Posts mit dem Label Arabische Staaten werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Arabische Staaten werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

18 März 2011

Deutschlands Enthaltung war ... (Libyen)

Bei Phoenix-TV dozierte Nahost-Eperte Marcel Pott, dass Deutschland trotz der Ablehnung eines Militärschlags hätte für die Resolution stimmen sollen, um nicht den aktiv werdenden NATO-Partnern die Solidarität zu versagen.

Da irrt der Experte bzw. kommt vom eigenen Wunschdenken nicht ab, denn so doof darf der internationale Intellekt nicht sein, dass nicht auch Enthaltungen und Gegenstimmen richtig verstanden würden. Und wenn die Bundesregierung der Auffassung ist, zwar mit den Zielen übereinzustimmen, nicht aber mit dem militärischen Vorgehen (soeben von Merkel gesagt), dann war die Enthaltung zu der Resolution schon reichlich entgegenkommend.

Partnerschaft muss auch mal aushalten können, wenn ein Partner den anderen durch ein Nein an einem Fehler hindert.

Markus Rabanus >> Diskussion

Weltsicherheitsrat verhängt Flugverbotszone gegen Libyen

Bei Enthaltung von Brasilien, China, Deutschland, Indien und Russland autorisierte der Weltsicherheitsrat "alle notwendigen Maßnahmen" zur Durchsetzung einer Flugverbotszone gegen Libyen. Unterdessen scheinen Gaddafis Armeen den Aufstand weitgehend niedergeschlagen zu haben und auf die Hafenstadt Bengasi (ca.700.000 Einwohner) vorzurücken.

12 März 2011

Arabische Liga fordert Flugverbotszone

Die Arabische Liga soll sich für eine Flugverbotszone gegen Gaddafi, aber gegen eine Intervention ausgesprochen haben. Gespräche mit der libyschen Opposition seien vorzubereiten.
Frankreichs Präsident Sarkozy hatte bereits zu allgemeiner Überraschung im Alleingang eine libysche Exilregierung anerkannt und militärisches Eingreifen gefordert, wofür er allerdings nur von Großbritannien Unterstützung bekam. Westerwelle und Merkel reagierten äußerst zurückhaltend bzw. abweisend. So meinte Westerwelle zutreffend, dass es leicht sei, einen Krieg zu beginnen, aber schwerer, ihn zu beenden.
Gestern einigte sich die EU darauf, dass Gaddafi zurücktreten solle. Das machte er nicht. Stattdessen setzten nach übereinstimmenden Meldungen Gaddafis Armeen ihren Vormarsch fort. Die Aufständischen, die unseren Medien vor die Kameras kommen, scheinen mit ihren auf Pickups montierten Geschützen wenig ausrichten zu können.
>> Diskussion

08 März 2011

Libyen: Phillip M. und die Flugverbotszone

"CDU-Außenpolitiker" Philipp Missfelder fordert eine Flugverbotszone, schafft es damit ins Handelsblatt, aber "lässt offen", in welcher Form sich die Bundeswehr beteiligen könnte. Mutig, mutig, sofern man sich das Szenario ausmalt: Zwischenlandung Lampedusa und rein ins Kampfgebiet, Gaddafis Luftwaffe runterholen, seine Flugabwehr ausschalten und kreisen, "klar sei aber", dass es im Weltsicherheitsrat nicht ohne Zustimmung der USA durchgesetzt werden könne. - Wie wahr. Übrigens haben auch China und Russland Vetorechte. Er kann nicht alles bedenken. Im August 79 geboren, wofür er noch weniger kann, mit 14 in die Junge Union, mit 16 CDU-Mitglied, mit 26 in den Bundestag und ausgesorgt, denn die Personaldecke der Parteien ist dünn.

Und die Flugverbotszone? Als Gaddafi noch unter Schockstarre stand, war es vielleicht mal Option, aber wohl eher doch nicht, denn niemand, auch die US-Regierung weiß nicht, wer, was und wie unterstützt werden kann. Und inzwischen marschieren die Bodentruppen durch vormals von Aufständischen kontrollierte Städte. - Es würde ein Krieg und keinen vermeiden. Wer Eskalation nicht will, sondern Leben schützen, muss das Gequatsche von Angriffen, Interventionen und Klageerhebung jetzt lassen und für die Konfliktparteien den Verhandlungstisch fordern.

