07 Mai 2005

Demonstration gegen NDP-Aufmarsch angemeldet

Berlin (Deutschland), 07.05.2005 – Das Aktionsbündnis SPASIBO ruft zum Widerstand gegen den NPD-Aufmarsch am 8. Mai in Berlin auf. Die Jugendorganisation der NPD, die „Jungen Nationaldemokraten“, will am Sonntag, dem 8. Mai, dem „Tag der Befreiung“, vom Alexanderplatz bis zum Bahnhof Friedrichstraße in Berlin marschieren, nachdem die ursprüngliche Route zum Brandenburger Tor nicht genehmigt wurde.

Die Gegendemonstration startet um 10:00 Uhr am Bertolt-Brecht-Platz in Berlin (S-Bahnhof Friedrichstraße) und endet am Alexanderplatz, wo sich ab 11:00 Uhr die Jungen Nationaldemokraten versammeln, um ab 14:00 Uhr die Straße „Unter den Linden“ entlang zu ziehen. Die angemeldete und genehmigte Route der Gegendemonstration führt über den S-Bahnhof Oranienburger Straße und den U-Bahnhof Weinmeisterstraße.

Haben Journalisten wenig Zeit für ernsthafte Recherchen?

Hamburg (Deutschland), 07.05.2005 – Die Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland könnten sich mit verstärkter Qualitätsorientierung künftig am besten am Markt behaupten. Sorgfältige Recherchen, Gründlichkeit, Zuversicht, kritische Berichterstattung und Unabhängigkeit seien wichtige Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Erfolg. Diese Ansicht vertraten zahlreiche Chefredakteure von deutschen Tageszeitungen und Print-Magazinen bei einer Umfrage der Zeitschrift „Stern“ und des Verlags Gruner und Jahr, über die die „Deutsche Presse-Agentur“ (dpa) berichtete.

Die Chefredakteure glauben, die gegenwärtig schlechte wirtschaftliche Lage vieler Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland habe die Unabhängigkeit der Presse bisher kaum beeinträchtigt. Drei Viertel der insgesamt 80 befragten Chefredakteure empfanden die Aussage, die deutschen Printmedien packten „heiße Eisen“ nicht an, als unzutreffend. Andererseits bestätigten rund 90 Prozent der befragten Chefredakteure, dass es in den meisten Redaktionen Personalkürzungen und zunehmende Arbeitsbelastung gebe.

Dass in der deutschen Medienlandschaft nicht alles zum Besten steht, belegten Andeutungen der „Journalistinnen- und Journalisten-Union“ (dju) anlässlich des Tages der Pressefreiheit, über die „ngo-online – Internet-Zeitung für Deutschland“ berichtete.

„Die etwa 70.000 Journalisten in Deutschland leiden weder unter Repressionen, noch müssen sie um Leib und Leben fürchten. Doch die meisten von ihnen haben andere Sorgen: Häufig beeinträchtigt starker ökonomischer Druck die Qualität journalistischer Arbeit“, kritisierte Ulrike Maercks-Franzen, die Bundesgeschäftsführerin der Journalisten-Union. Für freie Journalisten werde es immer schwerer, von ihrer Arbeit zu leben, erklärte Maercks-Franzen. Die von ihnen eingegangenen Kompromisse gingen meistens auf Kosten der Meinungsvielfalt. Bei den rund 15.000 angestellten Redakteuren wirke frühzeitig die „Schere im Kopf“.

„ngo-online“ wies darauf hin, dass mit solchen Bemerkungen das Problem der Journalistinnen und Journalisten in Deutschland sicherlich allenfalls bestens angedeutet werde. Denn wenige Medienkonzerne beherrschten in Deutschland einen Großteil von Zeitungen, Zeitschriften, Radio und Fernsehen. Hinzu komme, dass selbst die herausragenden Medien vielfach nichts anderes veröffentlichen als Agenturmaterial von dpa oder Reuters. So entstehe ein weitgehend gleichgeschaltetes Meinungsbild.

Banken und Industriekonzerne finanzierten über Anzeigen und Werbespots einen Großteil der Redaktionen, schrieb „ngo-online“. Dagegen genügten die Einnahmen über die Abonnenten meist nur, um die Vertriebskosten abzudecken. Die finanziellen Abhängigkeiten seien enorm und selbst „kritische Medien“ seien meistens von irgendwem abhängig und „müssten“ auf ihre Geldgeber Rücksicht nehmen.

