Ramallah (Palästinensische Autonomiegebiete), 10.06.2006 – Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat am Samstag, dem 10. Juni, angekündigt, per Dekret für den 31. Juli ein Referendum über die Gründung eines palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967 anzusetzen. Er sei davon überzeugt, so Abbas, dass nur die Zwei-Staaten-Lösung den Konflikt im Nahen Osten friedlich beilegen könne. Unterdessen kam es zu heftigen Protesten gegen das Plebiszit und die damit einhergehende faktische Anerkennung Israels, zu denen die Hamas unter Ministerpräsident Ismail Hanija und die radikale Organisation Islamischer Dschihad aufgerufen hatten. „Bruder Präsident, im Namen des Islams appelliere ich an Dich, den Dialog zu suchen und kein Referendum abzuhalten“, schrieb Hanija an Mahmud Abbas, den Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde. Das von Abbas angesetzte Referendum ist nach Ansicht von Hanija illegal und verstoße gegen die Verfassung. „Der Präsident hat kein Recht, das Volk zu befragen.“ Chalil el Hanijeh, Fraktionschef der Hamas, befürchtet durch das Referendum außerdem eine Spaltung der palästinensischen Widerstandsbewegung. Abbas-Berater Saeb Erekat verteidigte das Vorgehen der Palästinensischen Autonomiebehörde: „Wenn immer es einen Streit gibt, fragen die Entscheidungsträger das Volk um dessen Meinung“, so Erekat.
Die radikal-islamistische Terrororganisation Al-Qaida hat unterdessen an das palästinensische Volk appelliert, die Volksabstimmung zu boykottieren. Ajman al-Sauahri, der sich in einer Videobotschaft an die Palästinenser gewandt hatte, sagte außerdem, „um Palästina darf nicht gefeilscht werden“.
Nach den Ergebnissen jüngster Umfragen befürwortet eine Mehrheit der Palästinenser den Vorschlag des Palästinenserpräsidenten und damit auch die Anerkennung des Staates Israel. Für die frisch gewählte Hamas würde die Volksbefragung eine herbe Niederlage bedeuten.
Die Hamas fordert von Israel, das ab 1967 unter israelischer Besatzung stehende Westjordanland und Ostjerusalem Palästina zuzusprechen und das Rückkehrrecht der Flüchtlinge sicherzustellen. Im Gegenzug verspricht die Hamas einen „Waffenstillstand für die nächsten 50 Jahre“. Ferner ist die Hamas bereit, nach einem vollständigen Abzug aller israelischen Truppen aus dem Westjordanland das Existenzrecht Israels anzuerkennen. Hanija sagte: „Solange die Besatzer auf unserem Boden verharren, ist der Widerstand ein legitimes Recht unseres Volkes.“
Unterdessen ist es in Israel und den palästinensischen Gebieten zu heftigen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen bewaffneten Mitgliedern der Terrororganisation Hamas und der israelischen Armee gekommen. Der militärische Flügel der Hamas hatte die seit Februar 2005 geltende Waffenruhe aufgekündigt und sieben Raketen auf israelische Ortschaften abgefeuert, nachdem bei einem Angriff auf eine Familienfeier sieben Zivilisten, unter ihnen drei Kinder, von der israelischen Armee getötet worden waren. UN-Generalsekretär Kofi Annan forderte eine eingehende Untersuchung des Vorfalls. Indessen hat sich der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Mark Regev, für den Vorfall entschuldigt: „Der Tod Unschuldiger ist völlig inakzeptabel“, so Regev. ++
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