Leipzig (Deutschland), 02.09.2005 – Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in einer jetzt veröffentlichten Urteilsbegründung zu einem Urteil gegen einen Bundeswehrmajor, der wegen Befehlsverweigerung verurteilt worden war, sehr ausführlich zur Frage der Völkerrechtswidrigkeit des Irak-Krieges und der deutschen Beteiligung daran geäußert.
In dem Prozess vor einem Truppendienstgericht war der Major degradiert worden, weil er sich geweigert hatte, an der Softwareentwicklung für ein militärisches Waffensystem mitzuwirken. Dieses war Teil eines IT-Projekts namens SASPF zur Steigerung der Effizienz der Bundeswehr. Der Soldat ging davon aus, dass diese Software auch bei den Kampfhandlungen im Irak eingesetzt werden würde und weigerte sich Befehle dieser Art auszuführen. Der Offizier hatte sich auf seine Gewissensfreiheit berufen und beim Bundesverwaltungsgericht Berufung gegen das Urteil des Truppendienstgerichts eingelegt. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte den Soldaten freigesprochen. Zwei Monate nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig liegt nun die schriftliche Begründung des Urteils vor.
In der Urteilsbegründung weisen die Richter auf die fehlende Rechtsgrundlage für die deutsche Unterstützung alliierter Truppen während des Irakkrieges 2003 hin. Die Bundesregierung hatte den USA und Großbritannien unter anderem Überflugrechte eingeräumt und diesen NATO-Partnern den Schutz ihrer Einrichtungen auf deutschem Grund zugesichert.
„Eine Beihilfe zu einem völkerrechtswidrigen Delikt ist selbst ein völkerrechtswidriges Delikt“, begründet das Gericht seine Entscheidung für den Freispruch in dem mehr als 110 Seiten umfassenden Urteil. Die Richter des Bundesverwaltungsgerichtes stellten im Urteil klar, dass sich der Soldat keines Dienstvergehens im Sinne des Soldatengesetzes zu Schulden habe kommen lassen und dass die Degradierung des Truppengerichts unzulässig gewesen sei.
In der Begründung und den Leitsätzen zum Urteil äußerten die Richter „gravierende rechtliche Bedenken“ gegen den Irakkrieg und verweisen auf eine fehlende rechtliche Grundlage nach Art. 51 der UN-Charta. Weder der NATO-Vertrag noch andere völkerrechtliche Verträge könnten die Bundesregierung dazu verpflichten, unterstützende Handlungen für die kriegführenden NATO-Partner durchzuführen. Befehle müssten gewissenhaft und nicht bedingungslos ausgeführt werden. +wikinews+
02 September 2005
Bundesverwaltungsgericht kritisiert deutsche Unterstützung während des Irak-Krieges
01 September 2005
Russland gegen Todesstrafe?
Michail Margelow ist hinsichtlich der gegenwärtigen Diskussion optimistisch: "Zum November 2006, wo Russland die Präsidentschaft im Ministerkomitee des Europarates beendet, soll die Todesstrafe abgeschafft werden."
Margelow ist der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses Russlands Staatsduma.
34-jähriger Deutscher zum Tode verurteilt
In Thailand wurde ein 34-Jähriger aus Schleswig-Holstein wegen Erwürgung eines Schweizers zum Tode verurteilt.
KOMMENTAR: Wer aus Rache tötet, ist ein Mörder. (msr)
Staatliche Exekutionen im Irak
Heute wurden im Irak wurden erstmals nach dem Sturz von Saddam Hussein Todesurteile vollstreckt. Drei Männer, die des Mordes an Polizisten für schuldig befunden waren.
KOMMENTAR: Wer ohne Notwehr töten will, ist Mörder. (msr)
Saddam Hussein droht Todesstrafe
Der irakische Präsident Dschalal Talabani kündigte gegenüber dem arabischen Fernsehsender "Al Arabiya" für den Fall eines Todesurteils gegen den gestürzten Machthaber Saddam Hussein an, dass er zurücktreten werde.
