02 Juni 2007

Schweizer Bundesgericht erklärt degressive Steuern für verfassungswidrig

Lausanne (Schweiz), 02.06.2007 – Das Schweizer Bundesgericht hat mit sechs zu einer Stimme die im Kanton Obwalden eingeführte, umstrittene degressive Besteuerung für verfassungswidrig erklärt. Damit gibt es der staatsrechtlichen Beschwerde mehrerer Obwaldner recht, die einen Verstoß gegen die in der Verfassung vorgeschriebene Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit geltend gemacht hatten.

Das Obwaldner Steuergesetz, dem zufolge die Steuersätze ab einem Einkommen von 300.000 Franken und einem Vermögen von 5 Millionen Franken wieder sinken, war 2005 von 86 % der Abstimmenden im Kanton angenommen worden, um die wirtschaftliche Attraktivität der Randregion zu fördern und ergiebige Steuerzahler anzuziehen. Es hatte seither in der gesamten Schweiz für heftige Diskussionen um Steuerwettbewerb und Steuergerechtigkeit gesorgt. Die Obwaldner Regierung hat das Bundesgerichtsurteil akzeptiert und wird das Steuergesetz anpassen.

Der Kanton Schaffhausen, der ebenfalls degressive Steuertarife kennt, wird seine Praxis ebenfalls zu ändern haben.

Linksstehende Kreise in der Schweiz begrüßten das Urteil, während die rechtsstehenden Bundesräte Hans-Rudolf Merz und Christoph Blocher, die das „Obwaldner Modell“ unterstützt hatten, sich zunächst nicht dazu äußern wollten. Die Parteien FDP und SVP sprachen von einer Torpedierung des Steuerwettbewerbs sowie des Obwaldner Volkswillens; die SVP plant eine Änderung der Verfassung, die degressive Besteuerung ermöglichen soll. +wikinews+

Bescheidener Erfolg für Walschützer auf der Tagung der Internationalen Walfangkommission

Anchorage (Vereinigte Staaten), 02.06.2007 – Das allährliche Ritual der Sitzungen der Internationalen Walfangkommission (IWC), die dieses Jahr in Anchorage/Alaska stattfand, endete in diesem Jahr mit einem Erfolg der Nationen, die sich für den Schutz der Wale stark machen. Es gelang die Verabschiedung einer Resolution, die den kommerziellen Walfang auch künftig verbietet. Für die Existenz der bedrohten Meeressäuger ändert sich damit praktisch nicht so viel. Resolutionen dieser Art schützen ihr bedrohtes Leben nicht besser als bisher. Das seit 1986 gültige Verbot des kommerziellen Walfangs hinderte die größte Walfangnation, Japan, nicht daran, jedes Jahr rund tausend Wale zu erlegen – für „wissenschaftliche Zwecke“. Diese Begründung bezieht sich auf eine Formulierung des Walschutzabkommens, das von den Walfang betreibenden Nationen genutzt wird, um den kommerziellen Walfang unter diesem Deckmantel fortzuführen. Japan beruft sich bei seiner Argumentation für eine Wiederbelebung des Walfangs auch auf seine kulturelle Tradition. In Japan werde der Walfang seit dem 17. Jahrhundert betrieben und sei daher das Recht der japanischen Küstenbevölkerung.

Dass die Resolutionen der IWC den Walfangländern dennoch ungelegen kommen, zeigt die Drohung Japans, aus der Organisation auszutreten, weil diese kein Konzept für einen „nachhaltigen Walfang“ entwickeln wolle, sondern sich einseitig dem Schutz der Wale verschrieben habe. Konkrete Wirkung zeigt nämlich der ebenfalls gefasste Beschluss, den Verkauf von Walprodukten weiterhin zu untersagen. Damit wurde ein wichtiges Signal für die Konferenz des Washingtoner Artenschutzabkommens am kommenden Wochenende in Den Haag gesetzt, wo Japan die Aufhebung des Handelsverbots für Walfleisch durchsetzen will. Die gefassten Resolutionen gegen den kommerziellen Walfang beruhten auch auf gegenüber dem Vorjahr veränderten Mehrheitsverhältnissen im IWC. (Wikinews berichtete.) Der IWC hat einige neue Mitglieder – Zypern, Griechenland, Slowenien und Kroatien –, die auf der Seite der Walschützer stehen.

