15 Juli 2006

Nahost-Friedensappell

Eine Verurteilung der Gewalt im Nahen Osten durch den Weltsicherheitsrat misslang, weil sich unsere dort versammelten Regierungen nicht auf eine Resolution verständigen wollten, der den Kriegern das weitere Zerstören und Morden verbietet. Als seien der Unfriedens-Jahrzehnte nicht genug. Als dürften entwickelte oder sich gerade erholende Städte in Israel und Libanon straflos angegriffen werden.
Als sei unbekannt, dass der Streit in dieser Region der Hauptfaktor für den politischen Weltkonflikt zwischen muslimischen und christlichen Massen-Identifikationen ist, einschließlich ihrer Trittbrettfahrer mit anderen Ideologien und Motiven.

Im Minimum hätte sich der Weltsicherheitsrat auf folgenden Text verständigen müssen:

1. Die Streitparteien sind zu sofortiger Waffenruhe verpflichtet.

2. Die Streitparteien sind verpflichtet, ihren Streit auf den Verhandlungsweg zu bringen oder dem Weltsicherheitsrat zur Entscheidung vorzulegen.

Der Weltsicherheitsrat würde jedoch erst dann seiner hohen Verantwortung gerecht, wenn er zu folgenden Ergänzungen käme und sich mit ihnen in die richtige Richtung reformierte:

3. Die Verhandlungspflicht

a) Da die Streitparteien in der Vergangenheit keinen ausreichenden Ehrgeiz entwickelten, ihre Angelegenheiten miteinander zivilisiert zu regeln, verpflichtet jetzt der Weltsicherheitsrat die Regierungschefs Israels und Libanons zur Bildung jeweils dreiköpfiger Verhandlungsdelegationen, die unter dem Vorsitz eines Beauftragten des Weltsicherheitsrats mit fünf Weltsicherheitsberatern einberufen werden.

b) Einwendungen der Streitparteien gegen die Zusammensetzung der gegnerischen Delegation sind für die Verhandlungspflicht unmaßgeblich.

c) Einwendungen der Streitparteien wegen angeblicher Verhandlungshindernisse, wie z.B. fortgesetzte Verbrechen im Krisen- bzw. Kriegsgebiet, sind für die Verhandlungspflicht unmaßgeblich.

d) Allein der Beauftragte des Weltsicherheitsrates kann über die Anders-Zusammensetzung der Delegationen und die Unterbrechung von Verhandlungen befinden, wenn er dazu in der Konfliktregion oder am Verhandlungstisch Veranlassung sieht.

e) Allein der Beauftragte des Weltsicherheitsrates befindet über den Gang, die Formalia, die Termine, Dauer und Orte der Verhandlungen, zu denen die Streitparteien aus Gründen ihres vorherigem Scheiterns oder Versagens nur noch vorschlagsberechtigt sind.

f) Allein der beobachtende Weltsicherheitsrat kann in gesonderter Sitzung und mit Zweidrittelmehrheit dem Beauftragten das Mandat entziehen, derer es auch zu seiner Bestellung bedurfte.

g) Gelangen die Streitparteien zu keinem Ergebnis und findet sich aus Gründen gebotener Eile im Weltsicherheitsrat ein Ersatz mit Zweidrittelmehrheit, so gilt der Streit als rechtlich vorläufig entschieden.

h) Etwaig im Weltsicherheitsrat geltend gemachte Veto-Rechte gegen erfolgreiche Zweidrittelmehrheiten hindern nicht die Beschlussfassung, sondern den Vollzug und kommen einer moralischen Selbstverurteilung gleich, die samt Resolution kommentarlos festgestellt und veröffentlicht wird.

4. Androhung von Sanktionen

Wer dem Kriegsverbot zuwiderhandelt, wird vor einem Sondertribunal der Vereinten Nationen wegen Beteiligung an Kriegsverbrechen angeklagt und mit bis zu lebenslangem Freiheitsentzug und mit Vermögenseinziehung bestraft.