Die ökonomischen Verhältnisse sowohl bei den freien Journalisten als auch der Redaktionen führen laut „ngo-online“ dazu, dass immer weniger Zeit bleibt für ernsthafte Recherchen. Im Zweifelsfall werde in anderen Medien abgeschrieben, dann sei man auf der sicheren Seite.

Schlechte Erfahrungen mit Zeitungsleuten hat offenbar bereits der deutsche Schriftsteller Kurt Tucholsky (1880-1935) gemacht, von dem das Zitat stammt: „Der geschickte Journalist hat eine Waffe: das Totschweigen – und von dieser Waffe macht er oft genug Gebrauch“. +wikinews+

  • Journalismus
  • 06 Mai 2005

    ai prangert China wegen Todesstrafe an

    Berlin (Deutschland), 06.04.2005 – Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) hat eine Statistik zur Todesstrafe für das Jahr 2004 veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass im vergangenen Jahr so viele Menschen wie noch nie in den vergangenen 25 Jahren hingerichtet wurden. Mit geschätzten 3.400 vollstreckten Todesurteilen führt China die Statistik von „ai“ an.
    Weil in China keine offizielle Zahl der vollstreckten Todesurteile veröffentlicht wird, basiert die Zahl, die ai angibt, auf chinesischen Berichten, die in Zeitungen oder im Internet zu lesen waren. Möglicherweise liege die Zahl noch deutlich höher. Im Bericht der Menchenrechtsorganisation wird ein Delegierter des Nationalen Volkskongress im März 2004 mit den Worten zitiert, in China würden jährlich fast 10.000 Menschen hingerichtet.
    Weltweit wurden 2004 laut ai-Statistik mindestens 3.797 Menschen hingerichtet und 7.395 Todesurteile gesprochen. Ähnlich wie in den vergangenen Jahren wurden in vier Ländern besonders viele Todesurteile vollstreckt, darunter befinden sich China (mindestens 3.400), Iran (mindestens 159), Vietnam (mindestens 64) und die USA (59), die meisten davon (23) im Bundesstaat Texas.
    In 84 Ländern wurde die Todesstrafe für jede Art von Verbrechen abgeschafft (Stand 2004). Im vergangenen Jahr schafften Bhutan, Griechenland, Samoa, Senegal und die Türkei die Todesstrafe vollständig ab. In weiteren Ländern gibt es bei der Todesstrafe Memoranden oder bestimmte Ausnahmen.
    Amnesty international begrüßt im Bericht die Entscheidung des Obersten Gerichts der USA vom März 2005, wonach die Todesstrafe für Minderjährige abgeschafft wurde. Die Organisation fordert die UN-Menschenrechtskommission auf, einen klaren Beschluss gegen die Todesstrafe bei Minderjährigen zu fassen. - wikinews

    05 Mai 2005

    Gericht verbietet NPD-Marsch zum Brandenburger Tor

    Berlin (Deutschland), 05.05.2005 – Die Jugendorganisation der NPD, die „Jungen Nationaldemokraten“, darf in Berlin am 60. Jahrestag des Kriegsendes, am 8. Mai 2005, nicht am Holocaust-Mahnmal vorbei zum Brandenburger Tor marschieren.

    Erlaubt wurde der Demonstrationszug nur vom Alexanderplatz bis zum Bahnhof Friedrichstraße. Das Berliner Oberverwaltungsgericht hat diese Entscheidung getroffen. Begründet hatte das Gericht das Verbot, der Marsch am Holocaust-Mahnmal vorbei würde die Würde der Opfer beeinträchtigen.

    Die Organisation hatte zu dem Aufmarsch unter dem Motto „Demokratie muss sich wehren können“ / „60 Jahre Befreiungslüge - Schluss mit dem Schuldkult“ aufgerufen. Daraufhin hatten die jungen NPD´ler mit einem Eilantrag in zweiter Instanz geklagt und wiederum verloren. +wikinews+

    KOMMENTAR

    Wer nicht einmal ansatzweise die historische Schuld einzugestehen bereit ist, ist nicht legitimiert, gegen "Schuldkult" zu polemisieren.

