Mainz (Deutschland) / Straßburg (Frankreich), 13.06.2005 – Die erste Zeitung der Welt erschien an einem heute nicht mehr genau bekannten Tag im Sommer 1605 in Straßburg. Das vor 400 Jahren in der elsässischen Metropole gegründete und gedruckte Blatt hieß „Relation aller fürnemmen und gedenckwürdigen Historien“. „Vater“ der Zeitung war Johann Carolus (1575-1634), Sohn eines Straßburger Pastors und von Beruf gelernter Buchbinder. Ihm gebührt die Ehre, der erste Zeitungsverleger gewesen zu sein.
An die Geburtsstunde der Printmedien erinnert die Ausstellung „Schwarz auf Weiß. 400 Jahre Zeitung – ein Medium macht Geschichte“ im Mainzer Gutenberg-Museum der Druckkunst vom 10. Juli bis zum 30. Dezember 2005. Mainz ist ein „sehr gutes Pflaster“ für eine solche Schau, denn dort wurde um 1400 der „Vater der Buchdruckerkunst“, Johannes Gutenberg, geboren, der Mitte des 15. Jahrhunderts in Straßburg seine epochemachende Erfindung entwickelte.
Der Straßburger Zeitungsverleger Johann Carolus ließ sich von Korrespondenten aus Städten entlang bedeutender Postrouten – wie Köln, Wien, Prag, Venedig und Rom – wöchentlich die neuesten Nachrichten (damals „Avisen“ genannt) schicken. Anfangs kopierte er die Nachrichten mit eigener Hand und schickte sie an zahlungskräftige Interessenten, die diesen Service abonniert hatten.
Zu den Abonnenten von Johann Carolus gehörten vor allem reiche Kaufleute, die ihre Waren ins Ausland exportierten und erfahren wollten, was in Europa geschah. 1604 erwarb Carolus von einem Straßburger Drucker drei Pressen und stellte diese in seiner Wohnung auf. In jener Druckerei setzte er wahrscheinlich 1605 die erste gedruckte Ausgabe seiner Nachrichtenblätter.
Das erste Erscheinungsdatum der „Relation“ geht aus einem Protokoll des Stadtrates von Straßburg aus dem Oktober 1605 hervor, in dem über zwölf bis dahin erschienene Ausgaben berichtet wird und es heißt, dass die Zeitung „Woche für Woche“ erschien. Die „Relation aller fürnemmen und gedenckwürdigen Historien“ berichtete beispielsweise über Piratenüberfälle im Mittelmeer, neueste Nachrichten über das Oberhaupt der katholischen Kirche, den Papst in Rom, und ein von dem italienischen Mathematiker, Physiker und Astronom Galileo Galilei (1564-1642) erfundenes Fernglas. Für solche und ähnliche Nachrichten interessierten sich immer mehr Abonnenten nicht nur in der Region Straßburg.
Zu den Lesern/innen der „Relation“ zählten auch Mönche im Kloster Salem unweit des Bodensees. Dort wurde die älteste bekannte Ausgabe der „Relation“ entdeckt, die von 1609 stammt. Lange betrachtete man diesen Fund als erstes Druckerzeugnis der Presse, bis 1987 die Historiker Martin Welke aus Mainz und Jean-Pierre Kintz aus Straßburg im Straßburger Stadtarchiv das erwähnte Protokoll vom Oktober 1605 entdeckten.
Wie lange die „Relation“ erschien, ist nicht bekannt. Martin Welke und Jean-Pierre Kintz zufolge gab ein Sohn von Johann Carolus die Zeitung mindestens bis 1681 weiter heraus. In jenem Jahr besetzte der Sonnenkönig Ludwig XIV. (1638-1715) von Frankreich die freie Reichsstadt Straßburg, die bis dahin zum „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“ gehört hatte. Aus der Zeit danach gibt es keine Hinweise für die weitere Existenz der ersten Zeitung der Welt.
Die Mainzer Ausstellung „400 Jahre Zeitung“ steht unter der Schirmherrschaft des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger und der Staatsministerin für Kultur und Medien, Dr. Christina Weiss. Als Kurator fungiert der Pressehistoriker und Gründer des Deutschen Zeitungsmuseums im Gutenberg-Museum, Dr. Martin Welke.
Anlässlich der Jubiläumsausstellung findet vom 21. bis 24. Juli 2005 ein pressehistorisches Symposium mit 24 Wissenschaftlern aus elf Ländern statt, das gemeinsam vom Gutenberg-Museum und der Universität Mainz organisiert wird. +wikinews+
13 Juni 2005
Vor 400 Jahren erschien die erste Zeitung
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