Markus Rabanus >> Diskussion

22 Februar 2011

Weltweiter Flächenbrand und Komplettversagen

Wir staunen, wie in kürzester Frist ein Unterdrückerregime nach dem anderen kollabiert, einschließlich der damit verbundenen Wirtschaftssysteme. Ein immer größerer Teil der Weltwirtschaft ist betroffen - und so schnell kommt kein Phönix aus der Asche. Die riesigen Politikapparate Europas sind unvorbereitet und überrascht, fühlen sich von historisch vergleichsweise wenigen "Wirtschaftsflüchtlingen" bedroht - anstatt jetzt einfach mal intensivst zu helfen und positive Teilhabe am Wandel zu praktizieren/demonstrieren, denn im Heute definiert sich viel Zukunft. Die "Thinktanks" schweigen und der Innenminister schwafelt, Deutschland könne schließlich nicht der ganzen Welt helfen, als sei das gefordert und als redeten sich nicht alle reicheren Staaten mit dem selben Spruch aus Verantwortung raus.

Wenn Westerwelle nach Tunesien flog, dann war das eine nette und richtige Geste, aber im Gepäck war zu wenig, denn die versprochene "Hilfe beim Aufbau einer unabhängigen Justiz" ist allemal nachrangig, wenn es ums nackte Überleben z.B. in der für viele Tunesier wichtigen Tourismus-Branche geht. Warum fliegt kein DGB-Vorstand hin und exportiert mal Mitsprache-Bewährtes? Warum wissen unsere Zeitungen nichts zu berichten, welche tunesischen Wünsche Westerwelle mit auf die Heimreise nahm? - Und der Flächenbrand geht weiter, in dem nicht nur Unterdrücker, sondern auch Hoffnungen untergehen, wenn Hilferufe ungehört bleiben.

China, Libyen, Marokko und Tote

Obwohl Peking die Berichterstattung über die Aufbrüche in den arabischen Staaten kurz hält, kam es in zahlreichen Metropolen Chinas zu "Jasmin-Demonstrationen". Teilnehmer und vermeintliche Rädelsführer werden verhaftet, die Auslandspresse behindert und Internetsperren vorgenommen.

Wurde bis zur gestrigen TV-Ansprache eines Gaddafi-Sohns noch spekuliert, wie die Berichte über Unruhen zu bewerten sind, ist seit den öffentlichen Drohungen und durch Berichte rückreisender Deutscher klar, dass Libyen auf einen politischen Großkatastrophe zudriftet. Die EU reagierte mit angemessenen Ermahnungen und Warnungen. Andererseits lässt es die EU an jetzt dringend erforderlichen Hilfen für Flüchtende fehlen.

Auch vor Marokko macht der Aufbruch nicht Halt. Auch dort reagiert das Regime mit Todesschüssen. Auf wessen Seite wir stehen, wird daran gemessen, wem wir beim Ertrinken zusehen.

Markus Rabanus >> Diskussion

13 Februar 2011

Revolution "oder weniger"

So ungeschickt ist niemand, den Ägyptern die Anerkennung ihres demokratischen Erfolgs abzusprechen, aber einige sind recht fleißig dabei, die historische Leistung klein zu reden,
- weil jetzt anstelle Mubaraks die Generäle regieren, was so neu nicht ist,
- weil offen ist, wann und ob es zu freien Wahlen kommt,
- weil freie Wahlen noch keine Demokratie bedeuten, ...
Vermutlich wissen das die Ägypter - und es bliebe zu ergänzen:
- die Superreichen sind noch immer und auch die Armut blieb.

Doch schauen wir uns die Habenseite an:
- Der Rücktritt Mubaraks war Hauptforderung der Massendemonstrationen und wurde durchgesetzt,
- das Demonstrationsrecht ist erstritten,
- das Vereinigungsrecht ist erstritten.
Die Menschen in Ägypten können/dürfen ihren WILLEN artikulieren. Das ist ein Sieg für die Würde des Menschen.

Was ist "Revolution" überhaupt?

Nur totalitäre Ideologien definieren den Revolutionsbegriff in ein vermeintliches Komplettprogramm um, obwohl auch Totalitäre nie verlegen waren/sind, einzelne Etappensiege als "Revolution" zu feiern, aber ihnen darf es propagandistisch nicht mit Reformen weitergehen, sondern sie geben sich weiterhin als "Revolutionäre" aus, denn sie sind auf den permanenten Ausnahmezustand angewiesen, damit ihre Regeln nur gegen die anderen gelten.

(Politische) Revolution ist, dass sich Verhältnisse gegen die Mächtigen und Regeln des Regimes durch innenpolitische Opposition umkehren. Die Habenseite zeigt, was sich umkehrte. Und das war zunächst mal den Revolutionären wichtig. Und was noch geblieben ist, steht erst jetzt auf der Agenda. Die Generäle machten heute immerhin schöne Versprechungen. Es wird darauf zu achten sein, dass sie die Versprechen nicht brechen.

Markus Rabanus >> Diskussion

11 Februar 2011

Ägyptens Sieg für die Menschenwürde



Ein historischer Tag. Und geschafft mit Mut, Ausdauer und friedlichen Mitteln.