    30 April 2005

    Frankreich: Umfrage sieht Befürworter der EU-Verfassung im Aufwind

    Paris (Frankreich), 30.04.2005 - Nach einer heute veröffentlichten Umfrage liegen die Befürworter der EU-Verfassung in Frankreich erstmals seit Mitte März wieder in Führung.

    Eine knappe Mehrheit von 52 Prozent der Wahlberechtigten gab an, beim Referendum am 29. Mai mit „Ja“ stimmen zu wollen. 48 Prozent wollen mit „Nein“ stimmen. Die Umfrage wurde vom TNS-Sofres-Unilog-Institut im Auftrag der Zeitung „Le Monde“ sowie zweier Fernsehsender durchgeführt. Seit Mitte März lagen bei 23 Umfragen in Folge die Befürworter eines Neins zum Verfassungsvertrag in der Mehrheit.

    Zuletzt hatten der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Präsident Jacques Chirac für die Ratifizierung des Verfassungsvertrags geworben. +wikinews+

  • EU-Verfassung
  • Weltgrößtes Containerschiff in Hamburg eingetroffen

    Hamburg (Deutschland), 30.04.2005 – Das größte Containerschiff der Welt, die „Colombo Express“ ist am gestrigen Freitag zum ersten Mal in Hamburg eingetroffen.

    Das 335 Meter lange und 43 Meter breite Schiff wurde von zwei Schleppern vor der Köhlbrandbrücke begrüßt und in den Hamburger Hafen begleitet. Das Schiff mit rund 8.000 Containern an Bord befindet sich auf seiner Jungfernreise und wird in Hamburg im Containerterminal Altenwerder anlegen. Dort werden etwa 4.700 Container aus- und umgeladen. Das Schiff wird in Hamburg von der Reederei Hapag-Lloyd betreut.

    Die „Colombo Express“ kam aus Shanghai und wird auch dorthin wieder zurückkehren. +wikinews+

    28 April 2005

    Eisenach: Polizei verhindert Treffen von Neonazis

    Eisenach (Deutschland), 28.04.2005 - Im Hinterzimmer einer Gaststätte in der Eisenacher Innenstadt trafen sich anläßlich des Geburtstages von Adolf Hitler am Mittwochabend mehrere Neonazis, um nach eigenen Angaben bei einer geschlossenen Veranstaltung einem wissenschaftlichen Vortrag zu lauschen. Die Rechtsextremisten gehörten überwiegend zum Umfeld der „Kameradschaft Eisenach“, einer der aktivsten Freien Kameradschaften in Thüringen, die Ende der 1990er Jahre von dem deutschlandweit agierenden jungen Neonazikader Patrick Wieschke gegründet worden war.

    Nach Angaben der Polizeidirektion Gotha konnten „durch Aufklärung vor Ort ... öffentlich wahrnehmbare eindeutig rechtsradikale Äußerungen festgestellt werden“. Daraufhin löste die Polizei die Versammlung auf und nahm 16 Personen wegen Volksverhetzung nach § 130 StGB vorläufig fest. In der Gaststätte wurde umfangreiches Propagandamaterial sichergestellt, darunter eine Hakenkreuzfahne, eine Hitler-Büste, verschiedene Blätter mit rechtsradikalen Liedtexten, CDs und Videokassetten. Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen wurde eingeschaltet und weitere Ermittlungen werden geführt.

    Bereits am 23. Februar 2005 war in der siebten Stadtratssitzung einstimmig ein gemeinsamer Antrag der Stadtratsfraktionen der CDU, PDS, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, BfE und EA unter dem Titel „Bekenntnis der Stadt Eisenach gegen Rechtsextremismus“ verabschiedet worden, in dem erklärt wurde:

