02 März 2008

Russland wählte Putins Wunschkandidat

Moskau (Russland), wikinews 02.03.2008 – Am heutigen Sonntag finden in der russischen Föderation die Wahlen des neuen Staatspräsidenten statt.

Als einziger ernstzunehmender Kandidat für die Nachfolge des Amtsinhabers Wladimir Putin gilt dabei dessen Vertrauter Dmitri Medwedew. Medwedew und Putin lernten sich im damaligen Leningrad (heute Sankt Petersburg) kennen, wo Putin in den 1990er-Jahren mehrere politische Ämter innehatte.

Eine eigene erneute Kandidatur Putins bleibt diesem aufgrund der russischen Verfassung verwehrt, die in Artikel 81, Absatz 3, vorsieht, dass eine Person nicht mehr als zwei zusammenhängende Amtsperioden das Präsidentenamt ausüben darf. Analysten sehen daher die Nominierung Medwedews unter anderem durch die Partei „Einiges Russland“ als Reaktion darauf. So soll Putin nach einer Wahl Medwedews zum Präsidenten das (theoretisch wesentlich unbedeutendere) Amt des russischen Ministerpräsidenten einnehmen. Der Journalist Adrian Blomfield des konservativen „Daily Telegraph“ sieht dies als typisches Beispiel der „gelenkten Demokratie“ in Russland.

Die voraussichtliche Übernahme des Ministerpräsidentenamtes durch Putin sorgte insbesondere deswegen für Erstaunen, da unter seiner Amtszeit die Machtstellung des Präsidenten noch weiter ausgebaut wurde. Die Interpretationen der Beobachter decken hier eine weite Spanne ab: Manche gehen davon aus, dass Medwedew als „Marionette“ Putins installiert werden soll, durch den es Putin ermöglicht werden solle, das Präsidentenamt 2012 wieder einzunehmen. Dies würde die russische Verfassung gestatten, da lediglich drei zeitlich direkt aufeinander folgende Amtszeiten eines Präsidenten verboten sind. Andere wiederum denken jedoch, Putin wolle Medwedew durch sein Wirken als Ministerpräsident lediglich Rückendeckung geben und ihn so zu seinem Nachfolger, der seine Politik weiter vertritt, ausbauen.

Dass es Medwedew morgen gelingen wird, die Wahlen zu gewinnen, wird dabei kaum bezweifelt. Zwar treten der Kommunist Gennadi Sjuganow, der Ultra-Nationalist Wladimir Schirinowski und Andrei Bogdanow der Demokratischen Partei Russlands gegen ihn an. Dennoch liegt Medwedew laut Beobachtern bei der Wählergunst ganz vorne. Dies sei aber nicht auf Medwedew als Person zurückzuführen, sondern auf seinen Rückhalt durch Putin. So berichteten die „Schaumburger Nachrichten“ von einer Umfrage des unabhängigen Lewada-Meinungsforschungsinstituts, nach der nur 19 Prozent der Befragten davon ausgehen, dass Medwedew selbstständig handeln werde. 80 Prozent sei der Wahlkampf Medwedews egal. Medwedew sei jedoch auch durch eine sehr hohe Medienpräsenz im russischen Fernsehen, das oftmals indirekt von der Regierung kontrolliert werde, bekannt gemacht worden. Seine Rivalen hätten dagegen weitaus weniger Medienpräsenz genossen.

Währenddessen berichtete die britische Zeitung „The Guardian“, sie sei über geplante Manipulationen bei den Wahlen informiert worden. Ziel der Manipulationen sei es insbesondere, die Wahlbeteiligung zu schönen. Dies werde Medwedews Legitimität erhöhen. Die Wahl selber, so der Guardian, würde er aber wohl auch so gewinnen.

Optimisten dagegen hoffen, dass Medwedew seinem Ruf, liberaler als Putin zu sein, gerecht wird und das Land wieder etwas nach außen öffnet.