Jetzt werden dort und überall viele lernen müssen, miteinander zu reden, mit denen sie und worüber sie vorher nicht reden wollten.
>> Diskussion

03 Februar 2011

Mubaraks gefälschte Anhänger

Gestern war zu sehen, wie berittene Mubarak-Anhänger auf Pferden und Kamelen die Protestierenden auf dem Tahrir-Platz in Kairo angegriffen. Mit gewöhnlichen Reitpferden sind solche Einsätze unmöglich, denn Pferde sind Fluchttiere. Nur mit äußertem Drill, also mit polizeilicher oder militärischer Ausbildung und äußerster Abstumpfung lassen sich Pferde in Straßenkämpfe führen. Die Gerüchte stimmen: Es ist berittene Polizei ohne Uniform.

Mubaraks Medien behaupten, dass hinter den Unruhen eine Verschwörung Israels und Katars stecke. Die Beschuldigung gegen Katar erfolgt wegen des dort beheimateten Senders Al Jazeera, der durch authentische Berichterstattung den Diktatoren-Regimes Probleme macht. Solche Berichterstattung als Verschwörung anzugiften, ist absurde Logik absurder Regimes.

Die Beschuldigung gegen Israel ist "noch falscher", denn Israel macht sich zum Verdruss seiner Verbündeten für die Unterstützung Mubaraks stark. Warum giftet Mubarak dennoch gegen Israel? Weil er den in der arabischen Welt verbreiteten Antiisraelismus für sein Regime aktivieren will. Damit tut er aus innenpolitischen Gründen genau das, was auch Saddam Hussein machte, der in den Jahren seines Niedergangs zum Israel-Hasser wurde. Nebenbei: Darum ist es richtig, dass Merkel gerade jetzt die israelische Regierung zu ernsthaften Verhandlungen mit den Palästinensern und zur Beendigung der sogenannten "Siedlungspolitik" drängt.
Wie wird es weitergehen? Im Unterschied zum Iran, der sein Öl (falls nicht an den Westen) einfach an Indien und China verkauft, kann Ägypten seine Bürokratie, das Militär und die Polizei nicht aus Erdöl-Einnahmen bezahlen, allenfalls mit Suezkanal-Gebühren experimentieren, aber ist entscheidend auf den Tourismus angewiesen. Und Tourismus ist scheu, wenngleich nicht vor Diktatoren, so doch, wenn die eigene Haut Kratzer bekommen kann. Mubarak wird seinen Machtapparat einbüßen, während 80 Mio. Ägypter leben wollen. Und sie können das keineswegs auf einem Gebiet, das "dreimal größer als Deutschland" sei, wie es die Talkshow "Hart aber fair" gestern mit Grafiken unwidersprochen Glauben machte, sondern auf der schmalen Vegetationsader des Nils, dessen Anbauflächen durch Überbevölkerung schwinden.

Markus Rabanus >> Diskussion

31 Januar 2011

Sudan stimmte für Staatsteilung

Per Volksabstimmung votierten die südsudanesichen Wähler nahezu sämtlich für die Abspaltung vom Nordsudan, dessen Wähler sich ebenfalls mit fast 60 Prozent für die Staatsteilung aussprachen, die laut Friedensabkommen für Juli 2011 geplant ist.
Es wird vermutet, dass die Bürgerkriege in diesem unterentwickelten Land zwei Millionen Menschenleben kosteten. Der Süden ist schwarzafrikanisch-christlich, der Norden arabisch-muslimisch geprägt.

30 Januar 2011

Nachrichtenlage Ägypten

Nach Abschaltung des Mobilfunks und Internets wurde in Ägypten nun auch der arabische Nachrichtensender Al Jazeera einschließlich Sat-Empfangs verboten.
Gleichwohl werden im Moment noch aktuelle Bilder geliefert >> http://english.aljazeera.net/watch_now/
Hingegen ist die Regierungsseite im Moment nicht erreichbar >> http://www.sis.gov.eg/

Mubarak entließ die Regierung, berief den Geheimdienstchef Omar Suleiman zu seinem Stellvertreter, machte vage Reformankündigungen, will aber selbst an der Macht bleiben, um Chaos zu vermeiden, obwohl sein Rücktritt Hauptforderung der Proteste ist.
Obama forderte den ägyptischen Präsidenten zu demokratischen Reformen auf, während Irans Präsident Ahmadinedschad, dessen Regime vor anderthalb Jahren Massenproteste niederknüppelte, die Proteste in der arabischen Welt als "durch die iranische Revolution inspiriert" vereinnahmen möchte.
SPIEGEL-Online meldet, dass die chinesische Regierung das Suchwort "Ägypten" in zwei Twitter vergleichbaren Mikro-Blogging-Diensten blockieren lasse.