    „Der Stadtrat der Stadt Eisenach missbilligt das öffentliche Auftreten und alle Aktionen rechtsextremistischer Gruppen und Gruppierungen in unserer Stadt und unterstützt ausdrücklich das parteiübergreifende Bündnis gegen Rechtsextremismus.“
    „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, mit einer Prüfbitte beim zuständigen Ministerium vorstellig zu werden, um ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsfeindlichkeit und damit eines Verbotes der „Kameradschaft Eisenach“ und des von dieser mitgetragenen „Aktionsbüro Thüringen“ einzuleiten.“
    „Das Auftreten und die von diesen Organisationen verbreiteten Aussagen auf Kundgebungen und im Internet geben Anlass dazu deren Verfassungsgemäßheit zu bezweifeln und stellen aus unserer Sicht ein Verstoß gegen das Grundgesetz dar.“
    Die Feier des so genannten „Führergeburtstages“ ist ein weiterer Beleg für das offene neonazistische Auftreten der „Kameradschaft Eisenach“. Bereits im Jahr 2001 war sie zusammen mit dem wesentlich von der Kameradschaft mitgetragenen "Nationalen und Sozialen Aktionsbündnis Westthüringen" (NSAW) in die Schlagzeilen geraten, da sie ebenfalls am 20. April in Weimar einen Aufmarsch unter dem Tarnmotto „Meinungsfreiheit für Deutsche, jetzt und überall“ angemeldet hatten.

    Ähnliche Feiern sind jedoch auch von anderen Freien Kameradschaften nicht nur in Thüringen bekannt. Die „Kameradschaft Jena-Ost“ (KJO), Sektion des „Nationalen Widerstandes Jena“ (NWJ), beging 2004 laut eigenen Angaben in ihrem Jahresbericht den Geburtstag des „Führers“ mit 35 Neonazis. Auch für 2005 planten sie die „Geburtstagsfeier eines bekannten Österreichers, die KJO feiert bestimmt mit... . “

    Sowohl der „Nationale Widerstand Jena“ als auch die „Sektion Jena-Ost“ bzw. „Kameradschaft Jena-Ost“ sollen bei einem für den 11. Juni in Jena geplanten europaweiten Neonazifest mit Informationsständen vertreten sein. Der NWJ ist zugleich Ausrichter des „Festes der Völker“. Neben diesen beiden Kameradschaften und dem „Aktionsbüro Thüringen" ist auch ein Infostand der „Kameradschaft Eisenach + AG Frauen“ angekündigt. Der Organisator und Chef der Kameradschaft Eisenach, Patrick Wieschke, ist außerdem für diese Veranstaltung als Redner vorgesehen. (wikinews)

    Europaweites Neonazitreffen am 11. Juni in Jena

    Jena (Deutschland), 28.04.2005 – Am 11. Juni 2005 wollen Neonazis aus ganz Europa auf dem Jenaer Marktplatz ein „Fest der Völker“ zelebrieren. Erwartet werden mehrere tausend Teilnehmer. Ein Blick auf die geplanten Redner und Bands lässt kaum Zweifel daran aufkommen, dass es sich um ein Konzert zur Unterstützung des internationalen Neonazi-Musiknetzwerkes „Blood and Honour“ handelt, dessen neun Sektionen der „Division Deutschland“ zwar im Jahr 2000 behördlich verboten wurden, aber weiterhin aktiv sind. Für das Wochenende sind zahlreiche Gegenveranstaltungen eines breiten politischen Spektrums von der CDU bis zu linksradikalen Teilen der Antifa geplant.

    Das Motto der Veranstaltung, das einem Propagandastreifen von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl über die Olympischen Spiele 1936 in Berlin entlehnt zu sein scheint, kann nur schlecht über die wahren Ziele hinwegtäuschen. Klarer zeigt diese schon der Untertitel „Für ein Europa der Vaterländer“. Zwar behaupten die Veranstalter in ihrem Aufruf „Wir Nationalisten sind keine Ausländerfeinde (…), wir achten jede Kultur und jeden Menschen“, aber schränken zugleich selbst ein: „Jedoch sind wir der Meinung, dass jeder Mensch und jede Kultur ihren angestammten Platz in dieser Welt hat, dieser muss auch von jedem respektiert werden.“

    Noch deutlicher wird der Charakter des völkischen Festes bei einem Blick auf Veranstalter und Teilnehmer. Organisiert wird die Kundgebung vom so genannten „Nationalen Widerstand Jena“ (NWJ), einer Freien Kameradschaft innerhalb des militanten Neonazi-Netzwerkes „Thüringer Heimatschutz“ (THS), und dem Jenaer NPD-Kreisvorsitzenden Ralf Wohlleben.