Trotzdem scheiterten wichtige Anliegen der Walschützer. So scheiterte ein Antrag auf Einrichtung eines Schutzgebiets im Südatlantik an der dafür erforderlichen Dreiviertelmehrheit.

Während sich Vertreter der Bundesregierung zufrieden zeigten, so Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU), der die Beibehaltung des Walfangmoratoriums als Erfolg bewertete, äußerten sich Walschützer kritisch. Für einen besseren Schutz der Wale sieht der Internationale Tierschutz-Fond keine Fortschritte. Der WWF spricht von einem „aktuellen dramatischen Ausmaß der Bedrohung für Wale, Delfine und Tümmler“. Dieser Situation werde der IWC in keiner Weise gerecht. Ein WWF-Artenschutzexperte, Volker Homes, sagte: „Die Regierungen müssen endlich ihre Effekthascherei beenden und sich ernsthaft damit beschäftigen, eine Organisation zu schaffen, die in der Lage ist, die wirklichen Probleme dieser Spezies anzugehen.“

Während die Konferenz so oder so bewertete Resolutionen verfasste, gingen in den Weltmeeren insgesamt 3288 Wale und Delfine als Beifang in den Netzen von Fischtrawlern zugrunde. Japan kündigte an, allein in diesem Sommer 50 der als bedroht geltenden Walart der Buckelwale zu töten, für „wissenschaftliche Zwecke“ versteht sich. ++

01 Juni 2007

G8-Gipfel: Keine Akkreditierung für kritische Journalisten

Berlin (Deutschland), 01.06.2007 – Das Bundespresseamt hat auf Empfehlung des Bundeskriminalamtes (BKA) 20 Journalisten die Akkreditierung für den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 verweigert. Laut Bundespresseamt wurden die betroffenen Journalisten aufgrund von „Ergebnissen von Sicherheitsüberprüfungen“ nicht für die Berichterstattung vor Ort zugelassen. Nähere Angaben zu den Gründen machte das BKA nicht.

Laut der Tageszeitung „junge Welt“ gingen beim Bundespresseamt insgesamt rund 4.700 Akkreditierungsanträge für den G8-Gipfel ein. Die Zeitung berichtet in einem auch online abrufbaren Artikel von fünf bekannten Fällen, bei denen die Akkreditierung nicht genehmigt wurde. Die betroffenen Personen hätten E-Mails erhalten, deren Kernbotschaft in einem der Fälle folgendermaßen lautete: „Wir müssen Ihnen mitteilen, daß Ihre Akkreditierung für den G-8-Gipfel auf Empfehlung des BKA nicht erteilt werden kann“. Betroffen sind unter anderem die Hamburger Fotografin Marily Stroux, der taz-Autor Felix Lee, der Berliner Fotograf Hermann Bach (Umbruch-Bildarchiv), Kamil Majchrzak, Redakteur der polnischen Ausgabe der Monatszeitung Le Monde diplomatique und Autor der Jungen Welt, sowie Andreas Siegmund-Schultze (junge Welt).

Spiegel Online berichtet, dass Felix Lee sich beim BKA über die Gründe der Ablehnung für seine Arbeit im G8-Pressezentrum erkundigt habe, worauf man ihn an das Landeskriminalamt verwiesen habe. Das LKA sei überrascht gewesen und habe erklärt, Lees Nichtakkreditierung sei auf einen Einwand des Verfassungsschutzes zurückzuführen. Laut Spiegel Online hat das BKA in den letzen Wochen zweimal Erkundigungen über Felix Lee eingeholt. Dabei hätte es positive Signale für seine Akkreditierung gegeben. Laut taz-Vizechefredakteur Reiner Metzger will die Zeitung bei Gericht eine einstweilige Verfügung beantragen, sofern Lee nicht bis heute Mittag doch noch eine Akkreditierung erhalten sollte. In einem Artikel für die taz beschreibt Reiner Metzger den Arbeitsbereich von Felix Lee. Demnach arbeitet Lee seit Jahren für den Berlin-Teil der taz. In letzter Zeit war der G8-Gipfel und die Gegenbewegung Schwerpunkt seiner Berichterstattung. So hat er Aktivisten interviewt und über die Hausdurchsuchungen der Bundesanwaltschaft geschrieben. Laut dem taz-Artikel von Reiner Metzger wurden nun Anfragen an das Landes- und Bundesamt für Verfassungsschutz gesandt, um zu erfahren, was dort über den Journalisten gespeichert ist.

