27 März 2008

Chaos-Welt der Energiemärkte

Russland und Ukraine verstricken sich im Geflecht des Gashandels - Russlands Presse

MOSKAU, 29. Februar (RIA Novosti). Die Ukraine als Wirtschaftspartner gleicht zunehmend Iran. Kiew will bereits verbrauchtes Gas nicht bezahlen, ebenso wie Teheran einst den AKW-Bau nicht bezahlen wollte, schreiben russische Zeitungen am Freitag.

Damals versuchte Teheran ebenfalls Moskau davon zu überzeugen, dass die Dienstleistungen bezahlt worden seien, doch bestätigte Rosatom (Russische Energiebehörde) den Empfang des Geldes nicht. Als die Diskussion die politische Ebene erreichte, wurde das Geld für die AKW-Bauarbeiten dennoch erhalten.

Bei Wunsch könnte wahrscheinlich der am abermaligen Gaskonflikt zwischen Kiew und Moskau Schuldige gefunden - das heißt, es könnte berechnet werden, wer nicht das Nötige bezahlt, wer nicht das Nötige geliefert, wer die mündlichen Abmachungen nicht in Dokumenten festgehalten hat. Es ist jedoch völlig offenkundig: Die ständigen Konflikte gehen darauf zurück, dass die Lieferverfahren nicht transparent sind.

In der Händlerkette Naftogas - Ukrgasenergo - Rosukrenergo - Gazprom können die einen nicht Gas, die anderen nicht das Geld finden. Jede Seite legt die Situation auf ihre Art aus. Zudem sind die Teilnehmer an den Verhandlungen zahlreich. Selbst als die Situation auf die Ebene der Staatsoberhäupter erhoben wurde, konnte ihre Zahl nicht radikal gekürzt werden: Wenn es Viktor Juschtschenko gelingt, sich mit Julia Timoschenko zu einigen, erreicht er keine Einigung mit Wladimir Putin. Wenn sich Putin und Juschtschenko einig sind, muss man sich auf Probleme seitens Timoschenkos gefasst machen.

Bei ihren Moskauer Verhandlungen kamen die Präsidenten überein, die einen Vermittler durch andere zu ersetzen: Statt Rosukrenergo und Ukrgasenergo sollen zwei Gemeinschaftsunternehmen von Gazprom und Naftogas gegründet werden. Im Ergebnis wird Gazprom statt eines 25-prozentigen Anteils an Ukrgasenergo letztendlich 50 Prozent am ukrainischen Absatz bekommen.

Man könnte die Situation dahingehend einschätzen, dass Gazprom diese Runde gegen die Ukraine gewonnen hat. Aber Gazprom kann nicht die Ukraine und Naftogas nicht Russland besiegen: Die Länder sind souverän. Und genauso wie Russland die Bedingungen des Product-Sharing-Abkommens einseitig verändern kann, kann die Ukraine die kommerziellen Abkommen mit einem ausländischen Partner abblocken, falls sie zu dem Schluss kommt, dass sie ihre Wirtschaftssicherheit gefährden.

Solche Schlüsse sind Sache des jeweiligen an der Macht befindlichen Politikers. Eine solche Blockade ist ein Skandal, der von den Gasverbrauchern in Europa nicht unbemerkt bleibt. Die Überwindung eines solchen Skandals mittels Ultimaten und Gashähne könnte ernste politische Nachteile nach sich ziehen. Die Überwindung eines solchen Skandals mit Hilfe von Dokumenten ist kompliziert, weil das Schema unübersichtlich ist. Ob es durch den Austausch eines Vermittler durch einen anderen transparenter wird, ist fraglich.