28 Januar 2011

Pulverfass Nordafrika oder Frühling

Algerien, Tunesien, Ägypten. Urlaubsparadiese und zugleich Staaten im jahrzehntelangen Ausnahmezustand, sozial und kulturell zerrüttet, korrupt und undemokratisch, seit Wochen im wachsenden Aufruhr, Ungewissheit, wie sich die politische Landkarte verändert. Oder wird erneut das demokratische Potential einer Region unterschätzt, wie schon das massenhafte Aufbegehren im Iran überraschte?
Der aus zehnjährigem Exil in Frankreich nach Tunesien zurückgekehrte Menschenrechtsaktivist und Oppositionspolitiker Moncef Marzouki hofft auf einen sich ausweitenden "Frühling der Demokratie".
Was kann Europa tun? Humanitäre Hilfe anbieten. Das Versagen Europas im Jugoslawien-, Afghanistan- und Irakkrieg, das jahrzehntelange Versagen im Nahostkonflikt und das Versagen in eigenen Angelegenheiten (Verschuldungskrise) disqualifizieren für großspuriges Beratschlagen.

Markus Rabanus >> Diskussion

28 Dezember 2009

Wüstenstaat im Konsumrausch

Die Vereinigten Arabischen Emirate wollen den Elektroenergie-Verbrauch von gegenwärtig 15 Megawatt bis zum Jahr 2020 auf 40.000 Megawatt steigern. Nicht etwa durch Nutzung des dort reichlichen Sonnenscheins, sondern durch Atomkraftwerke.

Ab 2012 sollen vier Atommeiler in Bau gehen. Stückpreis 10 Milliarden US-$. Das sind wirtschaftliche Dimensionen, an denen umweltschützerische und sicherheitspolitische Argumente abprallen, aber es fragt sich, ob auch entführte Passagiermaschinen "abprallen" würden, wohin der Atommüll soll, denn dazu ist mal wieder nichts im Plan.

msr >> Diskussion

04 Januar 2009

Nahost-Krieg: Propaganda der Annäherung


Israel: "Gegossenes Blei"
Hamas: "Tag des Zorns"
Hamas: "Fallen bereit"
Israel: "den Willen brechen"
Hamas: "Den Zionisten eine Lektion erteilen."
Israel: "Der Hamas eine Lektion erteilen."


Die "Lektion" ist gestartet. In der Nacht marschierten die Israelis in den Gazastreifen ein. Annäherung der Konfliktparteien. Auf Kugelreichweite. Das ist der Konsens derer, die keinen Konsens wollen. Krankenhäuser füllen sich. Die Kämpfer machen Überstunden. Die Ärzte auch. - Nur die Friedensverhandler nicht.

Der ZDF-Nachrichtensprecher fragt im Gaza-Telefonat, ob die Bevölkerung denn wenigstens eine Mitschuld der Hamas erkenne? Interessanter wäre gewesen, was die Palästinenser von Merkels Alleinschuldvorwurf halten.

Der ZDF-Nachrichtensprecher nennt Saudi Arabien ein "gemäßigtes Land". Wer an den "Culture Clash" glaubt, müsste staunen, aber tut es nicht, denn Gerücht ist Gerücht und Geschäft ist Geschäft.
Ägyptens Zurückhaltung erkläre sich der US-Finanzhilfe gegen die Muslim-Bruderschaft. Auch Jordanien wird gelobt.

Wie lange halten die "Gemäßigten" solch Lob aus? Wem gehören die reichlich gekauften Waffen, wenn es in Saudi Arabien kippt? Oder in Pakistan? Wie "gemäßigt" werden die Nachfolger Mubaraks sein? - Nur Geschichtslose stellen sich die Nachfolger-Frage nicht, aber sie stellt sich trotzdem - und in welcher Weise, das entscheidet sich vorher.

Die Haltung Deutschlands
Frau Merkel telefonierte mit Olmert. Die Alleinschuld liege bei der Hamas, es gelte Ursache und Wirkung zu unterscheiden, sagt die studierte Physikerin. Aber es ist kein Laborexperiment. Und darum ist kaum eine Ursache ohne Ursache. Um solcher Endlosigkeit zu entgehen, gibt es nur eine Methode, die aber nicht Ausblendung heißt, sondern Politikwechsel. Den forderte Merkel nicht, sondern zelebriert den Schulterschluss, wie am Tage des Angriffs auf Bagdad. Gleichschritt und die Reihen fest geschlossen, als sei Angriff die beste Verteidigung - das alte Lied aller Krieger - unsere Bundeskanzlerin singt es mit.
In Washington sagte sie mal: "Die rotgrüne Regierung spricht nicht für alle Deutschen", womit sie völkerrechtlich irrte, aber sie meinte damit, dass nicht alle einer Ansicht seien. Damit hätte sie recht gehabt. Und nicht anders ist es heute, wenn sie als meine Regierung für mich spricht.