Talabani gilt als Gegner der Todesstrafe. Zur Vollstreckung der Todesstrafe genügen aber auch die Unterschriften seiner Stellvertreter. Und heute kam es zu ersten staatlichen Hinrichtungen seit dem Sturz Saddam Husseins.
Wenn Talabani zutreffend zitiert wurde, so zeigt solche Positionierung, dass leider auch er opportunistischen Umgang mit der Todesstrafe pflegt, denn die Todesstrafe gegen Polizistenmörder zu tolerieren und gegen den Kurden- und Schiitenmörder Hussein nicht, das macht keinen Sinn.
Die Tolerierung der Todesstrafe an sich, steht mir also weniger in Frage, denn was Talabani nicht hindern kann, sollte ihn an seiner Präsidentschaft nicht hindern müssen. Aber solch unterschiedliches Tolerieren ist mir moralisch nicht nachvollziehbar.
-msr-
Debatte zum Wertewandel
Moin Timo,
stimmt: Wat bei uns "Sozialdumping" durch Produktionsverlagerung abverlangt wird, kann für die neuen Produktionsregionen durchaus "soziale Errungenschaft" sein. Solche Verlagerungen werden im Moment weitgehend durch Kapital und Konsum entschieden.
Dem Kapital mag das gefallen, dem Konsumenten auf Dauer nicht, denn er sägt sich den eigenen Ast ab, wenn seine Konsumbeteiligung von seiner Produktivbeteiligung entkoppelt wird, wie es für die neuen Bundesländer zu beobachten war und die "Dritte Welt" typisch ist.
Vereinzelt gibt es politische Eingriffe, wie etwa für Textilien. Hochkompliziert und zweifelhaft in Motiven und Wirkung. Auch Subventionen haben solchen Eingriffscharakter gegen den "freien Markt" bzw. "freien Welthandel". - Kann auch ich nicht alles beurteilen. Und ich muss solche Kompetenz auch niemandem vorgaukeln, wozu sich Politiker verpflichtet sehen, während sich das Kapital auf die Schenkel klopft, weil die Politik ihre nationalen Wirkungsgrenzen nicht überwindet.
Einzelne Entwicklungen versage ich jedoch ganz klar meine Sympathie, wenn etwa ganze Industrieregionen weggeworfen werden und anderenorts neu aufgebaut werden, während es mir darauf angekommen wäre, die vorhandenen Standorte auch im Hinblick auf ihren Warenausstoß zu reformieren.
Ich bin nun mal nicht mit einer Entwicklung einverstanden, dass die Leute statt 38 Stunden nun 42 Stunden lang Autos produzieren, um sich damit in einem Wettbewerb zu behaupten, in dem anderenorts 60 Stunden lang zum Viertel-Lohn Autos produzieren, wenn mir solche Produkte schon von vornherein nicht zukunftsträchtig sind, weil ihre Wachstumszahlen samt erhöhter Erdölnachfrage schon in der Gegenwart wieder andere Regionen in den wirtschaftlichen Abgrund stürzen.
Von der Ökologie kaum zu schweigen (statt "ganz zu schweigen").
Sicherlich wäre es besser, wenn anstelle von 100 Mrd. Autobauerstunden nur die Hälfte der Arbeitszeit und Ressourcen in die Autoproduktion gehen würden und sich die Menschen mehr mit Sex und Schach zu vergnügen wüssten - und sich weniger Elektroschrott in die Wohnstuben kaufen würden, zum Lebensglück weniger Mallorca bräuchten usw. - also "Wertewandel".
Wer allen Wachstumspropheten entgegen eine "ökologische Konversion" fordert,
Wer allen Kapitaleffizienzanbetern entgegen eine soziale und demokratische Berücksichtung abfordert,
also einen "Wertewandel", wird sich zwar wie ein Depp behandeln lassen müssen, aber letztlich werden sich auch die Experten für Finanzmärkte und Wachstum den natürlichen Begrenztheiten anpassen; jedoch wieder nur die nächste Ressource verheizen.
