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02 September 2008

BGH bestätigt Verurteilung von PKK-Brandstiftern

Nr. 164/2008 Bundesgerichtshof bestätigt Verurteilung wegen Brandanschlags auf türkischen Verein in Esslingen

Mit Urteil vom 22. Februar 2008 hat das Landgericht Stuttgart vier Angeklagte wegen versuchter Brandstiftung in Tateinheit mit verbotswidrigem Herstellen und Verwenden von Brandsätzen und mit Sachbeschädigung verurteilt. Gegen drei Angeklagte hat es Freiheitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten, gegen einen Angeklagten eine Jugendstrafe von zwei Jahren verhängt. Einer der Angeklagten war bereits zuvor unter anderem wegen versuchten Mordes zu einer siebenjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er an einem anderen Brandanschlag auf ein bewohntes freistehendes Haus in Göppingen ebenfalls beteiligt war. Das Landgericht Stuttgart hat für diesen Angeklagten – nachträglich – auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren für beide Taten erkannt.

Nach den Feststellungen der Jugendkammer sind drei der Angeklagten kurdischer Abstammung, während der vierte als türkischer Staatsbürger mit der PKK und ihrem Kampf für ein unabhängiges Kurdistan sympathisiert. Nachdem die vier Angeklagten am 1. März 2007 aus den Medien von einer angeblichen Vergiftung des Kurdenführers Öcalan erfahren hatten, wollten sie ein medienwirksames spektakuläres Zeichen des Widerstands gegen die Unterdrückung der Kurden setzten. In der darauf folgenden Nacht verübten sie mittels dreier Molotowcocktails einen Brandanschlag auf das Gebäude des als türkisch-national geltenden "Verein Türkischer Arbeitnehmer e.V." in Esslingen. Sie gingen davon aus, dass sich in dem Gebäude keine Menschen aufhielten. Tatsächlich übernachteten dort in der Tatnacht in Gästeräumen vier Personen, die allerdings nicht zu Schaden kamen. Das Feuer, das nicht in die Innenräume gelangte, erlosch von allein. Es kam weitgehend nur zu Verrußungen.

Gegen das Urteil haben zwei der Angeklagten Revision eingelegt und diese jeweils auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützt. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 26. August 2008 die Revision als offensichtlich unbegründet verworfen. Das Urteil des Landgerichts ist für sämtliche Angeklagten rechtskräftig.

Beschluss vom 26. August 2008 – 1 StR 391/08
Landgericht Stuttgart – Entscheidung vom 22. Februar 2008– 4 KLs 6 Js 27466/07
Karlsruhe, den 2. September 2008

  • Kurdenkonflikt
  • 27 August 2008

    BGH bestätigt Urteil gegen Terrorhelfer

    Nr.158/2008 Urteil gegen Terrorhelfer rechtskräftig

    Das Oberlandesgericht München hat den Angeklagten Farhad Kanabi Ahmad wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in drei Fällen jeweils in Tateinheit mit einem nach dem Außenwirtschaftsgesetz strafbaren, bandenmäßig begangenen Verstoß gegen ein EG-Embargo sowie wegen Verabredung eines nach dem Außenwirtschaftsgesetz strafbaren, bandenmäßig begangenen Verstoßes gegen ein EG-Embargo in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.

    Der Angeklagte hatte im Jahr 2004 im Raum München Geld für die irakische Terrororganisation Jaish Ansar Al Sunna gesammelt und es in drei Fällen einem Mitglied dieser Organisation zukommen lassen; in den weiteren Fällen kam es nicht zur Übergabe des Geldes bzw. konnte das Oberlandesgericht die Weitergabe nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen.

    Der 3. Strafsenat hat die Revision des Angeklagten verworfen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

    Beschluss vom 12. August 2008 - 3 StR 110/08
    Oberlandesgericht München - Urteil vom 9. Juli 2007 - 6 St 1/06
    Karlsruhe, den 27. August 2008

    21 August 2008

    GRÜNE: "Atomdeal zwischen USA und Indien stoppen"

    Zur entscheidenden Sitzung der Nucelar Suppliers Group in Wien erklärt Winfried Nachtwei, Sprecher für Sicherheits- und Abrüstungspolitik:

    Das Treffen der Nuclear Suppliers Group (NSG) in Wien unter deutschem Vorsitz ist die letzte Möglichkeit, eine schwere Krise des nuklearen Nichtverbreitungsregimes abzuwenden. Sollte die amerikanisch-indische Vereinbarung von der NSG akzeptiert werden, würden damit Doppelstandards eingeführt und die Glaubwürdigkeit des Nichtverbreitungsvertrages (NVV) untergraben. Das wäre gerade zu einem Zeitpunkt kritischer Verhandlungen mit dem Iran und einer schwierigen Phase im rivalisierenden Nuklearstaat Pakistan ein fatales Signal.

