Entschließung für die Teilnahme an den Olympischen Spielen
Der DOSB betrachtet mit großer Aufmerksamkeit und Sorge die Entwicklung in Tibet und in angrenzenden Provinzen.
Der DOSB hat die daraus entstandene Diskussion um einen Olympia-Boykott unter Berücksichtigung aller Beiträge verfolgt.
Der DOSB hat zur Kenntnis genommen, dass sich der Generalsekretär der Vereinten Nationen ebenso gegen einen Olympia-Boykott gewandt hat wie die Bundesregierung und führende Vertreter der im Bundestag vertretenen Parteien.
Der DOSB hat die Erklärungen des Dalai Lama, der sich entschieden gegen einen Olympia-Boykott ausgesprochen und beide Seiten zum Verzicht auf Gewalt aufgerufen hat, in seine Überlegungen einbezogen.
Der DOSB hat auch die Fragen eines Olympia-Boykotts mit den Menschenrechtsorganisationen „amnesty international“ und „human rights watch“ erörtert. Beide haben sich bei aller Kritik an der Lage der Menschenrechte in China dabei klar gegen einen Olympia-Boykott ausgesprochen. Der DOSB hat beide Organisationen eingeladen, an der Erstellung von Informationsunterlagen für die Mitglieder seiner Olym-piamannschaft mitzuwirken.
Der DOSB ist sich darüber hinaus der Regel 28.3 der für ihn verbindlichen Olympi-schen Charta bewusst, die ihn zur Teilnahme an den Olympischen Spielen verpflichtet.
Der DOSB ist der Ansicht, dass die Rolle des Sports die Förderung des Dialogs und der Verständigung ist. Seine Aufgabe ist es, Brücken zu bauen, nicht Mauern zu errichten. Deshalb taugt der Sport nicht als politisches Druckmittel. Der Sport ist nicht in der Lage, Probleme zu lösen, die weder die Vereinten Nationen noch einzelne Regierungen in jahrzehntelangen Anstrengungen bewältigen konnten.
Die Olympischen Spiele lenken in besonderem Maße die Aufmerksamkeit der Welt-öffentlichkeit auf das Gastgeberland. Diese erhöhte Aufmerksamkeit erlaubt es Re-gierungen und den sachkundigen Nicht-Regierungsorganisationen, mit noch größerem Nachdruck für ihre Ziele und für die Wahrung der Menschenrechte einzutreten.
Ein Olympia-Boykott würde daher sowohl Sinn und Zweck des Sports widersprechen als auch den zur Durchsetzung dieser Anliegen notwendigen Dialog unterbinden.
Das bestätigen auch die bisherigen Erfahrungen. Olympia-Boykotte haben sich in der Vergangenheit als äußerst erfolglos erwiesen. So hat der Boykott der Olympischen Spiele 1980 in Moskau auch durch die Mannschaft der Bundesrepublik Deutschland nicht die geringste positive Auswirkung auf die militärische Invasion Afghanistans durch die damalige Sowjetunion bewirkt. Dies wird inzwischen selbst von den damals für den Boykott Hauptverantwortlichen anerkannt.
Nach Abwägung mit weiteren Stellungnahmen erklärt der DOSB als die verantwortliche Organisation für die deutsche Beteiligung an Olympischen Spielen:
1. Der DOSB bekräftigt seine Erklärung „Olympische Spiele in Peking und Menschenrechte in China“ vom 22. Mai 2007, in der er u.a. feststellt:
a) Der DOSB ist den Menschenrechten verpflichtet.
b) Dem DOSB ist bewusst, dass die Menschenrechtssituation in China trotz feststellbarer Verbesserungen in den letzten Jahren nach wie vor nicht zu-friedenstellend ist.
c) Der DOSB hat weder Regierungsfunktion, noch ist er eine politische Orga-nisation.
2. Der DOSB verurteilt jede Form von Gewalt als den Prinzipien des Sports widersprechend.
3. Der DOSB ruft alle Beteiligten in Tibet und den angrenzenden Provinzen zum Dialog und zu einem sofortigen Gewaltverzicht auf.
4. Der DOSB stellt fest, dass während der Olympischen Spiele aufgrund der Akkreditierung durch das Internationale Olympische Komitee bis zu 25 000 Vertreter der Medien nach China einreisen und von dort frei berichten können. Der DOSB erwartet, dass diese dem Internationalen Olympischen Komitee gegebene Zusage in vollem Unfang erfüllt wird.
5. Der DOSB begrüßt, dass aufgrund der Olympischen Spiele nahezu eine Million Menschen allein in Peking Fremdsprachen lernen und daher mit den mehreren Hunderttausenden von ausländischen Besuchern direkt kommunizieren können.
6. Der DOSB weist darauf hin, dass durch ein Olympisches Bildungsprogramm bis zu 400 Millionen chinesischer Kinder und Jugendlicher mit dem Olympischen Sport und seinen Werten vertraut gemacht werden.
7. Der DOSB betont, dass gerade in politisch kritischen Situationen die von den Olympischen Spielen ausgehende Botschaft eines gewaltfreien Wettkampfs und des Dialogs von Athleten aus allen 205 Nationalen Olympischen Komitees dieser Welt besonders wichtig ist.
8. Der DOSB wird seine Position, wie bereits mehrfach geschehen, auch weiterhin in Gesprächen mit Verantwortlichen des chinesischen Sports erörtern.
9. Der DOSB bekennt sich zum Prinzip des „Mündigen Athleten“. Jedem Mitglied der DOSB Olympiamannschaft wird es im Rahmen der Regeln der Olympischen Charta möglich sein, seine Meinung vor, während und nach den Olympischen Spielen frei zu äußern.
10. Der DOSB wird deshalb nach Abwägung aller Argumente und in Wahrnehmung seiner Verantwortung gegenüber den Athleten eine Mannschaft zu den Olympischen Spielen 2008 entsenden.
Diese Entschließung wurde vom Präsidium des DOSB gefasst und wird mitgetragen von der Vorsitzenden der Konferenz der Spitzenverbände, dem Sprecher der Konferenz der Landessportbünde und der Vorsitzenden der Konferenz der Verbände mit besonderen Aufgaben..
Frankfurt am Main, den 24. März 2008
Thomas Bach Michael Vesper
Präsident Generaldirektor
24 März 2008
DOSB pro Olympia-Teilnahme
Labels:
China,
Menschenrechte,
Presseerklärung,
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