In einer gestern veröffentlichten Pressemitteilung bezieht die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), eine Gruppe innerhalb der Gewerkschaft ver.di, Stellung zu den nicht genehmigten Akkreditierungsanträgen. Die dju protestiert nachdrücklich gegen die Entscheidungen des Bundespresseamtes. Die Pressemitteilung enthält nähere Informationen zum Fall Marily Stroux. Diese wurde in einer E-Mail dazu aufgefordert, sich bei Fragen an den Datenschutzbeauftragten des BKA zu wenden, der sich in einem ersten Kontakt für nicht zuständig erklärt habe und die Fotografin an das LKA Hamburg weiterleitete. Einem Artikel der jungen Welt zufolge konnte man ihr auch dort nicht weiterhelfen. Marily Stroux hat inzwischen beim Berliner Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung gegen das Bundespresseamt auf sofortige Ausstellung der Akkreditierung erwirkt. Dieses Vorgehen empfiehlt die dju allen betroffenen Journalisten.

Aus Sicht der dju wurden vor allem Journalisten bereits erteilte Akkreditierungen entzogen, die im Vorfeld des G8-Gipfels über „die Durchsuchungs- und Repressionsmaßnahmen gegen Kritiker des G8-Gipfels (Wikinews berichtete) berichteten“. „Wir betrachten diese Vorgehensweise als absolut unzulässigen Versuch der Beeinträchtigung der freien Berichterstattung vom G8-Gipfel und als Maßnahme der Einschüchterung, die wachsame kritische Berichterstattung verhindern soll“, heißt es in der dju-Pressemitteilung. Darin wird die sofortige Zulassung und Wieder-Akkreditierung der betroffenen Journalisten und die Offenlegung der Grundlagen der Empfehlungen des BKA und ihrer Quellen gefordert.

Das Bundespresseamt verteidigte seine Entscheidungen laut Spiegel Online. Journalisten könne bei Veranstaltungen dieser Art nicht ohne Sicherheitskontrollen Zugang gewährt werden, sagte ein Regierungssprecher. Das Bundespresseamt habe das übliche Akkreditierungsverfahren angewandt. Die Sicherheitsüberprüfung werde im Einverständnis mit den Journalisten durchgeführt. „Nur wenn eine entsprechende Empfehlung der Sicherheitsbehörden vorliegt, wird keine Akkreditierung ausgestellt“, fuhr der Sprecher fort. (wikinews)

  • Diskussionen
  • 31 Mai 2007

    Garri Kasparow hat Todesangst

    Madrid (Spanien), 31.05.2007 – Der ehemalige Schachweltmeister Garri Kasparow von der russischen Oppositionspartei „Drugaja Rossija“ fürchtet Mordanschläge.

    Wenn er mit der Aeroflot fliege, nehme er keine Bordnahrung zu sich, da er Angst habe, dass diese vergiftet sein könnte. Dennoch seien Kasparows Risiken nichts gegen die seiner Aktivisten in der Provinz. Erinnerungen an das Franco-Regime würden beim Putin-Regime wach, so der Supergroßmeister gegenüber dem spanischen Tagesblatt „El País“. Putins Regime sei durch feudale Elemente gekennzeichnet.

    Am 18. Mai habe sich die Europäische Union beim EU-Russland-Gipfel in Samara erstmals entschieden gegen Putins Politik geäußert. Er glaube, Europa habe verstanden, dass die russische Regierung nicht demokratisch sei, so Kasparow weiter. Der Westen würde nun die Einstellung zur Regierung in Russland ändern. Kasparow beklagte sich, dass Demokratie und Rechtsstaat unter Putin litten, worauf Europa hinweisen müsse. Es schade „uns“, Putin als Demokraten hinzustellen. Bei Russland handele es sich wie bei Simbabwe oder Weißrussland um einen Polizeistaat. Man sei automatisch schuldig, wenn man verhaftet würde. Kasparow verglich dies mit der Sowjetunion. Niemand sei in Russland sicher. Kasparow drängte die Europäischen Union, freie und gerechte Wahlen 2008 zu garantieren.

    Bei einer Reise nach Frankreich übte Kasparow erneut scharfe Kritik an Putin. In der Vorwoche war dem ehemaligen Schachweltmeister eine Reise zum EU-Russland-Gipfel in Samara verwehrt worden. Kasparow wollte dort an einem Protest teilnehmen.