    Die Aufhebung der Nuklearsanktionen gegen Indien soll ohne ausreichende Gegenleistungen stattfinden, da sich Indien nicht zu einer uneingeschränkten Kontrolle aller Nuklearanlagen verpflichten will. Auch eine Ratifizierung des Teststoppabkommens wird damit unterlaufen.

    Die Bundesregierung ist aufgefordert, diese schwere Beschädigung des NVV in der Nuclear Suppliers Group zu verhindern. Andernfalls wären die Glaubwürdigkeit deutscher Nichtverbreitungspolitik und dringend notwendiger Ansätze, das Nichtverbreitungsregime zu stärken, gefährdet.

    31 Juli 2008

    Türk. Regierungspartei ist "verfassungsgemäß"

    (Presseerkläung) Zum Urteil des türkischen Verfassungsgerichtes, die Regierungspartei AKP nicht zu verbieten, erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Walter Kolbow:

    "Türkisches Verfassungsgerichtsurteil stärkt Europa-Orientierung der Türkei"

    Die SPD begrüßt, dass sich im höchsten türkischen Gericht letztendlich doch die Vernunft durchgesetzt hat, auch wenn die Entscheidung nur denkbar knapp ausgefallen ist. Ein Verbot der AKP hätte die Türkei zweifellos in eine tiefe Krise gestürzt und ihren Weg nach Europa empfindlich gebremst. Auch die wichtigen Vermittlungsbemühungen der Türkei zwischen Israel und Syrien wären damit in Gefahr geraten.

    Ein Verbot der AKP wäre zwar formaljuristisch zulässig gewesen, die rechtliche Basis dafür aber wäre mehr als fragwürdig. Mit europäischen Rechtsnormen, die die Türkei in ihrem EU-Beitrittsprozess schrittweise übernehmen muss, haben die bisherigen türkischen Parteienverbotsregularien nichts zu tun. Es wird nun höchste Zeit, diese absurden Regeln in einem weiteren Reformschritt abzuschaffen.

    Wie überall auf der Welt muss auch in der Türkei eine religiöse Orientierung politischer Parteien erlaubt sein. Bisher war nicht zu sehen, dass die AKP damit eine demokratiefeindliche radikal-islamistische Gottesstaatsideologie anstrebt. Die Regierung Gül/Erdogan hat längst durch praktische Politik bewiesen, dass ihr die Westorientierung und Modernisierung der Türkei mehr am Herzen liegt als manchen selbst ernannten reaktionären Hütern eines erstarrten Kemalismus.

    Die SPD gratuliert der türkischen Staatsspitze zu diesem Urteil und ermutigt die Führung der AKP, ihren europa-orientierten Weg durch weitere mutige Reformen weiterzugehen. Dies bedeutet eine Modernisierung der Verfassung ebenso wie eine grundlegende Verbesserung der Menschenrechtssituation und des Verhältnisses zur kurdischen Bevölkerungsgruppe. Das Urteil macht aber auch klar, dass die Regierung allen Bestrebungen entgegentreten muss, die versuchen, die islamische Orientierung dazu zu missbrauchen, laizistische Grundsätze aufzuweichen und gesellschaftliche Freiheiten, insbesondere der Frauen, einzuschränken.

    09 Juli 2008

    Seltsames Geschichtsverständnis - Kritik am Fragenkatalog des Bundesministeriums des Innern zum Einbürgerungstest

    ZDJD-Presseerklärung 09.07.2008 - "Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßt die Tatsache, dass das Bundesministerium des Innern in seinem Entwurf zu einem bundeseinheitlichen Einbürgerungstest eine Vielzahl von kritischen Anregungen aufgegriffen und im vorliegenden Entwurf umgesetzt hat", so der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan J. Kramer.
    „Allerdings zeugt es von einem seltsamen Geschichtsverständnis, wenn zwar Wissen zur Geschichte Deutschlands abgefragt wird, aber in einem 320 Fragen umfassenden Katalog das Wort „Holocaust" nicht ein einziges Mal Erwähnung findet, so dass deutlich wird, dass eine dringend notwendige Auseinandersetzung auch der Zuwanderer mit dem nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen offenbar nicht erwartet wird."
    „Unerträglich ist allerdings, wenn bei der Frage danach, welche Religion die europäische und deutsche Kultur geprägt habe, Hinduismus, Christentum, Buddhismus und Islam als Antwort angeboten werden, das Judentum aber schlicht unterschlagen wird", so der Generalsekretär.
    „Vor diesem Hintergrund hinterlässt die Ausgestaltung des Fragebogens nicht nur einen faden Beigeschmack, sondern grenzt schon an ideologische Verzerrung, weil durch das Weglassen von Tatsachen ein falsches Geschichtsbild entsteht", so Stephan J. Kramer. Berlin, den 09. Juli 2008 (Presseerklärung)