    Geplant ist der Auftritt von acht Rednern, darunter der mehrfach wegen Volksverhetzung, Gewaltverherrlichung sowie Herstellung und Verbreitung von NS-Propagandamaterial verurteilte Bundesgeschäftsführer der NPD und Landesvorsitzende der NPD Thüringen Frank Schwerdt, des Weiteren der wegen Anstiftung zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion auf ein türkisches Restaurant in Eisenach ebenfalls vorbestrafte junge Neonazikader Patrick Wieschke sowie „freie Nationalisten“ aus Großbritannien, den Niederlanden (Tim Mudde), Schweden, Italien, Ungarn und Rumänien, die nahezu alle in dem in Deutschland verbotenen rechtsextremen Musik-Netzwerk „Blood and Honour“ aktiv sind.

    Für das Rahmenprogramm sollen neun Rechtsrock-Bands aus Deutschland und mehreren europäischen Ländern sorgen, die sich insbesondere durch nationalistische, rassistische, antisemitische und den Nationalsozialismus verherrlichende Texte auszeichnen. Die italienische Gruppe „Block 11“ beispielsweise benannte sich nach dem „Todesblock“ im Konzentrationslager Auschwitz. Einige Mitglieder der anderen Bands sind einschlägig vorbestraft, wie der damalige Sänger der niederländischen Band „Brigade M“, der wegen der Schändung eines jüdischen Friedhofs in Den Haag im November 1999 verurteilt wurde. Sehr bezeichnend für den Charakter der Veranstaltung sind auch die angekündigten Organisationen, die mit Infoständen vertreten sein sollen, und die Sponsoren und Partner, allesamt bekannte Rechtsrock-Labels und Neonazi-Versände.

    Erwartet werden mehrere tausend Neonazis aus ganz Europa. Dass dies nicht zu hoch gegriffen ist, zeigt der Verweis auf ein ähnliches Fest im vorigen Jahr in Ungarn mit 9.000 oder die jüngsten Konzerte und Demonstrationen in Dresden und Mücka (Ostsachsen) mit zirka 5.000 Teilnehmern. Ein Konzert von Michael „Lunikoff“ Regener und weiteren Bands im „Schützenhaus“ der nur 35 Kilometer südlich von Jena gelegenen Kleinstadt Pößneck, das dem bekannten Rechtsextremisten Jürgen Rieger gehört, besuchten am 02.04. zwischen 1.000 und 2.000 Neonazis. Letzteres wurde jedoch kaum beworben, wohingegen für das Jenaer „Fest der Völker“ auf zahlreichen rechtsextremen Internetseiten wie vielen „Blood and Honour“-Websites, den Seiten der angekündigten Bands und bei sehr vielen Versänden und Foren in ganz Europa seit teilweise einem Jahr massiv Werbung geschaltet wird.

    Aufgrund des Konzepts und der hohen Teilnehmerzahl unterscheidet sich das Treffen in Jena deutlich von den zahlreichen rechtsextremistischen Demonstrationen der letzten Jahre und Monate in Deutschland, die zumeist nur wenige hundert bis in sehr seltenen Fällen einige tausend Sympathisanten anziehen konnten. Zusätzlich zu den erwarteten deutschen Neonazis, für die eine festivalähnliche „Politveranstaltung“ in der Innenstadt wesentlich attraktiver sein dürfte als eine Demonstration, ist mit Teilnehmern aus ganz Europa zu rechnen, die oft im Gefolge der Bands anreisen. Unbestätigten Angaben zufolge sollen sich allein die italienischen „Veneto Fronte Skinheads“, der dortige „Blood and Honour“-Arm, mit 1.000 Leuten angekündigt haben. Selbst bei Fußballspielen in Italien wurden schon Banner gesichtet, die für den 11.06. nach Jena mobilisierten. Aus Tschechien werden 150 bis 300 Nazis aus dem Umfeld der „Blood and Honour-Division Bohemia“ und der neonazistischen Organisation „Národní odpor“ erwartet. Nach Informationen der tschechischen Gruppe „Monitoring“ bei der Nicht-Regierungsorganisation „Toleranz und Zivilgesellschaft“ wurde bereits ein Reisebus aus Prag gechartert.