    Die „Internationale-Helsinki Föderation für Menschenrechte“ (IHF) und die „Moskauer Helsinki Gruppe“ forderten, dass die Beteiligung an friedlichen Protesten für russische Bürger gewährleistet werden müsse. IHF-Direktor Aaron Rhodes nannte es ein Menschenrecht und eine grundlegende bürgerliche Freiheit, Unzufriedenheit mit der Politik in einem Staat auszudrücken.

    Kasparow hat beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine Klage eingereicht. Damit protestierte er gegen seine Verhaftung und Verurteilung im April 2007. Die Rechte auf Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit sehe der Oppositionspolitiker verletzt, so das Gericht. (wikinews)

    30 Mai 2007

    G8-Gipfel: Heiligendamm ist „dicht“

    Bad Doberan / Berlin (Deutschland), 30.05.2007 – „Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus“, sagt ein Sprichwort. Gemessen an den im Vorfeld getroffenen Maßnahmen zur Sicherung des Tagungsortes Heiligendamm erwartet das kleine Seebad an der Ostsee wirklich etwas Großes. Heute – eine Woche vor dem Gipfeltreffen der G8-Staaten in Heiligendamm – wurde der kleine Ort, der von einem 13 Kilometer langen und 2,50 Meter hohen Sicherheitszaun umgeben ist, hermetisch abgeriegelt. Niemand kommt mehr hinein oder heraus, ohne sich einer speziellen Kontrollprozedur zu unterziehen. Das Sperrgebiet dürfen ab heute nur noch Anwohner, Hotel-Bedienstete und Polizisten betreten. Auch von der Seeseite her ist ein Zugang nach Heiligendamm nicht mehr möglich.

    Urlauber, die sich in den Hotels von Heiligendamm niedergelassen hatten, mussten ihr Feriendomizil bereits gestern verlassen. In der Region sind inzwischen etwa 5.000 Polizisten aus mehreren deutschen Bundesländern eingetroffen, die die Sicherheit am Tagungsort des G8-Gipfels gewährleisten sollen. Weitere 2.000 Uniformierte werden am Wochenende in Heiligendamm den Aufmarsch staatlicher Sicherheitskräfte verstärken.

    Seit Wochen wird zwischen Globalisierungskritikern und den Sicherheitsbehörden ein juristisches Tauziehen um die Modalitäten für geplante Demonstrationen am Tagungsort Heiligendamm ausgetragen. Vor dem Verwaltungsgericht Schwerin gelang den Demonstranten ein juristischer Teilerfolg. Sie dürfen bis auf 200 Meter an den Zaun heran, um ihren Protest gegen die Veranstaltung der acht mächtigsten Industrienationen zum Ausdruck zu bringen. Die juristische Auseinandersetzung ist aber noch nicht beendet. Mit weiteren Gerichtsentscheidungen bis zum Gipfel ist noch zu rechnen. Dabei geht es vor allem um die Frage, inwieweit am Flughafen Rostock-Lage und seinen Zufahrtswegen Protestaktionen zulässig sind. Globalisierungskritiker hatten Blockaden der Zufahrtswege angekündigt.