    KOMMENTAR

    Es ist zu hoffen, dass die Auslassungen im ohnehin fragwürdigen "Einbürgerungstest" nur ein Versehen der Verantwortlichen sind, also nachgebessert werden.
    -msr-

  • Diskussionen
  • BGH: Kein Zuschlag zur Miete bei unwirksamer Schönheitsreparaturklausel

    Kein Zuschlag zur Miete bei unwirksamer Schönheitsreparaturklausel

    Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, ob ein Vermieter im Rahmen einer Mieterhöhung gemäß § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen kann, wenn eine in einem Formularmietvertrag enthaltene Klausel, die den Mieter zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet, unwirksam ist.

    Der Entscheidung lag im Wesentlichen der folgende Sachverhalt zugrunde: Der Beklagte ist Mieter einer (nicht preisgebundenen) Wohnung der Kläger. Der Formularmietvertrag enthält eine Klausel, die den Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen "regelmäßig" innerhalb bestimmter Fristen auszuführen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Schönheitsreparaturklauseln unwirksam, wenn sie dem Mieter eine Renovierungspflicht nach einem starren Fristenplan ohne Rücksicht auf den Zustand der Wohnung auferlegen.

    Die Kläger, die die von ihnen verwendete Klausel nach dieser Rechtsprechung für unwirksam halten, boten dem Beklagten den Abschluss einer Ergänzungsvereinbarung an, mit der die Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter anderweitig geregelt werden sollte. Da der Beklagte damit nicht einverstanden war, verlangten die Kläger die Zustimmung zur Erhöhung der Miete um einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete für die von ihnen als Vermietern zu erbringenden Schönheitsreparaturen in Höhe von monatlich 0,71 € je qm. Das entspricht dem Betrag, der im öffentlich geförderten Wohnungsbau bei der Kostenmiete angesetzt werden darf, wenn der Vermieter die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt (§ 28 Abs. 4 Satz 2 der Zweiten Berechnungsverordnung). Der Beklagte verweigerte die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete um diesen Zuschlag.

    Der daraufhin erhobenen Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung um monatlich 0,71 € je qm hat das Amtsgericht stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen, soweit die Kläger die Zustimmung zur Erhöhung der Miete um monatlich mehr als 0,20 € je qm verlangt haben; die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Dieses Urteil haben beide Parteien mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision angegriffen. Die Kläger haben sich gegen die Beschränkung des Zuschlags auf einen Betrag von monatlich 0,20 € je qm gewandt. Der Beklagte hat seinen Antrag auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgt. Die Revision des Beklagten hatte Erfolg; die Revision der Kläger hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen.

    Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Vermieter nicht berechtigt ist, einen Zuschlag zur ortsüblichen Miete zu verlangen, wenn der Mietvertrag eine unwirksame Klausel zur Übertragung der Schönheitsreparaturen enthält. Nach § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Vermieter lediglich die Zustimmung zur Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen; einen darüber hinausgehenden Zuschlag sieht das Gesetz nicht vor. Er ließe sich auch nicht mit dem vom Gesetzgeber vorgesehenen System der Vergleichsmiete in Einklang bringen. Insoweit bilden die jeweiligen Marktverhältnisse den Maßstab für die Berechtigung einer Mieterhöhung. Der begehrte Zuschlag orientiert sich aber an den Kosten für die Vornahme der Schönheitsreparaturen. Mit der Anerkennung eines Zuschlags würde daher im nicht preisgebundenen Mietwohnraum ein Kostenelement zur Begründung einer Mieterhöhung ohne Rücksicht darauf herangezogen, ob diese Kosten am Markt durchsetzbar wären. Der vom Senat angenommene Entgeltcharakter der Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter (BGHZ 105, 71, 79) kann keine andere Entscheidung rechtfertigen. Denn daraus lassen sich keine Maßstäbe für die Ermittlung der am Markt erzielbaren Miete im konkreten Mietverhältnis ableiten.

    Die Kläger können die beanspruchte Mieterhöhung auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB verlangen, weil eine durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandene Lücke nur dann der Vervollständigung bedarf, wenn dispositives Gesetzesrecht hierfür nicht zur Verfügung steht und die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung bietet. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Nach der gesetzlichen Regelung hat der Vermieter die Last der Schönheitsreparaturen zu tragen (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB). Wenn dasselbe Ergebnis als Folge einer unwirksamen vertraglichen Abwälzung der Renovierungslast auf den Mieter eintritt, stellt dies keine den typischen Interessen der Vertragspartner widersprechende Regelung dar.