Der Weltsicherheitsrat hat sich auf Mittwoch vertagt, denn die Großen und Kleinen sind nicht einig, Mehrheitsentscheidungen würden am "Veto-Recht" scheitern. Nur der UNO-Generalsekretär tanzt aus der Reihe und fordert einen sofortigen Waffenstillstand. Es ist das Schicksal der Weltmächte, dass aus ihnen zunächst bequemen Kandidaten schon bald immer Generalsekretäre werden, die tun, was sie in diesem Menschheitsamt eben anders spüren als aus den nationalen Herden: Gesamtverantwortung.

Wer ist die Hamas?
Das ZDF stellt die Hamas mit den Worten vor: "Was sich hinter dem Kürzel Hamas versteckt: ...", aber hat sich da jemals etwas "versteckt"? Wenn nicht, so wäre es Unterstellung. Oder nur meine Spitzfindigkeit?

Die Hamas habe drei Glieder, a) die Partei, b) die Sozialorganisationen, c) "der Terror", und Bilder von Yassin werden gezeigt, aber der wurde schon vor Jahren beim Verlassen einer Moschee mit einer Helikopter-Rakete getötet. Diese Info ersparte das ZDF. So lebt der Hassprediger nicht nur für seine Anhänger weiter, sondern auch für seine Gegner und die dämliche Weltöffentlichkeit, die sich solche Berichterstattung gefallen lässt.

Die Hamas wäre weniger "versteckt", wenn sie dürfte, aber die Konfrontationspolitiker in unseren Reihen wollen eben nur hören und verbreitet wissen, was am Hamas-Programm besonders missfällt, die Auslöschung Israels ausschließlich, ausschließlich und zwar ausschließlich, ausschließlich und immerzu. Als seien Drohung und Wirklichkeit identisch, als seien Ziele unabänderlich, als seien Terroristen unveränderlich, als seien nicht oft genug Biographien umgeschrieben worden, weil anderes wichtiger wurde.
Terroristen zu Freiheitskämpfern transformiert und umgekehrt, wie es grad passend erscheint. Dann zählen die Toten nicht mehr oder zählen gleich zehnfach. Politische Macht leistet sich keine Selbstkritik über die Heuchelei hinaus, schon gar nicht dem Gegner gestehend, sonst wäre sie rasch hinweg, der Mörderei anzuklagen, je nach Leistung.

Man beschimpfte ihn als "Spinner": Jimmy Carter hatte sondiert, dass die Hamas zu einer "zehnjährigen Waffenruhe" zwecks Palästinenserstaatsgründung bereit sei. Ein zweifelhaftes Angebot, mit zweifelhaften Zielen, die Befristung absurd, aber es hätte geprüft werden müssen, ob der Hamas-Spruch mit Substanz unterfüttert werden kann.

Herr Olmert wollte das nicht, Frau Merkel auch nicht. Russland hätte es tun müssen, und ausgerechnet der Irak-Krieger Tony Blair ist "Beauftragter des Nahostquartetts" (UNO, USA, EU, Russland). Das ist "unser Mann". Moskau macht mit, weil mit Leuten wie Blair das Scheitern des Quartetts gesichert ist, denn der Nahostkonflikt belastet die NATO stärker als Moskau. Auch diese Lektion lernt Frau Merkel nicht. Und Carter ist kein US-Präsident mehr, dem sie Gefolgschaft andienen müsste. So schnell ist jemand Geschichte. Und die Macht opportunistisch.

Wie wird es weitergehen? Was sind die Ziele der Hamas?
Die Hamas-Chefs werden ihren Kämpfern Hoffnungen machen, dass sie die Israelis im Häuserkampf stoppen können, damit der Gazastreifen "den Israelis ein Friedhof wird" (O-Ton), so unwahrscheinlich das ist, während wahrscheinlicher mehr Hamas-Kämpfer auf den Friedhof kommen, aber das taugt als Motivation nicht.
Die Hamas wird draufhalten auf alles, was israelisch aussieht oder in den eigenen Reihen zu früh die Weißen Fahnen hisst, die Israelis werden das nicht, sondern versuchen, die Kämpfer von den Zivilisten zu unterscheiden.
Die Hamas wird ihre gefallenen Kämpfer später als Märtyrer feiern, denn vorerst geht das nicht, zumal für den Moment zu behaupten effektiver ist, Israel treffe nur unschuldige Zivilisten, womit etwas eingeräumt wäre, aber im Trubel der Gefechte und weltweiten Empörung fällt widersprüchliches Argumentieren nicht auf. Das Weltgewissen ist mit "Body Counting" beschäftigt und überfordert genug, weil es dafür an Technik fehlt, nicht aber an falschen Gerüchten.

