Vorbereitungskonferenz zum dritten Weltkongress gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern in Berlin; Kinder sind unverkäuflich! Aufruf gegen Kinderpornografie und Kinderhandel mit Hilde Johnson und Katja Riemann
UNICEF und die Kinderschutzorganisation ECPAT fordern die Bundesregierung, Internetprovider und Öffentlichkeit zum verstärkten Kampf gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern auf.
„Kinderpornografie und Kinderhandel haben sich zu riesigen Märkten mit enormen Gewinnspannen entwickelt“, sagte die stellvertretende UNICEF-Direktorin Hilde Johnson in Berlin bei der Konferenz „Kinder sind unverkäuflich!“.
Die von UNICEF, ECPAT und der Friedrich-Ebert-Stiftung organisierte Tagung dient der Vorbereitung des dritten Weltkongresses gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen im November 2008 in Rio de Janeiro. Die Vereinten Nationen schätzen, dass weltweit 1,8 Millionen Kinder zu Prostitution und Pornografie gezwungen werden. Rund 1,2 Millionen Mädchen und Jungen jährlich fallen Menschenhändlern zum Opfer. „Von daher ist es von zentraler Bedeutung, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gegen kriminelle internationale Netzwerke verstärkt wird“, sagte Hilde Johnson.
„Täglich werden weltweit mehr als 3.000 Mädchen und Jungen wie Ware verkauft.
Deutschland sollte Vorreiter sein beim Kampf gegen diese schwere Menschenrechtsverletzung“, sagte die Schauspielerin und UNICEF-Unterstützerin Katja Riemann. „Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wäre die Ratifizierung des einschlägigen Zusatzprotokolls zur UN-Kinderrechtskonvention durch Deutschland.“
„Das Internet ist eine zunehmende Gefahr auch für Kinder in Deutschland. Zehntausende Konsumenten von Kinderpornografie heizen die Nachfrage nach pornografischen Darstellungen mit Kindern an und fördern den damit stets verbundenen Missbrauch“, sagte die Geschäftsführerin von ECPAT Deutschland, Mechtild Maurer.
„Mir als Jugendvertreterin ist wichtig für uns selbst einzustehen und unsere Erfahrungen und kreativen Ideen in die Bekämpfung der Verletzung von Kinderrechten einzubringen. Wir wollen echte Solidarität und Beteiligung an Entscheidungen“, fordert Catharina Schymczyk, Jugendvertreterin von ECPAT Deutschland.
Die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern ist ein kriminelles Geschäft,das nur zu einem Bruchteil aufgedeckt wird. Angaben zum Ausmaß beruhen daher meist auf Schätzungen:
- Die Bundesregierung ging bereits 2003 davon aus, dass drei Millionen kinderpornografische Bilder im Netz vorhanden sind. Da die Nutzung des Internets in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen hat, dürfte auch die Zahl der kinderpornografischen Bilder deutlich gestiegen sein.
- In Nepal werden nach Schätzungen von UNICEF jährlich 12.000 Kinder, vor allem Mädchen, innerhalb des Landes oder nach Indien und andere Nachbarländer in Bordelle verkauft.
Tatort Internet
Das Internet ist ein Treffpunkt für Täter geworden, die Bilder handeln und tauschen. Sie bieten Kinder gegen Geld zum sexuellen Missbrauch an und geben Warnungen vor strafrechtlicher Verfolgung weiter. Die Anonymität im Netz macht es den Tätern leicht. Jeder kann unkontrolliert Bilder und Videos einstellen und Kontakte knüpfen, ohne seine wahre Identität preiszugeben.
Lehrer, Eltern und Kinder wissen zu wenig über die Risiken des Internet. Mädchen und Jungen bringen sich ahnungslos in Gefahr, indem sie persönliche Daten und Bilder ins Netz stellen. Deutsche Schüler verbringen im Durchschnitt rund 70 Minuten an einem normalen Werktag im Chatroom, 122 Minuten am Wochenende oder während der Ferien.
Viele Pädophile nutzen Chatrooms für ihre Zwecke, indem sie sich als Gleichaltrige ausgeben. In einer Studie der Universität Köln gaben 38 Prozent der befragten Jugendlichen an, gegen ihren Willen nach sexuellen Dingen gefragt worden zu sein. Mehr als jede/r Zehnte bekam unaufgefordert Nacktfotos zugesandt, fünf Prozent erhielten Pornofilme und acht Prozent wurden zu sexuellen Handlungen vor der Webcam aufgefordert.
Tatort Ferienparadies
Fernreisenden – vor allem in ärmere Länder – wird die sexuelle Annäherung an Minderjährige oft leicht gemacht. Allein in Asien werden mindestens eine Million Kinder jedes Jahr für die Prostitution missbraucht. Unter den Kunden sind Einheimische ebenso wie Sex-Touristen, denen es oft an jedem Unrechtsbewusstsein fehlt. Sie rechtfertigen sich damit, den Kindern mit ihrem Geld noch etwas Gutes getan zu haben. Oder sie entschuldigen ihr Verhalten damit, dass Kinder in bestimmten Ländern viel früher bereit zum Sex seien. Zudem machen neben den Kunden noch eine Vielzahl weiterer Menschen mit den Kindern Profit - von den kriminellen Kinderhändlern über Zuhälter bis hin zu Taxifahrern und Reiseleitern, die Tipps geben.
November 2008 - dritter Weltkongress gegen sexuelle Ausbeutung
Die sexuelle Ausbeutung von Kindern war Thema der Welt-Konferenzen in Stockholm 1996 und Yokohama 2001. Inzwischen ächten zahlreiche internationale Übereinkommen und Protokolle Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung. Vom 25. bis zum 28. November 2008 geht es beim dritten Weltkongress in Rio de Janeiro darum, konkrete Ziele festzulegen, um diesen schweren Menschenrechtsverletzungen wirksamer zu begegnen. Über den Erfolg des Weltkongresses entscheiden die Vorbereitungen auf nationaler Ebene maßgeblich mit.
Die Forderungen von ECPAT und UNICEF Deutschland
- ECPAT und UNICEF Deutschland fordern die Bundesregierung auf, den Weltkongress hochrangig zu besetzen und sich mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass in Rio de Janeiro wirksame Fortschritte für den Schutz von Kindern erzielt werden.
- Deutschland muss endlich das Zusatzprotokoll zur Kinderrechtskonvention betreffend Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornografie ratifizieren.
- Internetprovider und Plattformen müssen dafür sorgen, dass kinderpornografische Inhalte umgehend aus dem Netz genommen werden und die Strafverfolgungsbehörden bei der Tätersuche unterstützen.
- Kinder müssen über die Risiken von Internet und Chatrooms Bescheid wissen. Lehrer und Eltern sind aufgefordert, sich selbst zu informieren und ihre Kinder zu schützen.
- Minderjährige Prostituierte aus dem Ausland brauchen in Deutschland Schutz und Hilfe, besonders wenn sie als Zeugen gegen Menschenhändler und Zuhälter aussagen. Eine Abschiebung sollte unter allen Umständen vermieden werden.
Weitere Infos im Internet unter www.unicef.de und www.ecpat.de