5. Provisorische Definition: Kriegsverbrechen

a) Kriegsverbrechen ist jede militärische Selbstjustiz ohne Mandat des Weltsicherheitsrats, die nicht gegen unmittelbar militärische Angreifer gerichtet, geeignet oder darin unverhältnismäßig ist, wobei sich niemand auf das Selbstverteidigungsrecht berufen kann, wenn nicht zugleich der Oberbefehl über die eigenen Streitkräfte für die Dauer der Krise an den Weltsicherheitsrat abgetreten werden, vgl. Art.47 VN-Charta.

b) Kriegsverbrecher ist, wer - ob gewählt oder nicht - aus tatsächlicher Macht militärische Selbstjustiz befiehlt, androht oder bisherige Gewalt lobt, obwohl es dazu an einer Ermächtigung durch den Weltsicherheitsrat fehlte und etwaige Selbstverteidigungshandlungen offenkundig ungeeignet waren.

c) Kriegsverbrecher ist, wer der angeordneten Diplomatie nicht nachkommt, den Gegner die Teilnahme verhindert oder es an Ernsthaftigkeit fehlen lässt, derer es bedarf, um das Unrecht des Krieges zu mindern und zu verhindern.

d) Kriegsverbrecher ist, wer im Falle des Scheiterns von Verhandlungen erneut zu militärischen Handlungen Ausflucht nimmt, anstatt sich einem ersatzweisen Beschluss des Weltsicherheitsrats zu beugen.

e) Kriegsverbrecher ist, wer seinen Friedensbruch auf ein imperatives Mandat oder einen Befehl seiner Streitpartei stützt, denn wer solchen Auftrag nicht mit dem eigenen Gewissen vereinbaren kann, hätte genau das zu erklären und sich von seinem Auftrag entbinden zu lassen oder muss dafür haften.

f) Kriegsverbrecher sind neben den somit Hauptverantwortlichen, also neben den politischen und militärischen Kommandeuren auch alle Befehlsempfänger oder Freischärler, also alle Soldaten und sonstigen Bewaffneten, die entgegen dieser Resolution ihre Beteiligung an Kämpfen, Attentaten und Sabotageakten fortsetzen.

g) Kriegsverbrecher sind auch alle, die sich entgegen Gesetzen oder ab einem Waffenruhe-Gebot des Weltsicherheitsrats an Waffenlieferungen, logistischen oder finanziellen Leistungen an eine der Streitparteien beteiligen.

h) Kriegsverbrecher ist auch, wer Kriegsverbrecher versteckt, ihnen zur Flucht verhilft oder der Zeugenpflicht nicht genügt, es sei denn, dass allgemein anerkannte Rechtfertigungsgründe glaubhaft gemacht werden können, z.B. Zwang, Verwandtschaft oder das Risiko, sich durch eine Aussage selbst strafrechtlich zu belasten.

6. Improvisierter Schadensersatz

a) Der Weltsicherheitsrat errichtet ein Sondertribunal für Schadensersatzansprüche, um die größte Not zu wenden und die Schadensersatzansprüche zuvörderst jener Zivilisten zu regeln, die an Kampfhandlungen keinen aktiven Anteil hatten.

b) Ersatzfähige und ersatzpflichtige Schäden werden allen Bürgern der streitbeteiligten Staaten kollektiv auferlegt, wenn eine unmittelbare Haftung nicht festgestellt werden kann oder nicht zum Schadensersatz führt, damit die Ungerechtigkeit des kriegstypischen Schadenszufalls für den Einzelnen gemildert wird.

7. Rechtskraft und Rechtsmittel

a) Diese Resolution wird mit ihrer Verkündung bindend, macht die durch sie Verurteilten ihren Anhängern gegenüber kundgabepflichtig und kann erforderlichenfalls mit völkervereinter Waffengewalt gegen die Streitverantwortlichen durchgesetzt werden.

b) Der Weltsicherheitsrat bekennt sich zum Provisorium seiner Maßnahmen und gewährt den durch die Resolution Verurteilten den Beschwerdeweg vor den Weltgerichtshof.

c) Über die Befassung mit Beschwerden von Nichtbeschuldigten und/oder Nichtregierungsverantwortlichen entscheidet ebenfalls der Weltgerichtshof oder verweist zunächst, gegebenenfalls endgültig auf die Wege der innerstaatlichen Parlamente und Gerichte.

e) Die Beschwerde entfaltet gegen die Vollzugsteile der Resolution keine aufschiebende Wirkung.
Das wäre eine neue Zeit. >> Diskussion

-markus rabanus-