Wahrscheinlich wird der Hamas nach und nach die Munition ausgehen, zunächst für den herbei gewünschten Häuserkampf, dann auch für die Heckenschützen. Schließlich werden die "Waffen schweigen" = versteckt und wieder zum Pflasterstein gegriffen, was die Propaganda leichter macht, wie in früheren Zeiten: "Israelische Panzer gegen unbewaffnete Demonstranten!" - das steigert den Druck der Weltöffentlichkeit auf Israel.

Und Israel? Der israelischen Operation "Gegossenes Blei" wird zwar das Blei nicht ausgehen, aber die Argumente, sobald der bewaffnete Widerstand nachlässt, gebrochen wird, und vorher schon der Beschuss mit Hamas-Raketen endet, je weiter die Israelis vorrücken, weil die Bastler weniger Zeit haben werden und weniger Gelegenheit zum Aufstellen der Rampen, weil ohnehin Logik ist, alle Raketen zu verschießen, bevor die Israelis da sind. Der Öffentlichkeit werden ein paar zerstörte Rampen präsentiert, als Sieg über die Hamas, Rechtfertigung usw.

Ein weiteres Problem wird dann sein, ob sich die Hamas-Führer so lange verstecken können, wie die Israelis die Besetzung aufrecht erhalten. Werden sie entdeckt, getötet oder verhaftet, so amtieren andere Kommandanten in Syrien, im Libanon und anderswo oder rücken aus den unteren Reihen nach. Neue Namen für alte Politik - und nichts hat sich geändert, worauf es angekommen wäre.

Aber geändert hat sich das Stadtbild im Gazastreifen: noch mehr Zerstörung, noch mehr Entfernung von zivilisierten Verhältnissen, noch mehr Verletzte und Wunden, die heilen müssten. Und es reorganisieren sich die Bastelstuben.

Die Lektion wird sein, aber nicht verstanden: Geschichte wiederholt sich, wenn man die Politik nicht ändert.

Nachgefragt, was das soll: "Wir wollen Frieden! Unser Recht!"
Falsch, denn das passt nicht zusammen, weil Frieden nur sein kann, was gemeinsames Recht erarbeitet und achtet. Wer mit der Hamas nicht reden mag, der müsste dafür noch mehr mit Abbas wollen und tun. Aber auch das findet nicht statt, kann Abbas den Kopf kosten und die Hamas stärken.

Markus Rabanus - Dialogie.de 20090104 >> Diskussion

30 Dezember 2008

Nahost: Ägypten soll Grenze öffnen

Haltung der UNO zum Gaza-Krieg
Alle 15 Mitglieder des Weltsicherheitsrats forderten in einer allerdings unverbindlichen "Erklärung" den sofortigen Stopp der Kämpfe. - Das war am späten Samstag-Abend. Die Kämpfe gehen weiter.
Zurecht kritisiert UN-Generalsekretär Ban Ki-moon "alle Regierungen der Welt", zu wenig für den Frieden in Nahost zu leisten.

Supermacht unter dem Christbaum
Es scheint, dass das derzeitige Machtvakuum in Washington die Eskalation der Gewalt begünstigte. US-Präsident George W. Bush ist in Urlaub, fühlt sich vielleicht schon nicht mehr zuständig, Barack Obama schweigt, würde vermutlich auch nur die "Einstellung der Kämpfe fordern" und kann sich glücklich schätzen, dass dieser Krieg vor seinem Amtsantritt begann, denn das erspart ihm Vorwürfe, aber sein Amt wird durch die Eskalation nicht leichter.

Was wäre vordringlich?
Die Zeit darf nicht mit Mäßigungsappellen und Schuldzuweisungen vertan werden, sondern braucht sofortiges, eigenes Handeln: Weil sich die Konfliktparteien nicht an die geforderte Waffenruhe halten, sollte Ägypten die Grenze zur Flucht bzw. Evakuierung der Zivilbevölkerung öffnen und die internationale Gemeinschaft Auffanglager errichten. Und das müsste schnell passieren, denn die Konfliktparteien werden sich durch die Gefährdung der Zivilbevölkerung nicht vom Kriegführen abhalten lassen. Das haben beide Seiten zu oft bewiesen.
-markus sebastian rabanus- >> Diskussion

19 Dezember 2008

Zwangsverheiratung von Kindern in Saudi-Arabien

In Saudi Arabien entscheidet am Samstag ein Gericht über die Klage einer Mutter, deren neun Jahre alte Tochter mit einem ca. 50-jährigen Mann verheiratet wurde. Die Mutter hat beantragt, diese Ehe zu annulieren, die vom dreifach-verheiratete Kindsvater im Alleingang bevormundet wurde.
Das dt. Außenministerium und die dt. Muslim-Vereinigungen sollten den Fall zum Anlass nehmen, der saudischen Regierung Kindesschutz und Frauengleichberechtigung anzumahnen.

