06 Mai 2008

16,4 % Diäten-Erhöhung innerhalb von drei Jahren

Ohne mühseliges Vorgeplänkel in TV-Talkshows und sonstiger Öffentlichkeitsarbeit überraschte der Bundestag heute mit einer neuerlichen Diätenerhöhung um 6 Prozent und für die Bundesregierung noch gesondert auch rückwirkende Zuzahlungen.

Von "Diätenerhöhung" ist nicht die Rede, weil "Diätenanpassung" netter klingt.
Die "Anpassung" sei an die "Tarifentwicklung im Öffentlichen Dienst angelehnt".

Erinnerungshalber: Als sich der Bundestag erst vor wenigen Monaten (November 2007) eine Diätenerhöhung bescherte, ging es auch ohne solche "Anlehnung", denn es gab keinen öffentlich-dienstlichen Tarifabschluss.

Die Parlamentarier der Oppositon stimmten mit teilweiser schroffster Kritik gegen die Diätenerhöhung, aber werden sich dieser mehrheitlichen Entscheidung demokratisch beugen und die Erhöhungsgelder nicht an die Bundeskasse zurückschicken.

Zum Vergleich: Nach Nullrunden beschloss das Parlament vor wenigen Wochen eine Rentenerhöhung um 1 Prozent. Mehr sei im Hinblick auf die kommenden Generationen nicht drin.

Die "Deutsche Welle" rechnet zusammen: Für die 613 Bundestagsabgeordneten steigen die Diäten im kommenden Jahr "um 607 Euro monatlich oder knapp 8,3 Prozent. Sie liegen damit deutlich über der allgemeinen Lohnentwicklung und derzeitigen Tarifabschlüssen. Rechnet man den Zuwachs im Jahr 2010 hinzu, klettern die Bezüge binnen drei Jahren sogar um 16,4 Prozent. Zu seiner Diät erhält jeder Abgeordnete übrigens eine steuerfreie Kostenpauschale von 3720 Euro für die Unterhaltung eines Büros im Wahlkreis, Büromaterial, Telefon und Reisen."

Nicht zu vergessen die monatlichen 13.660 Euro für persönliche Mitarbeiter, weil wegen der außerparlamentarischen Nebenjobs (z.B. Beraterverträge und Aufsichtsratsposten) nur noch solche Abgeordnete für die parlamentarische Arbeit Zeit hätten, die nicht bei Konzernen auf Honorarlisten stehen.

Insgesamt scheinen Vorgehensweise und Zeitpunkt für die "Diätenanpassung" gut gewählt, bevor die Wirtschaft wieder auf Talfahrt geht. Und weit genug entfernt von Bundestagswahlen, zu denen es danach ausschauen soll, als seien die Sorgen der Volksvertreter mit denen der Wähler identisch.

Reformvorschläge:

1. Damit der für Parlamentarier zu vermeidende Interessenkonflikt zwischen demokratischer und lobbyistischer Interessenwahrnehmung staatlich weniger honoriert wird, sollten alle außerparlamentarischen Einkünfte auf Diäten und Pensionsansprüche angerechnet werden.

2. Damit dem Eindruck der "Selbstbedienung" begegnet wird, sollte es der Zustimmung durch Referendum zu solchen Gesetzen bedürfen, mit denen sich Parlamentarier selbst begünstigen. Wenn solch Referendum zu viel basisdemokratischen Aufwand macht, sollen die "Diätenanpassungsprozent"-Wünsche der Parteien mit auf den Bundestagswahlzetteln stehen.

Markus Rabanus >> Diskussion