30 Dezember 2007

Schmutzige Geschäfte: Russland und Iran

RIA Novosti berichtete am 25.12.2007, dass in Russland 2006 und 2007 monatelang iranische Militärs, "vor allem Führungspersonal der Islamischen Revolutionswächter" an Luftabwehrraketen Tor-M1 geschult worden, die Teheran von Russland erworben hat.

Einen Tag später ergänzt RIA Novosti, dass Russland "Prinzip bereit ist, Iran Fla-Raketen-Komplexe S-300 für die Luftverteidigung zu liefern. Zusammen mit den früher gelieferten 29 Fla-Raketenkomplexen für den Nahbereich Tor-M1 sollen sie das in Bushehr in Bau befindliche Kernkraftwerk schützen. Wie die Zeitung "Wremja Nowostej" am schreibt, sei der bestehende Vertrag bereits paraphiert, aber die endgültige politische Entscheidung noch nicht getroffen worden."

Wiederum tags drauf dementiert RIA Novosti schwach, so dass der Eindruck entsteht, dass Putin mit seiner regierungsbraven Nachrichtenagentur nur mal testen wollte, wie es um die internationalen Reaktionen bestellt ist.

Für die Militär-Dealerei werden vier Argumentationslinien bemüht:

In der ersten Argumentationslinie schwingt etwas Selbstkritik mit, dass "Russlands Wunsch, sich als selbstständiges Zentrum des internationalen Einflusses zu zeigen, das Land wohl die Kosten der Zusammenarbeit mit unsicheren politischen Regimes bisweilen übersehen lässt."

Das Streben nach einer Weltordnung, in der einzelne Staaten "Zentren" darstellen, wird nicht hinterfragt und ist Nationalismus mit dem typischen Schuss Imperialismus, nicht weltdemokratisch.

Als zweite Argumentationslinie verbreitet RIA Novosti die Spekulation, "dass die Wahrscheinlichkeit der Lieferung von Raketenkomplexen an Iran, die alle modernen Luftziele vernichten können, Moskau im Kampf gegen die Unterbringung der dritten Staffel des amerikanischen ABM-Systems in Polen und Tschechien einen zusätzlichen Trumpf in die Hand gibt."
Demnach wäre man in Moskau von der Unrichtigkeit des eigenen Deals überzeugt, aber will es dennoch als Druckmittel einsetzen.

Der moralischen Schwäche solchen Vorgehens bewusst, schiebt RIA Novosti vermeintlichen Sinn nach: "Zugleich damit liefert es auch ein weiteres Argument, das die nächste amerikanische Administration überzeugen könnte, keinen Krieg gegen dieses Land zu entfesseln."
Und wie stellt Moskau sicher, dass der Iran die russischen Abwehrrakten nur zum Schutz "ziviler Atomanlagen" einsetzt?

Als vierte Argumentationslinie zitiert RIA Novosti den Direktor des Föderalen Dienstes für militärtechnische Zusammenarbeit, Michail Dmitrijew: Dass auf dem Waffenmarkt "um Iran offen und heimlich gerungen wird". "Hier sehen wir uns einer starken Konkurrenz gegenüber. Wir wollen diesen Markt nicht verlassen, weil es später sehr kompliziert sein wird, wieder Zugang dazu zu bekommen."
Wer die "starke Konkurrenz" sein soll, lässt sich dem Artikel nicht entnehmen, denn es kommt allenfalls China in Betracht, weil in ähnlicher Weise skrupellos mit Waffen handelnd und mit jedem Regime kooperierend, sobald man sich in Peking davon US-Machteinbuße erhofft. Das wird RIA Novosti nicht aussprechen, denn Moskau fühlt sich Peking gegen den US-Supermachtanspruch verbunden.