17 März 2005

In der am 4. März 1945 in Thüringen gezündeten Bombe soll eine kurzzeitige Kernfusion abgelaufen sein

Berlin (Deutschland), 17.03.2005 – Physiker und Wissenschaftsjournalisten diskutieren intensiv und kontrovers das neue Buch von Rainer Karlsch. Während Marcus Hammerschmitt und Sebastian Pflugbeil eher aus wissenschaftshistorischer und politischer Sicht urteilen und die Thesen des Buchs für zumindest diskussionswürdig halten, lehnen Gero von Randow und der Physikhistoriker Helmut Rechenberg die vorgelegten Hinweise auf die erfolgreiche Zündung einer deutschen Atombombe als nicht stichhaltig und die ganze Idee als physikalischen Unsinn ab.

Der Wissenschaftshistoriker Helmut Maier möchte dagegen eine von einer Hohlladung in Gang gesetzte unkontrollierte Kernfusion, wie sie in Wasserstoffbomben abläuft, nicht ausschließen: „Fügt man nun die in Deutschland für 1945 verfügbare Technik zusammen, ergibt sich nach Karlsch folgendes Bild: Im Zentrum eines Zylinders wurden eine starke Neutronenquelle - Polonium-Beryllium - und kleinste Mengen Lithiumdeuterid positioniert. Da das Prinzip der Neutronenrückstrahlung durch U238 bekannt war, könnte die Bombe damit ausgekleidet gewesen sein. Nach der Zündung des konventionellen Sprengstoffs konnte es zwar zu keiner sich selbst erhaltenden Kettenreaktion kommen. Aber auch bei „unterkritischen Anordnungen„ kommt es zu Kernspaltungen, die sich - wie Karlsch vermutet - in Ohrdruf ereignet haben. Die Reaktion (Spaltung - Fusion - Spaltung) brach nach kurzer Zeit zusammen, woraus sich die vergleichsweise begrenzte Zerstörung erklärt.“ Damit wären möglicher Aufbau und Komponenten der Bombe genannt. Berechnungen zur technischen Realisierbarkeit einer solchen Kernfusion stehen aus, darunter Angaben zur erforderlichen Menge an Kernbrennstoff und Neutronenquelle sowie Abschätzungen der frei gesetzten Energiemenge und des Implosionsdrucks, den konventioneller Sprengstoff zur erfolgreichen nuklearen Zündung bei einer solchen Bombenkonstruktion aufbauen müsste. Die US-amerikanische Atombombenforschung hatte immense Schwierigkeiten, eine brauchbare zylindrische Hohlladung zu entwickeln, es wurden dann 1945 aus 32 Sprengstofflinsen zusammengefügte, kugelförmige Hohlladungen im Trinity-Test und in der auf Nagasaki abgeworfenen Bombe „Fat Man“ verwandt. +wikinews+