  • Diskussion
  • 11 Juli 2008

    Regierungsbildung im Libanon

    (wwj) Dem am 25. Mai 2008 zum libanesischen Präsidenten gewählten Michel Sulaiman ist eine Regierungsbildung gelungen, von der erwartet wird, dass sich der Machtkonflikt von der Straße ins Kabinett verlagert, denn die Hisbollah sitzt nun mit einer Sperrminorität mit am Tisch. EU-Chefdiplomat Javier Solana begrüßte die Regierungsbildung und sagte dem libanesischen Ministerpräsident Fuad Siniora Unterstützung zu.

    07 Juli 2008

    VAE erlässt dem Irak 4 Mrd. Dollar Schulden

    (wwj) VAE-Präsident Scheich Chalifa kündigte an, dass die Vereinigten Arabischen Emirate dem Irak die Schulden erlassen. Zugleich bestellten sich Irak und VAE gegenseitig Botschafter.

    09 Juni 2008

    Algerien: Bombenanschläge und Dementis

    (wwj) In den letzten Wochen soll es in Algerien vermehrt zu Bombenanschlägen gekommen sein. Es war von vielen Toten die Rede, so auch eines im Lande arbeitenden Franzosen und dessen Fahrer.
    Für die Anschläge seien algerische Organisationen des Terrornetzwerks Al Kaida verantwortlich. Zumindest ein gemeldeter Bombenanschlag auf eine Bushaltestelle wurde inzwischen dementiert.

    06 Juni 2008

    Skurriler Rückblick auf den Sechstagekrieg 1967

    Sechstagekrieg: Warum konnten sowjetische Waffen den Arabern nicht helfen?

    MOSKAU, 06. Juni (Andrej Murtasin, RIA Novosti). Am 5. Juni 1967 begann der kürzeste arabisch-israelische Krieg.

    Er dauerte nur sechs Tage und endete am 10. Juni mit einer verheerenden Niederlage der Araber.

    Genau damals eignete sich Israel die Halbinsel Sinai, die Golanhöhen, Westjordanland und den Gazastreifen an. Einen Teil dieser Territorien (die Halbinsel Sinai) konnten die Araber in 15 Jahren wieder zurückerhalten. Über die anderen (die Golanhöhen und die Palästinensergebiete) wird gegenwärtig ohne besonderen Erfolg verhandelt.

    Warum haben die Araber eine so krasse Niederlage erlebt? Weder die ägyptische noch die syrische Armee waren für den Krieg bereit, obwohl die hochrangigen Generale der beiden Länder, vor allem Ägyptens, beteuert hatten, dass sie das „zionistische Gebilde“ ausradieren wollen.

    Der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser hatte den Israelis Anlass zum Krieg gegeben. Am 18. Mai wandte sich die ägyptische Regierung an den UNO-Sicherheitsrat mit der Bitte, die Friedenstruppen, die 1957 eingeführt wurden, aus Gaza und von der Halbinsel Sinai abziehen zu lassen. Generalsekretär U Thant willigte dazu ein, und die Truppen zogen in kürzester Zeit ab.

    Bereits am 22. Mai waren ihre Positionen von ägyptischen Truppen besetzt. Am 28. Mai 1967 kündigte Ägypten eine Blockade der Straße von Tiran, die in den Golf von Akaba führt, für israelische Schiffe und andere Schiffe, die strategisch wichtige Güter in den israelischen Hafen Eilat liefern, an. Israel wertete das als implizite Kriegserklärung und wagte als erstes einen Präventivschlag.

    Paradoxerweise hatten die israelischen Medien den stufenweisen Angriffsplan in einigen Tagen vor Kriegsbeginn veröffentlicht. Die Araber glaubten ihnen nicht.

    Unter anderem meldeten die „Stimme Israels“ und die Jerusalem Post, dass die israelischen Luftstreitkräfte einen Angriff gegen die ägyptischen Stützpunkte am 5. Juni um 4 Uhr früh führen. Es folgt eine Bodenoffensive, und bereits am 6. Juni sollen die israelischen Einheiten gegen Abend am Suezkanal sein.

    Das Szenario bestätigte sich zu 90 Prozent (der erste Angriff kam um 8 Uhr 30). Wie es sich später herausstellte, waren sowohl der ägyptische Nachrichtendienst als auch das Armeekommando darüber unterrichtet, hatten diese Informationen aber nicht ernst genommen.

