11 März 2008

Wahlen in Malaysia: Umbruch nach 50 Jahren?

Kuala Lumpur (Malaysia), wikinews 11.03.2008 – Die seit fast fünfzig Jahren unangefochten regierende Koalition von Ministerpräsident Abdullah Badawi erlitt bei den Parlamentswahlen vom Samstag eine erdrutschartige Niederlage. Zwar ließ sich Badawi gestern bei einer feierlichen Zeremonie im Königspalast in der Hauptstadt Kuala Lumpur erneut vereidigen, der Börseneinbruch vom Montag um fast 10 Prozent – der Handel musste für eine Stunde ausgesetzt werden – weist jedoch nach Ansicht politischer Beobachter auf die tiefe Verunsicherung hin, die das Wahlergebnis hinterlassen hat. Erstmals seit 1969 verfehlte das Bündnis „Barisan Nasional“ (Nationale Front) die verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit. Sie verfügt jetzt über 137 von 222 Sitzen im Parlament. Bei der letzten Wahl hatte das Bündnis noch 91 Prozent der Sitze gewonnen. Vier Bundesstaaten gingen an die Opposition, die jetzt in fünf Bundesstaaten das Sagen hat.

Der Opposition ist insbesondere die sogenannte New Economic Policy (NEP = Neue Ökonomische Politik) ein Dorn im Auge, die die ökonomische Absicherung des inzwischen rund 60 Prozent der Bevölkerung umfassenden malaiischen Bevölkerungsanteils gewährleisten soll. Die chinesischen und indischen Minderheiten sowie auch weniger privilegierte Malaien fühlen sich durch diese Politik diskriminiert. Die NEP wird damit gerechtfertigt, dass die Malaien früher gegenüber insbesondere den Chinesen ökonomisch in Rückstand geraten waren. Die NEP entstand nach den gewaltsamen Rassenunruhen am 13. Mai 1969 und sollte die wirtschaftliche Ungleichheit bekämpfen. Inzwischen ist diese Politik nach Ansicht der Opposition jedoch überholt und dient nur noch dem Schutz einer privilegierten Minderheit, an die unter anderem bevorzugt Staatsaufträge vergeben und Nachlässe bei Grundstückskäufen gewährt werden. Die Oppositionsparteien haben angekündigt, dass sie in den von ihnen beherrschten Landesteilen mit der NEP Schluss machen wird. „Wir werden die staatliche Verwaltung frei von der ‚Neuen Ökonomischen Politik‘ betreiben, die Vetternwirtschaft, Korruption und systematische Ineffektivität erzeugt“, erklärte Lim Guan Eng, ein gebürtiger Chinese, der am Dienstag als leitender Minister des chinesisch dominierten Landesteils Penang vereidigt wurde, in dem sich das industrielle Zentrum des Landes befindet.