    Indessen gerät die Frage nach der inhaltlichen Ausrichtung des Gipfels etwas aus dem Blickfeld der Berichterstattung. Große Erwartungen an den G8-Gipfel in Heiligendamm werden aber nicht geäußert. Die deutsche Bundesregierung als Ausrichter hat ihre politischen Schwerpunkte am 24. Mai 2007 im Deutschen Bundestag dargelegt. Als Leitmotiv des G8-Gipfels formulierte die Bundesregierung: „Einbindung der Schwellenländer in die Systeme globaler Verantwortung“. Mit diesen Schwellenländern sind vor allem Indien und China gemeint. Die Rolle dieser Staaten wird vor allem bei der Frage des Klimaschutzes deutlich. Die deutsche Ratspräsidentschaft strebt auf dem G8-Gipfel Fortschritte bei der Abstimmung eines internationalen Vorgehens zur Verwirklichung von Klimaschutzzielen wie der Verringerung von Treibhausgasen an. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass das so genannte Kyoto-Protokoll, das die Klimaschutzziele der Vereinten Nationen formuliert, im Jahr 2012 ausläuft und nach Wegen gesucht wird, die Rahmenvereinbarung zum Klimaschutz für die Zeit nach 2012 neu zu formulieren. Im Zusammenhang mit der Formulierung von Zielen für den Klimaschutz stehen auch Bemühungen, Ziele für eine höhere Energieeffizienz zu formulieren. Die Skepsis in Bezug auf die Chancen zur Vereinbarung tragfähiger Ziele zum Klimaschutz beim G8-Gipfel in Heiligendamm wurde in den letzten Tagen von verschiedenen Seiten deutlich gemacht, zuletzt heute beim Treffen der G8-Außenminister in Potsdam. Den Vereinigten Staaten wird eine Blockade von Fortschritten in der Frage des Klimaschutzes vorgeworfen. Auch die Schwellenländer sträuben sich gegen konkrete Maßnahmen zur Absenkung von Grenzwerten für den Ausstoß von Treibhausgasen. Die Vereinigten Staaten haben vorgeschlagen, im Abschlussdokument des G8-Gipfels die Atomkraft als wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz hervorzuheben.

    Die US-Regierung ist offenbar nicht geneigt, irgendwelche Kompromisse mit der deutschen G8-Ratspräsidentschaft in Fragen des Klimaschutzes einzugehen. Sie verlangte sogar in diplomatisch unverblümten Worten die Streichung aller entsprechenden Vorschläge der deutschen Bundesregierung. In einer Erklärung der US-Regierung heißt es wörtlich: „Die US-Regierung hat ernsthafte und fundamentale Bedenken gegen den Entwurf für ein Schlussdokument.“ Weiter ist in der Stellungnahme von einer „fundamentalen Opposition zur deutschen Position“ die Rede. Ein neues Klimaschutz-Abkommen in der Nachfolge des Kyoto-Protokolls wird von den USA ebenfalls strikt abgelehnt.

    Der Greenpeace-Klimaexperte Jörg Feddern schlug angesichts der schwindenden Aussichten für eine gemeinsame Zielformulierung des G8-Gipfels in Fragen des Klimaschutzes vor, lieber eine G6-Erklärung zu verabschieden als sich auf einen „wachsweichen Kompromiss“ einzulassen.

    Weitere politische Ziele der deutschen Ratspräsidentschaft sind die Vereinbarung von Maßnahmen zur Verringerung von Ungleichgewichten in den internationalen Handelsbeziehungen, die Thematisierung der so genannten sozialen Dimension der Globalisierung und die Führung eines Meinungsaustausches zu Fragen der Sicherung von Markenrechten (Stichwort „Produktpiraterie“).

    Internationale Beobachter hegen große Zweifel daran, ob auf dem Gipfel in Heiligendamm greifbare Fortschritte in der Koordination der führenden Industrieländer bei der Bewältigung der internationalen Probleme, insbesondere beim Klimaschutz, erzielt werden können. So sagte der US-Politikwissenschaftler Daniel Hamilton aus Washington gegenüber Deutschlandradio, in den nächsten zwei Jahren werde es möglicherweise zu Veränderungen der US-Position in der Frage gemeinsamer Vereinbarungen von Klimazielen kommen, aber nicht mehr während der Amtszeit von George W. Bush: „Und das heißt, sie sind nicht dabei, wenn es darum geht zu bestimmen, wie viel Grad sich das alles senken muss usw. Die sind im Prinzip einfach gegen solche Abkommen.“ +wikinews+

    29 Mai 2007

    Nichtregierungsorganisationen kritisieren Afrikapolitik der G8

    Berlin (Deutschland), 29.05.2007 wikinews – Vertreter der Nichtregierungsorganisationen Oxfam Deutschland, Attac Deutschland und des Bündnisses Gerechtigkeit jetzt! übten heute in Berlin Kritik an der Afrikapolitik der G8. In einer gemeinsamen Presseerklärung werden verschiedene Kritikpunkte dargelegt. Laut tagesschau.de bezeichneten Vertreter der NGOs die beim G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 angestrebten Ziele als „wohlfeile Rhetorik“ und „Ablenkungsmanöver“.

