Posts mit dem Label Wertedebatte werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Wertedebatte werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

10 Juli 2011

Zum Doppel-Aus der DFB-Fußballerinnen

Deutschlands Fußballerinnen schieden nach ihrem gestrigen 0:1 gegen Japan nicht nur aus der WM, sondern nach dem heutigen 3:1 Schwedens über Australien auch von den kommenden olympischen Sommerspielen ausgeschlossen. Ein sportlich schwerer Rückschlag für den deutschen Frauenfußball und sympathische Fußballerinnen, die mit allem erdenklichen Aufwand auch der öffentlich-rechtlichen Medien so unnötig wie unpassend zu Glamourgirls pervertiert wurden und denen vorab der dritte Titelgewinn aufgebürdet war, als seien die anderen Nationen nur Statisten im medialen "Sommermärchen". Mit den Gruppenspielen wurde die Nationalelf von der Realität wieder eingeholt, maßlos die Kritik an der fleißigen und bloß torlosen Birgit Prinz. - Und dennoch ist der Frauenfußball auch mit diesem Ausgang ein gesolltes Stück gewöhnlicher geworden, zumal nicht zu vergessen; Der DFB hatte bis Oktober 1970 den Frauenfußball verboten; gewollt oder mit Billigung großer Teile der Gesellschaft, den Eliten, Repräsentanten usw.

28 Juni 2011

Organspenden und Gegenseitigkeit

Es ist noch genug Zeit, um auf die Organspende-Gesetzgebung Einfluss zu nehmen, denn der Bundestag wird erst nach der Sommerpause ernsthafter in die Debatte gehen, auf welche Weise die Bundesbürger für Organspenden mobilisiert werden können.
In der Debatte ist, ob eine Organentnahme schon immer dann zulässig sein soll, wenn der Betreffende nicht ausdrücklich widersprochen hat ("Widerspruchslösung", wie es sie z.B. in Österreich gibt)
oder nur dann, wenn der Betreffende irgendwann ausdrücklich zugestimmt hat ("Entscheidungslösung"), wozu sichergestellt werden müsse, dass jeder mit dieser Frage konfrontiert werde.

Unionsfraktionschef Volker Kauder befürwortet die allgemein gefälligere "Entscheidungslösung". Wie es die Spendenaufrufer und Transplantationsakteure in eigenen Angelegenheiten bzw. Organen halten, wäre interessant, denn bloßer Lobbyismus wäre unschön, zumal Organtransplantationen allemal ein Riesengeschäft für die Gesundheitswirtschaft sind, was zwar nicht vorrangig in die Debatte muss, aber gesehen und als ein prinzipielles Ethikproblem dieses Fachbereichs auf der Agenda.

Mehr als 800.000 Menschen versterben bundesweit - überwiegend mit uralten Nieren, deren Transplantation zumindest dem medizinischen Laien fragwürdig bliebe, was aber die daran Beteiligten im Falle des Organmangels anders sehen würden, die Krankenhäuser aus wirtschaftlichen Gründen, die Patienten aus Gründen des Griffs nach dem Strohhalm. Darum ist auch das ein Grund, das Aufkommen an Organspenden zu erhöhen - und zugleich den Organhandelstourismus in die ärmeren Teile der Welt einzudämmen.

Gegenseitigkeitsergänzung

Im Bundestag möglicherweise nicht gesehen, dass beide Ansätze um eine "Gegenseitigkeitslösung" bei Erwachsenen zu ergänzt werden müssten, dass Menschen, die beispielsweise bis zum 21. Lebensjahr einer Organspende zustimmten, auf den Wartelisten vorne stehen, also auch Anreiz haben, sich mit der Thematik zu befassen und eine Entscheidung pro Organspende zu treffen.

Und persönlich? Als Möchtegern-Gutmensch muss die Bereitschaft zur Organspende sein, aber es ist auch eine Frage des politischen Systems, ob Gerechtigkeit eingepflegt oder verpasst wird, dass eben die vielen Strolche, denen die Begriffe "Gutmensch", "Weltverbesserer", "Tugendwächter" zu Schimpfworten pervertieren, sich sozial zu disziplinieren haben, ehe sie ihre Grapscher nach den Nieren derer ausstrecken, für die sie in gesünderen Zeit bloß Hohn und Schlimmeres vorhielten.

Wer die Spekulation darauf zulässt, dass es ausreichend "Gutmenschen" gebe, um auch die Egoisten mitzuversorgen, ist für den Egoismus ein Stück weit mitverantwortlich.