    Die geplante Aktion in Jena ist jedoch nur der Höhepunkt einer ganzen Reihe von ähnlichen Kundgebungen und Konzerten wie dem „4. Thüringentag der nationalen Jugend“ am 28. Mai in Weimar und dem 3. NPD-Openair „Rock gegen Krieg“ am 9. Juli 2005 in Gera. Neonazis versuchen damit auf aggressive Weise, in den Zentren größerer Städte „National befreite Zonen“ auf Zeit zu errichten, in denen sie sich ungehindert bewegen, ihre Ansichten propagieren und rechten Lifestyle vorleben können.

    Zahlreiche demokratische Parteien und Organisationen sowie antifaschistische Gruppierungen haben mittlerweile zum Protest gegen das „Fest der Völker“ aufgerufen. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus unterstützt ausdrücklich ein Verbot neonazistischer Aufmärsche und rief alle Bürgerinnen und Bürger auf, Gesicht zu zeigen. In einem Gespräch mit der Thüringischen Landeszeitung äußerte er: „Die Kommunen sollten grundsätzlich versuchen, rechtsextreme Veranstaltungen zu verhindern, wo immer es geht. Wo das aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist, sollten Bürger couragiert deutlich machen, dass braunes Gedankengut in ihrer Stadt unerwünscht ist.“

    Auch Jenas Oberbürgermeister Dr. Peter Röhlinger versucht eigenen Angaben zufolge alles, um diese „Demonstration der Neonazis“ in Jenas „guter Stube“ zu verhindern. Da er trotz des eindeutig rechtsextremen Hintergrundes der Veranstaltung ein kurzfristiges Kippen eines angestrebten städtischen Verbotes durch die zuständigen Gerichte für möglich hält, rief er zu bürgerlichem Engagement und Zivilcourage auf: „Wir müssen gemeinsam mit allen Gleichgesinnten über die Parteigrenzen hinweg Gegenveranstaltungen vorbereiten und die Leute mobilisieren. Alle müssen sich etwas einfallen lassen. Denn Jena gehört den Bürgern, das müssen wir deutlich machen.“ und „Wir müssen zeigen: ... Rechtsradikale sind unerwünscht.“ Der Oberbürgermeister wird unterstützt durch seinen Finanz- und Ordnungsamtsleiter Frank Jauch: „Die Stadt Jena hat ein klares politisches Ziel: Sie will sich gegen eine rechtsradikale Vereinnahmung wehren.“ Auch die Jenaer CDU und die Junge Union wollen sich den Protesten anschließen.

    Derzeit werden in Thüringen verschiedene Aktionen vorbereitet, um das Neonazi-Fest am 11. Juni auf dem Jenaer Marktplatz oder an einem Ausweichort zu verhindern. Laut Presseberichten prüft die Stadt derzeit, ob es juristische Möglichkeiten gibt, die NPD-Veranstaltung zu verbieten. Das Jenaer „Aktionsbündnis gegen Rechts“ hat bereits eine Reihe von Gegenkundgebungen angemeldet. Im Zeitraum vom 10. bis 12. Juni werden darüber hinaus mehrere Veranstaltungen und unterschiedlichste Aktionen stattfinden. Die bislang geäußerten Ideen sind vielfältig: Von Friedensgebeten die ganze Woche vor dem 11. Juni über eine Menschenkette rund um die Innenstadt bis hin zu vielen kleineren und größeren Festen ist bislang die Rede. Auch ein Konzert für Jugendliche mit populären Bands in der Johannisstraße und ein Kinder- und Familienfest auf dem Theatervorplatz sind in Planung.

    Mit Blick auf die Zusammenstöße zwischen Neonazis und einem breiten Spektrum von Gegendemonstranten Mitte April auf dem Erfurter Anger und dem einhellig als überzogen verurteilten Polizeimaßnahmen wird zuweilen eine Eskalation befürchtet. Hinzu kommt, dass zahlreiche Antifa-Gruppen aus ganz Deutschland und den Nachbarländern mittlerweile nach Jena mobilisieren, um den „antifaschistischen Selbstschutz“ zu übernehmen. Neonazis aus dem In- und Ausland haben in Gästebüchern und per E-Mail bereits mehrfach offene Morddrohungen gegenüber linken und alternativen Jugendclubs, Wohn- und Freizeitprojekten wie der „Jungen Gemeinde Stadtmitte“ ausgesprochen und ein Niederbrennen und Zerstören dieser Objekte angekündigt.