    Jörn Kalinski von Oxfam äußerte sich zur Politik der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds. „Ungeeignete, von der Weltbank veranlasste Privatisierungen bei der Wasserversorgung und Gesundheitsfürsorge haben die Fähigkeit der Regierungen der armen Länder untergraben, grundlegende soziale Dienstleistungen bereitzustellen“, sagte Jörn Kalinski. Der Oxfam-Vertreter schlug vor, die nationalen Gesundheits- und Bildungssysteme dieser Länder zu stärken. Pedram Shahyar vom Attac-Koordinierungskreis machte auf die Versprechungen der G8 in Sachen Entwicklungshilfe aufmerksam. Dazu meinte er: „Die G8-Staaten haben alle ihre Versprechungen gebrochen, substantiell gegen die Armut und das Massensterben in Afrika zu wirken.“ Oxfam hatte bereits anfang dieses Monats eine Studie veröffentlicht, in der es heißt, die G8-Staaten seien dabei, ihre Versprechen nicht einzuhalten. Konkret geht es um das auf dem G8-Gipfel in Gleneagles 2005 gemachte Versprechen, die Summe der jährlichen Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2010 um 50 Milliarden US-Dollar zu erhöhen (Wikinews berichtete). Laut dem Oxfam-Bericht „The World Is Still Waiting“ wird dieses Ziel voraussichtlich deutlich (um 30 Milliarden US-Dollar) verfehlt werden. Als den „größten Skandal der Menschheitsgeschichte“ bezeichnete Pedram Shahyar von Attac dies einem Bericht von tagesschau.de zufolge.
    Ein weiterer Fokus der Kritik richtet sich auf die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA). Frauke Banse von Attac kommentierte die geplanten Abkommen, die im Rahmen von Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und afrikanischen Staaten zustande kommen sollen, mit folgenden Worten: „In den Verhandlungen über die Abkommen wird suggeriert, dass die europäischen und afrikanischen Ökonomien gleich stark sind. Tatsächlich können die afrikanischen Märkt der europäischen Konkurrenz nicht standhalten“. Die bisherigen Ergebnisse der Doha-Runde, der aktuellen Verhandlungsrunde im Rahmen der Welthandelsorganisation führten aus Sicht der Nichtregierungsorganisationen de facto zu einer Schrumpfung der afrikanischen Ökonomien. Dabei berufen sich die Organisationen auf eine Studie der US-Stiftung „Carnegie Endowment for International Peace aus dem Jahre 2005“. Alexis Passadakis von Gerechtigkeit jetzt! machte Widersprüchlichkeiten im Programm der deutschen G8-Präsidentschaft aus. Insbesondere der Schutz von Investitionen und geistigem Eigentum, der von Industrieländern gefordert wird, sei gegen die Interessen Afrikas gerichtet.

    Die von der deutschen Bundesregierung gestaltete Agenda des diesjährigen G8-Gipfels, die unter dem Leitmotto „Wachstum und Verantwortung“ steht, ist in die zwei Bereiche „Investitionen, Innovationen und Nachhaltigkeit“ und „Afrika – Gute Regierungsführung, nachhaltige Investitionen, Frieden und Sicherheit“ gegliedert. Offiziell sollen damit „die Ausgestaltung der globalisierten Weltwirtschaft und die Entwicklung Afrikas“ im Zentrum der Gespräche stehen. Während im ersten Themenbereich die zu beratenden Themen recht konkret benannt werden, werden beim Thema Afrika nur die Hauptprobleme skizziert. Als solche sieht die Bundesregierung die wirtschaftliche Entwicklung des Kontinents, die Bekämpfung der Armut und den Kampf gegen HIV/Aids an.

    In einer siebenseitigen Erläuterung der Agenda finden sich nähere Angaben der Bundesregierung zum Thema Afrikapolitik auf dem G8-Gipfel. Dort heißt es: „Die deutsche G8-Präsidentschaft ist aber der Auffassung, dass öffentliche Mittel und Entschuldung alleine nicht ausreichen werden, um die Millenniums-Entwicklungsziele in Afrika zu erreichen. Hierfür sind Wirtschaftswachstum und Investitionen, Eigenverantwortung und Reformprozesse in Afrika wichtige Voraussetzungen.“ Im Papier fordert die Bundesregierung von den afrikanischen Staaten Good Governance. Die von den NGOs eher kritisch bewerteten privatwirtschaftlichen Investitionen hält die Bundesregierung für „unerlässlich für das Erreichen der Millennium-Entwicklungsziele und ein nachhaltiges, armutsminderndes Wirtschaftswachstum.“

    28 Mai 2007

    Russland: Volker Beck festgenommen

    Moskau (Russland), 28.05.2007 – In Russland wurde am Sonntagmorgen erneut ein bekannter Politiker festgenommen. Diesmal handelte es sich um den Bundestagsabgeordneten Volker Beck von der deutschen Partei Bündnis 90/Die Grünen.