Mir genügt solch Verhalten nicht. Weder im Hinblick auf die materielle Versorgung der Menschheit. Auch nicht im Hinblick auf mentale Zustände des Einzelnen und damit die politische Entwicklung.
Jeder kann die Begrenztheiten der gegenwärtigen Konzepte sehen. Und sie sind Gegenstand von Börsenspekulation und Wissenschaftlerheeren.
Jeder kann auch erkennen, dass die Menschen in den Industrienationen sehr wohl "mit weniger auskommen" könnten, so dass man ihnen keinesfalls z.B. Klimaanlagen einreden müsste, wenn sie ohne auskommen können usw., aber solches Umdenken setzt bislang immer nur im Rahmen der Grenzerreichung ein und nicht im Dreh- und Angelpunkt einer Vernunft, die aus einer Perspektive der Weltgerechtigkeit erkennbarer ist als aus den Wettbewerbsstrategien mit ihren Verdrängungsmomenten, zumal letztere gegen Marktschwächere wirken, während Schwächeres oft gar nicht Schlechteres ist.
Es gibt viele Details, die man anders gestalten könnte, z.B. Tiertransporte über bestimmte Radien hinaus nur dann, wenn innerhalb eines Radius die Versorgungsgrenzen erreicht sind. Das würde Energie sparen, Monokulturen verhindern usw., vergrößert andererseits wieder die Bürokratie usw., was aber letztlich nicht nur eine Preisfrage sein sollte, sondern auch eine Wertefrage, eine Kulturfrage im weitesten Sinne.
Es gibt viele Dinge, die also auch im Hinblick auf ihren kulturellen Aspekt von Bedeutung sind, aber wenn sich alle Welt nur mit Preisfragen befasst, darf man sich nicht wundern, wenn für Wertefragen kaum noch vernünftige Antworten gibt. Dann ist es zwangsläufig, dass Leute wie ich nur noch Deppisches von sich geben, denn für "Große Fragen" braucht es tatsächlich immer auch viele Köpfe, was nun nicht das "Genie an sich" leugnen soll, aber seine Deppenrolle entschuldigt, sobald er in Sachen Werte zu anderen Schlüssen kommt.
Ist solch jemand darin geschickt, wird man ihm zumindest eine Ehrung zukommen lassen, aber Politik wird selten daraus, solange sie den Preisfragen der Wachstumsideologie verschrieben ist.
Grüße von Sven >> DISKUSSION
>> Werterelativität, Wertegemeinschaft, Ideale
28 August 2005
Verteidiger des Neonazis Ittner steht in Kürze selbst vor Gericht
Nürnberg (Deutschland), 28.08.2005 – Anfang April 2005 wurde der Neonazi Gerhard Ittner vom Landgericht Nürnberg in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe wegen Volksverhetzung verurteilt. In Kürze erwartet seinen Anwalt Stefan Böhmer aus dem fränkischen Uttenreuth ebenfalls ein Prozess wegen Volksverhetzung.
Die Staatsanwaltschaft beruft sich bei der Anklage auf das Vorgehen des Anwalts vor dem Landgericht während des Ittner-Verfahrens. Darin stellte der Verteidiger mehrmals Anträge, die die Staatsanwaltschaft als volksverhetzend einstuft. So stellte er in seinen Beweisanträgen unter anderem die Tötung von Juden in Auschwitz in Frage. Während des Prozesses wurde er mehrmals aufgefordert, diese Äußerungen zu unterlassen, da sie strafbar sein könnten. Der Anwalt reagierte jedoch auf diese Belehrungen nicht, sondern wiederholte diese Aussagen auch in seinem Schlussplädoyer. Er brüskierte anschließend die Richter des Verfahrens gegen Ittner, indem er während der Urteilsverkündung demonstrativ den Sitzungssaal verließ.
