15 Mai 2008

Dalai Lama in Deutschland eingetroffen

Berlin (Deutschland), 15.05.2008 – Der tibetische Mönch Tenzin Gyatso, bekannter als der „Dalai Lama“, traf am Donnerstag früh auf dem Frankfurter Flughafen zu einem fünftägigen Besuch in Deutschland ein. Hier wurde er zunächst von dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch in Empfang genommen.

Bei seiner Ankunft in Deutschland wiederholte der Dalai Lama die bereits mehrfach vorgetragene Forderung der Tibeter nach mehr Autonomie. Den Vorwurf der chinesischen Regierung, er wolle eine Loslösung Tibets von China, wies er erneut zurück. Ziel der bereits begonnenen Gespräche mit der chinesischen Führung sei aus seiner Sicht die Gewährung eines Autonomie-Statuts, das mehr kulturelle und religiöse Freiheiten für Tibet enthält.

Der Dalai Lama war bereits 20-mal in Deutschland. Der gegenwärtige Besuch steht jedoch unter besonderer Beachtung der politischen Öffentlichkeit, da er in einer Zeit stattfindet, da China wegen seiner Tibetpolitik unter heftiger Kritik der internationalen Gemeinschaft steht. In den chinesischen Massenmedien wird der Dalai Lama – das im indischen Exil lebende religiöse Oberhaupt der Tibeter – als eine Art Staatsfeind betrachtet, der für die zum Teil blutigen Unruhen im März in Tibet direkt verantwortlich gemacht wird. Bereits der Empfang des Dalai Lama im September durch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte für kurzfristige Verstimmungen in den deutsch-chinesischen Beziehungen gesorgt. Auch jetzt machte die chinesische Regierung unmissverständlich klar, dass sie einen Empfang des Dalai Lama durch ein Mitglied der deutschen Bundesregierung als Affront ansieht. Die chinesische Botschaft warnte die Bundesregierung, „die Ein-China-Politik strikt einzuhalten, damit eine stabile Entwicklung der bilateralen Beziehungen möglich bleibt“. Überhaupt betrachtet man seitens der chinesischen Staatsführung eine Einreiseerlaubnis für den Dalai Lama als Belastung der Beziehungen. Der chinesische Botschafter intervenierte auch direkt gegen ein geplantes Treffen des Dalai Lama mit Parlamentariern des Deutschen Bundestages.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte ein Treffen mit dem Dalai Lama absagen lassen. Eine Absage aus Termingründen kam auch vom deutschen Bundespräsidenten, Horst Köhler. CDU-Politiker forderten dagegen öffentlich einen Empfang des Dalai Lama durch einen Vertreter der Bundesregierung und kritisierten die Haltung Steinmeiers. Unterstützung für die Haltung Steinmeiers kam vom Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), der in einem Zeitungsinterview die Kritik, der Außenminister unterstütze das Anliegen der Tibeter nicht ausreichend, mit den Worten zurückwies, „aus dem Umstand, dass er dies nicht tut, zu folgern, der Außenminister unterstütze die tibetischen Anliegen nicht, wird seinen Bemühungen nicht gerecht“. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt dieses Mal jedoch nicht als Gesprächspartnerin in Frage, da sie sich zu Staatsbesuchen in Südamerika aufhält. Dennoch scheint sie darauf Einfluss genommen zu haben, dass trotz ihrer Abwesenheit ein Mitglied der Bundesregierung mit dem tibetischen religiösen Führer zusammentrifft. Am Montag ist ein Treffen mit der deutschen Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), vorgesehen. Die SPD reagierte verstimmt. Das Treffen sei ohne Wissen des deutschen Bundesaußenministers und auch ohne Information der SPD-Bundestagsfraktion zustande gekommen. Auch der SPD-Verteidigungsexperte Jörn Thießen übte scharfe Kritik an dem Treffen mit Wieczorek-Zeul. Er bezeichnete es als „einen schweren Fehler der deutschen Außenpolitik“.

Das Zusammentreffen der Ministerin Wieczorek-Zeul begrüßte der hessische Ministerpräsident Roland Koch vor diesem Hintergrund dagegen ausdrücklich: „Es ist wichtig, dass die Bundesregierung damit klarstellt, dass das nachhaltige Interesse der Bundesregierung an der derzeitigen Situation in Tibet nicht in Frage gestellt wird.“

Nach seinem Zusammentreffen mit dem hessischen Ministerpräsidenten traf der Dalai Lama in Bochum mit dem Präsidenten des Deutschen Bundestages, Norbert Lammert (CDU), und später mit dem Ministerpräsidenten des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers, zusammen. Die Regierungschefs der beiden Bundesländer, Hessen und Nordrhein-Westfalen, betonten nach den Gesprächen die Wichtigkeit des begonnenen Dialoges der chinesischen Führung mit Vertretern der Exilregierung.