. Mär. 2008 – Der Deutsche Journalisten-Verband wertet das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Bildberichterstattung über Prominente als eine Stärkung der Pressefreiheit. „Bei dem gebotenen Respekt vor dem individuellen Persönlichkeitsschutz haben die Karlsruher Richter die Berichterstattungsfreiheit der Medien herausgehoben“, erklärte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. „Damit ist klar, dass Berichte über das Privatleben von Prominenten grundsätzlich erlaubt sind.“
    Das Bundesverfassungsgericht hatte über den Fall der Zeitschrift 7 Tage gegen Prinzessin Caroline von Hannover zu urteilen (Az. 1 BvR 1602/07, 1 BvR 1606/07 und 1 BvR 1626/07). Die Zeitschrift hatte gegen das Verbot geklagt, einen Bericht über die Vermietung von Carolines Ferienvilla zu bebildern. Das Verfassungsgericht hat dieses Verbot in seinem Urteil als unvereinbar mit der Pressefreiheit bezeichnet. Auch Unterhaltung sei von der Pressefreiheit geschützt. In Fotos von der Ferienvilla sah das Gericht keinen Eingriff in die geschützte Privatsphäre Prominenter. Wörtlich heißt es in der Gerichtsentscheidung: „Von der Pressefreiheit ist die Befugnis der Massenmedien umfasst, selbst zu entscheiden, was sie für berichtenswert halten. Dabei haben sie den Persönlichkeitsschutz Betroffener zu berücksichtigen.“
    „Das Urteil trägt hoffentlich dazu bei, dass die Klagewelle Prominenter gegen Medien abebbt“, sagte Konken. „Es hat deutlich gemacht, dass auch künftig die Entscheidung über eine Berichterstattung von der Redaktion und nicht von den Promis getroffen wird.“ Journalistinnen und Journalisten arbeiteten verantwortungsvoll genug, um die notwendige Abwägung zwischen Persönlichkeitsschutz und Berichterstattungsinteresse in der Praxis vorzunehmen.

    Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:
    Hendrik Zörner

    16 März 2008

    Internetkriminalität nimmt zu

    Osnabrück (Deutschland), wikinews 16.03.2008 – In einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung bezeichnete der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Zierke, die Zunahme der Fälle, bei denen Daten auf privaten Computern von Kriminellen ausgespäht werden, als größtes Problem in Bezug auf den Missbrauch des Internets. An vorderster Stelle stehe dabei die Methode des Phishings, bei der die Täter sich die Herausgabe von PIN- und TAN-Nummern für das Onlinebanking erschleichen, indem sie sich als Beauftragte der Banken ausgeben. Im Jahr 2007 seien 4200 Phishing-Fälle registriert worden, gegenüber dem Vorjahr sei das eine Steigerung um 20 Prozent. Auch die durchschnittliche Schadenshöhe steige dabei an. Während im Jahr 2006 im Durchschnitt ein Schaden von 2500 Euro pro Phishing-Fall entstand, waren es im Jahr 2007 bereits 4000 bis 4500 Euro. Die Situation sei inzwischen dramatisch: „Nach Schätzungen sind heute mehr als 750.000 Computer in Deutschland mit Schadprogrammen infiziert, etwa 150.000 Rechner werden von Kriminellen unbemerkt ferngesteuert.“ Den Computernutzern rät er dringend, sich um den Schutz der Daten auf dem heimischen PC zu bemühen.