    Beck hat nach Angaben eines Fraktionssprechers versucht, im Moskauer Bürgermeisteramt mit Kollegen aus dem italienischen und dem Europaparlament eine Petition für die Versammlungsfreiheit zu übergeben. Noch bevor Volker Beck die Petition überreichen konnte, wurde er von Polizeikräften in Gewahrsam genommen. Vor dem Amt sei es zu Auseinandersetzungen gekommen, bei denen Beck mit Eiern und Tomaten beworfen worden sei.

    Als bekennender Schwuler nahm Volker Beck an einer Moskauer Konferenz für die Rechte Homosexueller teil. Die Polizei hatte angekündigt, gegen die geplante Homosexuellen-Parade hart vorzugehen. Auch Nationalisten, Religionsanhänger und Kommunisten hatten sich am Samstag gegen die Parade ausgesprochen. Bei der Kundgebung wurden mehrere Demonstranten festgenommen. Die Sicherheitskräfte gingen laut Radioberichten mit Gewalt gegen Demonstranten vor.

    Nach Auskunft des Fraktionssprechers der Grünen im Bundestag wurde die deutsche Botschaft eingeschaltet.

    Bereits im vorigen Jahr wurden Teilnehmer an dem verbotenen Marsch von Sicherheitskräften, Neonazis und Christen angegriffen. Auch Volker Beck wurde damals von Rechtsradikalen attackiert. Im Alltag werden Homosexuelle in Russland häufig attackiert und diskriminiert. Homosexualität ist dort offiziell seit 1993 legal. +wikinews+

    Demonstration gegen das ASEM-Treffen in Hamburg

    Hamburg (Deutschland), 28.05.2007 – Heute demonstrierten in Hamburg nach Angaben der Veranstalter rund 7.000 Menschen gegen das ASEM-Treffen, die Polizei spricht von 4.000 Demonstrationsteilnehmern. Die 8. ASEM-Außenministerkonferenz findet heute und morgen statt. Gastgeber ist die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Bei ASEM handelt es sich um ein Treffen der Außenminister der EU-Mitgliedsstaaten mit 16 asiatischen Amtskollegen.

    Gestern hat eine Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts mitgeteilt, dass das Gericht eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Hamburger Oberverwaltungsgerichts zur Demonstrationsroute abgelehnt hat. Demnach durfte der heutige Protestzug nicht durch das Stadtzentrum ziehen und musste sich dem Rathaus, wo das Treffen stattfindet, fernhalten. Er durfte sich dem Rathaus nur auf bis zu 500 Meter nähern. Aufgrund der massiven Polizeipräsenz und Behinderungen der Demonstration durch die Polizei erklärte der Organisator Andreas Blechschmidt die Demonstration nach einer Zwischenkundgebung am Rödingsmarkt für beendet. „Dieser Wanderkessel ist versammlungsrechtlich ein Skandal“, sagte der Demonstrationsleiter laut ndr.de. Nach Auflösung der Demonstration sollten die Teilnehmer den Platz auf Anweisung der Polizei in Richtung Millerntor verlassen, wo die Demonstration am Mittag gestartet war. Laut ndr.de blieben einige Demonstrationsteilnehmer, die sich in einem Schwarzen Block formiert hatten, anschließend noch auf dem Platz, woraufhin die Polizei Wasserwerfer auffuhr und einige Personen festnahm. Nach Polizeiangaben haben sich im Schwarzen Block etwa 1.000 Autonome formiert. „Das ist eine Größenordnung, die die autonome Szene sonst nicht auf die Beine stellt", zitiert ndr.de Polizeisprecher Ralf Meyer.