Daraufhin leitete die Staatsanwaltschaft im Mai 2005 ein Ermittlungsverfahren gegen den Anwalt ein. Anschließend beantragte sie beim Amtsgericht Nürnberg, ihn per Strafbefehl zu einer Geldstrafe zu verurteilen. Als Begründung für den Strafbefehlsantrag legte die Staatsanwaltschaft dem Gericht einen Schriftsatz vor, in dem der Anwalt volksverhetzendes Gedankengut vorgelesen und dem Gericht übergeben hatte. Das Amtsgericht erließ den Strafbefehl. Er wurde jedoch nicht rechtskräftig, da der Anwalt Einspruch einlegte. Daraufhin hat das Amtsgericht Nürnberg die Hauptverhandlung anberaumt. Der genaue Termin ist noch nicht bekannt.
Der Mandant des Anwalts, Gerhard Ittner, befindet sich nach wie vor auf der Flucht und wird per Haftbefehl gesucht. +wikinews+
26 August 2005
Merkel und Stoiber weiter gegen eine EU-Mitgliedschaft der Türkei
Berlin (Deutschland), 26.08.2005 – Die CDU-Vorsitzende und Kanzlerkandidatin Angela Merkel und der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber haben sich in einem Brief an die konservativen Regierungschefs der Europäischen Union erneut gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei ausgesprochen.
Diese Aussage kommt eine Woche vor dem EU-Außenministertreffen, auf dem über die Erweiterung der Europäischen Union gesprochen werden soll. Am 3. Oktober sollen die Gespräche mit der Türkei beginnen. „Wir sind der festen Überzeugung, dass eine Aufnahme der Türkei die EU politisch, wirtschaftlich und sozial überfordern und den europäischen Integrationsprozess gefährden würde“, heißt es in dem Schreiben. Als Begründung für ihre Position verweisen die beiden Unionspolitiker auf die Weigerung der Türkei, der Forderung nach einer Anerkennung der Republik Zypern nachzukommen. Des weiteren wird auf die ungenügende Einhaltung der Menschenrechte in der Türkei hingewiesen. Es wird dafür plädiert, das von der CDU/CSU entwickelte Konzept einer „privilegierten Partnerschaft“ als „realistische Alternative“ zu einer Vollmitgliedschaft umzusetzen.
Die Unionsparteien vertreten seit langem diese Position, haben dafür jedoch im europäischen Raum bisher wenig Unterstützung erfahren. +wikinews+
NPD-Parteichef Voigt zu Bewährungsstrafe verurteilt
Stralsund (Deutschland), 26.08.2005 – Das Landgericht Stralsund hat den Bundesvorsitzenden der rechtsextremen NPD Udo Voigt am Donnerstag, den 25. August 2005 zu einer viermonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 53-jährige ehemalige Bundeswehroffizier bei einer Wahlkampfveranstaltung vor Jugendlichen am 28. August 1998 in Greifswald sich der Volksverhetzung schuldig gemacht hatte, als er zum Hass gegen etablierte Politiker aufrief. Voigt hatte die 50 bis 60 Zuhörer aufgefordert, zu den Waffen zu greifen, wenn Deutschland bedroht sei. Bei den Feinden sollte es sich um Politiker der Bundesregierung handeln.
Das Gericht folgte mit seinem Urteilsspruch dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die den Tatbestand der Volksverhetzung als erfüllt ansah. Nach Ansicht der Verteidigung seien die Äußerungen Voigts durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt.
Das Landgericht hob mit seinem Urteil den Freispruch des Amtsgerichts Greifswald auf. Das Amtsgericht sprach Voigt aus Mangel an Beweisen frei, da die Archivbänder mit den Aufzeichnungen eines ZDF-Teams, die den einzigen Beweis darstellten, verbrannt war. Der Verteidiger Voigts, Carsten Schrank, kündigte an in Revision zu gehen. +wikinews+
Internet-Journal
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