    Eine weitere Erscheinung mit Bezug zur Computerkriminalität nehme ebenfalls stark zu: die Nutzung von Computern und des Internets zur Verbreitung von Kinderpornografie. Dieser Bereich der Kriminalität sei in den letzten Jahren dramatisch gewachsen: „So haben wir zum Beispiel in einem Verfahren in Deutschland fast 240.000 Zugriffe auf 4600 kinderpornografische Dateien festgestellt.“

    11 März 2008

    BVerfG gegen automatisierte Kennzeichenerfassung

    Karlsruhe (Deutschland), wikinews 11.03.2008 – Die in den deutschen Bundesländern Hessen und Schleswig-Holstein geltenden gesetzlichen Regelungen zur automatisierten Kennzeichenerfassung bei Kraftfahrzeugen sind vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe heute für nichtig erklärt worden. Die Beschwerdeführer waren Kraftfahrzeughalter, die in diesen beiden Bundesländern mit ihren Fahrzeugen unterwegs sind und in der Praxis des Scannens der Kfz-Kennzeichen einen Eingriff in ihr Grundrecht auf informationelle Selbststimmung sahen.

    Das höchste deutsche Verfassungsgericht begründete seine Entscheidung vor allem mit der inhaltlichen Unbestimmtheit der Regelungen sowie der Unverhältnismäßigkeit der Datenerfassung im Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) sowie im Landesverwaltungsgesetz (LWG) von Schleswig-Holstein.

    Kritisiert wird erstens die Tatsache, dass die erhobenen Daten nach einem entsprechenden Abgleich nicht sofort wieder gelöscht werden, sondern längere Zeit im Datenbestand verbleiben. In Verbindung mit dem zweiten Punkt, der unklaren Zweckbestimmung der Datenerhebung, wird damit der Erstellung von Bewegungsprofilen oder anderen nicht genauer definierten polizeilichen Fahndungszwecken Tür und Tor geöffnet.

    Dabei hat das Gericht keine prinzipiellen Einwände gegen eine automatisierte Erfassung von Kfz-Kennzeichen, wenn diese Daten einem genau definierten Zweck dienten und nach einem unverzüglichen Datenabgleich sofort wieder gelöscht würden. Daher liegt nach der Rechtsauffassung des Gerichts in der geltenden Praxis in Hessen und Schleswig-Holstein ein Eingriff in die Grundrechte vor. Die gespeicherten Daten stünden bei dieser Praxis der beliebigen „Auswertung durch staatliche[n] Stellen zur Verfügung“. An dieser Stelle beginnt daher – so die Urteilsbegründung – auch eine „spezifische Persönlichkeitsgefährdung für Verhaltensfreiheit und Privatheit“. Als rechtlich korrekt verweist das Gericht auf die entsprechenden Regelungen im Bundesland Brandenburg.

    FDP gegen Vorabkontrolle von Internet-Diskussionen

    FDP warnt vor Einschränkung der Pressefreiheit durch Vorabkontrolle von Kommentaren

    Berlin (Deutschland), wikinews 11.12.2007 – Die FDP setzt sich gegen eine Vorabkontrolle von Kommentaren in Weblogs und Internetforen ein. Hintergrund der Forderung ist ein Urteil des Hamburger Landgerichts, in dem Stefan Niggemeier verpflichtet wird, künftig Blogkommentare zu prüfen. Niggemeier hatte in seinem Blog über einen Call-in-TV-Sender berichtet, wobei rechtswidrige Kommentare von Lesern eingestellt wurden.

    FDP-Politiker und Medienexperte Hans-Joachim Otto sieht durch das Urteil die Presse- und Meinungsfreiheit in Deutschland gefährdet. Er machte die Bundesregierung aufmerksam, das Telemedienrecht zu verändern. Ein entsprechender Antrag der FDP wurde jedoch vor einigen Monaten abgelehnt. Vom Gericht geforderte Überwachungsmaßnahmen für in den Bereich des Artikel 5 Grundgesetzes fallende Internetseiten wie Foren und Blogs sollten gesetzlich untersagt werden, so die Forderung des Medienexperten.

    Stefan Niggemeier befürchtet „das Ende der offenen Diskussion in Foren, Blogs und Online-Medien“, falls sich „das Rechtsverständnis des Hamburger Landgerichts, wie es sich in vielen Entscheidungen zeigt, durchsetzen“ wird.