    In einem Bericht von ndr.de werden die Sicherheitsvorkehrungen anlässlich der Demonstration und des ASEM-Treffen als „extrem“ bezeichnet. Mehrere Tausend Beamte aus Hamburg und anderen Bundesländern seien im Einsatz gewesen. Einige Räumfahrzeuge und Wasserwerfer standen bereit. Es soll zu Wasserwerfereinsätzen gekommen sein. Auch sollen Polizisten Knüppel gegen Demonstranten eingesetzt haben. Die Demonstration wurde mehrmals von der Polizei angehalten. Zudem kam es zu Rangeleien zwischen Polizisten und Demonstranten. In Anspielung auf die Durchsuchungen bei G8-Gegnern trugen einige Demonstranten Stoffbänder mit der Aufschrift „Kritik = Terror“ am Mund. Auf dem Fronttransparent war die Parole „Autonome in Bewegung. G8, ASEM und EU angreifen“ zu lesen. Bereits am Samstag gab es in Hamburg eine Demonstration gegen die Bildungspolitik der G8-Staaten.

    Die deutsche Bundesregierung bezeichnete den ASEM-Gipfel als das „größte Ereignis der deutschen EU-Präsidentschaft in diesem Jahr“. Mit den Außenministern Indiens, Pakistans, der Mongolei, Bulgariens, Rumäniens und dem ASEAN-Generalsekretär nehmen in Hamburg sechs neue Mitglieder des 1996 initiierten informellen Zusammenkommens teil. Am Treffen nimmt auch der Hohe Repräsentant der EU für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, als Gast teil. Die Deutsche EU-Ratspräsidentschaft benannte als ein wichtiges Ziel des Treffens, die neuen ASEM-Mitglieder für eine engagierte Mitarbeit zu gewinnen. Des Weiteren stehen die Themen Klimaschutz und Energiefragen auf der Tagesordnung. Laut faz.net appellierte Außenminister Frank-Walter Steinmeier an die Konferenzteilnehmer, sich stärker für den Klimaschutz zu engagieren. Medienberichten zufolge gilt das ASEM-Treffen als Vorbereitung für den kommenden G8-Gipfel in Heiligendamm, obwohl mit Deutschland und Japan nur zwei G8-Staaten am Treffen teilnehmen. +wikinews+

    Verwaltungsgericht Schwerin schränkt Demonstrationsverbot in Heiligendamm ein

    Schwerin (Deutschland), 28.05.2007 – In einer Entscheidung vom 25. Mai schränkte das Verwaltungsgericht in Schwerin das Demonstrationsverbot der Behörden in Heiligendamm wieder ein. Demnach ist es jetzt erlaubt, außerhalb des Sicherheitszauns und einer 200-Meter-Pufferzone zu demonstrieren. Rettungswege müssten jedoch freibleiben. Die Pläne der Polizei sahen vor, vom 5. Juni an ein allgemeines Verbot für Demonstrationen im Umkreis von fünf bis zehn Kilometern um den Sicherheitszaun zu erlassen. +wikinews+

    26 Mai 2007

    TAZ: Polizei öffnet Briefe bei Suche nach G8-Gegnern

    Hamburg (Deutschland), 26.05.2007 – Wie die Zeitung „die Tageszeitung“ (taz) am 25. Mai meldet, hat die Polizei auf der Suche nach G8-Gegnern im Briefzentrum Hamburg der Deutschen Post AG Briefe geöffnet. Federführend sei das Landeskriminalamt gewesen. Sogar ein eigener Raum sei für die Beamten eingerichtet worden. Im Fokus hätten vor allem Briefe aus den Stadtteilen Altona, St. Pauli, Eimsbüttel, Schanzen- und Karoviertel gestanden. Die Anzahl der durchsuchten Briefe wird auf mehr als 10.000 geschätzt.

    Die Deutsche Post AG bestätigte die Vorgänge. Demnach sei den Postbeamten ein richterlicher Beschluss vorgelegt worden, so ein Sprecher des Unternehmens. Die Kontrollen seien im Zeitraum von Dienstag bis Donnerstag erfolgt, auch sei ein Briefkastenleerer begleitet worden. Ob das Ziel der Beamten „G8-Gegner“ waren, konnte der Sprecher jedoch nicht sagen. Eine aktive Unterstützung bei der Durchsuchungsaktion durch Mitarbeiter der Deutschen Post AG habe es nicht gegeben.

    Die Hamburger Polizei wollte sich bisher gar nicht dazu äußern und verwies auf eine Pressekonferenz Anfang nächster Woche.

    Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz, bat das Bundeskriminalamt und die Generalbundesanwaltschaft in der Zwischenzeit um eine Stellungnahme. +wikinews+