Die Gegenseitigkeitslösung wäre nicht nur gerecht, sondern zugleich eine Schulung in Sachen Ethik, dass Verantwortlichkeit aus zwei Gründen ist, einerseits der gesellschaftlichen Entscheidung, andererseits der persönlichen Entscheidung - und einander in ganz klarer Wechselbeziehung, wie sie in vielen anderen Dingen (z.B. Steuerehrlichkeit oder Einkommensunersättlichkeit) für einfach strukturierte Gemüter und/oder Charakterstrolche oft zu abstrakt und unverbindlich bleiben.

Deshalb wäre es richtig, auf die Gegenseitigkeit zu bestehen, damit jeder Strolch weiß, dass wenn ihm der Begriff "Organspender" (wie "Opfer") zum Schimpfwort entgleist, er dann nicht zu denen gehört, die durch Organspenden gleichrangig gerettet werden könnten.

Die Logik muss sein, dass wer trotz Könnens zu Spenden keine Bereitschaft hat, auch auf Spenden keinen Anspruch auf gleiche Einreihung hat. Nur die Selbstlosesten dürfen auf Gegenseitigkeit verzichten, aber mehr Gerechtigkeit bringt allemal mehr als die Spekulation auf Selbstlosigkeit.

Markus Rabanus >> Diskussion

23 März 2011

Dortmund fortan ohne Flughafen

Weil im Ausland das Wort "Flughafen" unbekannt sei, heißt es jetzt "Dortmund Airport", entschied die Marketingleitung, die sich eigentlich "Marketing Guidance" nennen und Dortmund in "Theremouth" ändern müsste. Das kommt sicherlich noch, denn die "Deutschpflicht" gilt unseren "Global Playern" nur gegen die "Kopftuchmädchen".
Markus Rabanus >> Diskussion

06 März 2011

Moralische Nachhilfe für Horst Seehofer

Der vormals nur noch als CSU-Chef von Guttenbergs Gnaden gehandelte Horst Seehofer versucht jetzt, als dessen Schutzpatron zu punkten, macht Front gegen Lammert und Schavan, die öffentlich Kritik geübt hatten. "Das war nicht solidarisch. Zum Selbstverständnis der Union sollte gehören, dass man den eigenen Leuten beisteht, ihnen nicht öffentlich in den Rücken fällt", zitiert der Kölner Stadtanzeiger den bayrischen Ministerpräsidenten.

"Das war nicht solidarisch", als gelte es, die Solidarität über das Recht zu stellen. "Den eigenen Leuten beistehen", als gelte für den Beistand eigenen Leuten gegenüber ein anderer Maßstab als gegenüber dem politischen Gegner. Solche Haltung ist weit verbreitet, aber Teil der Unglaubwürdigkeit und mit den Werten unvereinbar. "Zum Selbstverständnis der Union sollte gehören", zumal es sich christlich nennt, dass der Selbstkritik Vorrang einzuräumen ist.

"Nicht öffentlich in den Rücken fallen" - ein schräges Bild und doppelt falsch, denn "in den Rücken fallen" suggeriert Unlauteres und macht im Falle Guttenberg eher andersherum Sinn, dass Guttenberg mit seinem Skandal der Union in den Rücken gefallen ist.
Und "nicht öffentlich" ist falsch, weil es genau solcher öffentlichen Kritik aus den eigenen Reihen bedurfte, zumal Guttenbergs zur Schau getragene Selbstkritik wiederum Schwindel war und scheibchenweise stets der jeweiligen Beweislage arg hinterher.

Ginge es um die Reihenfolge, dann darf interne Kritik zuerst sein, aber wochenlang deutete rein gar nichts darauf, sondern im Gegenteil das öffentliche Plädoyer für eine Nibelungentreue unter Außerachtlassung der Wertebasis. Seehofer selbst prahlte damit, Guttenberg zum Durchhalten aufgefordert zu haben. Erst Lammert und Schavan rückten die Wertebasis zurecht und gaben zum ohnehin unausweichlichen Ministerrücktritt den wahrscheinlich entscheidenden Impuls.

Seehofer wirft der Bundeskanzlerin großspurig vor, dass sie den "unangemessenen Umgang" mit Guttenberg zu verantworten habe. Und das liege ihm "in der Wiedervorlage".

In Seehofers "Wiedervorlage" für besinnliche Stunden sollte stehen: Popularität ist eine feine Sache, aber eher Verpflichtung zu mehr Moralität als eine Rechtfertigung von weniger Moralität. Die Redlichkeit muss wichtiger als die Popularität sein.

Markus Rabanus >> Diskussion