    Am Morgen des 5. Juni verloren die ägyptischen Luftstreitkräfte durch die Schläge der israelischen Kampfflugzeuge gleich 400 Maschinen. Sie schafften es nicht einmal, in die Luft zu steigen, und wurden auf den Flugplätzen ausgebombt.

    Die sowjetischen Flieger, die die Ägypter neben Kairo ausbildeten, machten sich in Windeseile zu ihrer Dienststelle, dem Luftstützpunkt Kairo-West, auf. Sie waren bereit, die unversehrten Maschinen in die Luft zu heben und sich dem Kampf anzuschließen, wurden aber von den Ägyptern selbst daran gehindert.

    Der russische Orientalist Anatoli Jegorin, Augenzeuge der Ereignisse, erinnert sich: „Als die Stunde X kam, wollten die Unsrigen auf die Positionen. Doch die Ägypter sagten: Nein! Das ist unser Krieg, wir müssen ihn führen! Die Ägypter hielten unsere Militärs vor der Abreise zu deren Dienstorten ab. Kein sowjetischer Soldat nahm an den Kampfhandlungen im Sechstagekrieg teil.“

    Die sowjetischen Militärfachleute mussten nach laut Vertrag in der Tat die Araber ausbilden, hatten aber kein Recht, selber an den Kampfhandlungen teilzunehmen.

    Im Krieg von 1967 erwiesen sich die sowjetischen Waffen in den Händen der Araber als ineffizient. Die ägyptischen Kampfpiloten legten ihr Können bei Paraden und Shows an den Tag, doch als die Kugeln pfiffen, vergaßen sie alles, was ihnen beigebracht worden war, sie waren nicht kampfgeübt.

    Der andere und womöglich wichtigste militärische Grund für die Niederlage der Araber waren die Kommunikationsmittel. Die unteren Einheiten hatten sowjetische Kommunikationsanlagen, doch der Generalstab und das Kommando hatten im Westen eingekaufte Verbindungsgeräte, die völlig unter US-Kontrolle standen.

    „Als die Stunde X kam, kappten die Amerikaner, deren Schiffe sich im Mittelmeer 14 Meilen von der ägyptischen Küste entfernt befanden, alle Verbindungen des Generalstabs mit den Truppen auf Sinai“, erinnert sich Anatoli Jegorin. Somit wurden die ägyptischen Truppen im notwendigen Moment von den USA, die auf Israels Seite standen, einfach ausgeschaltet.

    Noch eine bedeutende Episode aus jenem Krieg. Beim Rückzug von Sinai ließ die ägyptische Armee 450 intakte Panzer zurück. Die Panzerfahrer verließen die Kampfmaschinen und rannten zu Fuß zum Suezkanal, um zum anderen Ufer zu gelangen. „Mit diesen Panzern konnten sie sich bis zum Kanal zurückziehen. Ein Teil davon konnte ans andere Ufer überführt werden. Doch die Ägypter kletterten aus den Panzern, ließen sie stehen und rannten zu Fuß“, sagt Jegorin.

    Damit verloren die Israelis bei den sechstägigen Kämpfen 776 Menschen und die Ägypter mehr als 11 000.

    Nach Meinung der meisten Historiker liegen die wichtigsten Gründe für Ägyptens Niederlage nicht im militärischen, sondern im politischen Bereich. Viele hochrangige ägyptische Stabsgenerale, die im Westen ausgebildet wurden, waren mit Nassers Kreml-Kurs äußerst unzufrieden. Sie versuchten, den Präsidenten loszuwerden, führten Ägypten mutwillig zu einer Niederlage im Krieg und hofften, dass die USA, die im Rücken von Israel standen, die Araber nicht sitzenlassen werden.

    Die sowjetischen Waffen zeigten ihre Effizienz im nächsten arabisch-israelischen Krieg von 1973, als die Ägypter den Suezkanal überwunden und die Bar-Lev-Linie stürmten. Die Ergebnisse des Krieges sind allgemein bekannt. Die ägyptische Armee hatte alle Chancen, nicht nur einen moralischen, sondern auch einen kompletten militärischen Sieg über den Feind zu erzielen. Doch der ägyptische Präsident Anwar Sadat, der auf Nasser folgte, stoppte die Offensive.

    Das politische Ergebnis war die Annäherung an die USA, Camp-David und ein Friedensvertrag mit Israel. Sadat tauschte den militärischen gegen einen politischen Sieg. So endete das „romantische Zeitalter“ in den Beziehungen zwischen Ägypten und der Sowjetunion. Doch auch jetzt, 40 Jahre später, stehen sowjetische Waffen im Truppengebrauch der ägyptischen Armee.

    Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der der RIA Novosti übereinstimmen.


  • Diskussionen
  •