    Ebenfalls am 11. Juni wird unweit des Marktplatzes in der Aula und im Innenhof der Friedrich-Schiller-Universität Jena ein Festakt der Studentenverbindung Corps Saxonia Jena stattfinden. Als Festredner auf dem 200. Stiftungsfest soll der ehemalige thüringische Ministerpräsident Dr. Bernhard Vogel auftreten. Somit sind unter Umständen auch Zusammenstöße zwischen den Verbindungsstudenten des farbentragenden, pflichtschlagenden Corps und linksradikalen Gegendemonstranten zu befürchten.

    Die Stadt setzt jedoch nach Angaben von Finanz- und Ordnungsamtsleiter Frank Jauch auf eine räumliche Trennung der verschiedenen Veranstaltungen. Die Bürger sollten nicht davor zurückschrecken, sich an den Gegenaktionen zu beteiligen. Auch Herbert Bartsch von der Polizeidirektion Jena versucht die Befürchtungen zu zerstreuen, dass es am 11. Juni ähnliche Ausschreitungen geben könnte wie in Erfurt. Er bekräftigte: „Die Strategie der Polizei ist vom Grunde her auf Deeskalation und Konfliktvermeidung ausgerichtet. Unbeschadet dessen ist es gesetzlicher Auftrag gegen Störungen der Sicherheit und Ordnung konsequent vorzugehen, auch unter Anwendung gesetzlicher Hilfsmittel.“ +wikinews+

    20 April 2005

    Kommentar zur Papstwahl

    Wäre die Burschenschaft im Vatikan mit Kakteen anstelle von Menschen befasst, wäre meine Haltung den Päpsten gegenüber liberaler.

    Aber so ist es nicht und darum sollte sich niemand nehmen lassen, der politischen Höhe des Pontifikats entsprechend hohe Erwartungen an Joseph Ratzinger - nun Benedikt XVI. - zu artikulieren.

    Ich sah die Bilder im Fernsehen. Der Papst sah gelöst aus, sympathisch. Die Römer nahmen ihn an. Als Menschen. Sicherlich auch viele als "Papa", was heute weniger Bedeutung als früher hat. Politisch gehen viele ihre eigenen Wege.

    Gut ist das und doch auch die Sehnsucht nach Geborgenheit in Werten, Suche nach Fundamenten, die sich vielen Menschen schneller aufzulösen scheinen als sich ihnen neue bilden können. Nicht nur in Europa.

    Doch was geben die alten Fundamente her? Fundamente für Trutzburgen gegeneinander? Anstatt die Unterschiede zu entwaffnen? Damit die Angst kleiner wird? Oder brauchen, schüren, missbrauchen die Religionen diese Ängste, um den Menschen Trutzburgen voreinander zu sein?

    Und die Begeisterung für den Papst - heute - im wenigstens achten Jahrtausend urbaner Menschheitsgeschichte - was bedeutet das außerdem? Eine Blamage für die Demokratie. Denn der Papst wird nicht von unten gewählt.

    Das ist nicht ihm vorzuwerfen, sondern die Frage stellt sich: Warum wählen die Menschen fortgesetzt Leute in die Politik, auf die sie sich so unzureichend einigen können?

    Ich gönne den Menschen ihre Hoffnungen, aber ich traue diesen Hoffnungen nicht, so lange sie auf Fundamenten gründen, um die man sich so wenig gekümmert hat, die kaum geprüft sind, was den Inhalt betrifft, wie viel Blut darin ist - im Namen Gottes, in dessen Namen sich der Mensch allerorten beruft, sobald seine Ideologien zur Macht nicht reichen. Oder wären es die Götter, die Kriege führen für solche Frieden, die nicht halten?

    Der gestorbene Papst war darin besser. Ich wünsche, dass der neue Papst noch besser wird, obwohl ich nicht beten mag für den Frieden, weil Wahlen genügen sollten, damit die Politik friedliche Wege geht.

    Gönnen wir dem Papst die Chance, die er nun ohnehin hat. Und seien wir ein Teil jener Öffentlichkeit, die den Fundamentalisten weltweit auf die Tatsache hinweist, dass wer anderen Menschen das gemeinsame Fundament bestreitet, ein Dieb ist - egal mit welchen Sprüchen.

    -msr- >> Diskussion