    Ebenso wenig kann die Forderung nach einem Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) gestützt werden. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage besteht kein Raum, wenn nach der gesetzlichen Regelung derjenige das Risiko zu tragen hat, der sich auf die Störung der Geschäftsgrundlage beruft. Das Risiko der Unwirksamkeit von Formularklauseln hat gemäß § 306 Abs. 2 BGB derjenige zu tragen, der derartige Klauseln verwendet. Denn nach dieser Bestimmung richtet sich der Vertrag im Falle der Klauselunwirksamkeit nach den sonst zur Anwendung kommenden gesetzlichen Regelungen. Das bedeutet hier, dass mangels wirksamer Abwälzung der Schönheitsreparaturen die Kläger als Klauselverwender nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB die Instandhaltungslast in vollem Umfang zu tragen haben.

    Urteil vom 9. Juli 2008 - VIII ZR 181/07
    AG Düsseldorf - Urteil vom 25. August 2005 - 51 C 3169/05
    LG Düsseldorf - Urteil vom 16. Mai 2007 - 21 S 375/05
    Karlsruhe, den 9. Juli 2008
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs

    07 Juli 2008

    Sprengstoffanschlag in Kabul

    Presseerklärung: Bundesregierung verurteilt Anschlag in Kabul

    Bei einem Sprengstoffanschlag vor der indischen Botschaft in der afghanischen Hauptstadt Kabul wurden heute (07.07.) nach derzeitigem Stand der Regierungsangaben mehrere Dutzend Menschen getötet. Darüber hinaus sind weit über 100 Menschen verletzt worden. Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier erklärte dazu heute (07.07.) in Berlin:

    „Die Bundesregierung verurteilt das mörderische Attentat vor der indischen Botschaft in Kabul, bei dem heute zahlreiche unschuldige Menschen ihr Leben verloren, auf das Schärfste. Wir teilen die Trauer und Bestürzung des afghanischen Volkes und versichern auch der indischen Regierung unser Mitgefühl.

    Den Familien und Angehörigen der Opfer gilt unsere tiefe Anteilnahme. Unsere Gedanken sind ebenso bei den vielen Verletzten. Ihnen wünschen wir rasche und vollständige Genesung.

    Es ist das Ziel der Terroristen, geordnete und demokratische Verhältnisse in Afghanistan zu verhindern. Wir zählen deshalb auf die schnelle Arbeit der afghanischen Behörden: Die Hintermänner des Attentats müssen umgehend gefunden und zur Rechenschaft gezogen werden.“

    KOMMENTAR

    Aus den Erfahrungen der untergegangenen Sowjetunion lernen, heißt Frieden lernen: Frieden macht man mit dem Feind. Eben auch nicht gegen die Taliban. Entsetzen, Rechenschaft und Soldaten reichen zum Frieden nicht.

    -markus rabanus-

    05 Juli 2008

    Oberlandesgericht bestätigt Verbot des Spielfilms "Rohtenburg"

    Mit einem am 17.6.2008 verkündeten Urteil hat das Oberlandesgericht eine Entscheidung des Landgerichts Kassel bestätigt, mit der auf Antrag des als "Kannibale von Rotenburg" bekannt gewordenen Klägers die Vorführung und das In-Verkehr-Bringen des von der Beklagten produzierten Spielfilms "Rohtenburg" untersagt wurde.

    Nach übereinstimmender Ansicht des Landgerichts und des zuständigen 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts werde der Kläger durch die Aufführung des Films in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Auch wenn der Kläger wegen der in dem Film aufgegriffenen Handlungen mittlerweile wegen Mordes verurteilt wurde, müsse er es nicht dulden, zum Gegenstand eines Horrorfilms gemacht zu werden, indem er vom Publikum zweifelsfrei als dessen Hauptfigur erkannt werden könne. Die grundgesetzlich geschützte Kunstfreiheit, auf die sich die Beklagte berufe, müsse in diesem Fall nach Abwägung aller Umstände gegenüber dem Persönlichkeitsschutz des Klägers zurücktreten.

    Der Senat bestätigte insoweit seine im Jahre 2006 vorausgegangene Entscheidung im Eilverfahren (Aktenzeichen 14 W 10/06, Entscheidung vom 3.3.2006)

    Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen wurde.
    Die genannten Entscheidungen des Oberlandesgerichts sind im Volltext unter >www.rechtsprechung.hessen.de abrufbar.

    OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.6.2008, Aktenzeichen 14 U 146/07
    (vorausgehend LG Kassel, Urteil vom 5.7.2007, Aktenzeichen 8 O 1854/06)
    Pressesprecher RiOLG Ingo Nöhre

    04 Juli 2008

    Feilschen um Weltkulturerbe

    Pressemitteilung: Staatsminister Gloser zum Verbleib des Dresdner Elbtals auf der Roten Liste der gefährdeten Welterbestätten

    Das UNESCO-Welterbekomitee in Quebec hat gestern (03.07.) den Verbleib des Dresdner Elbtals auf der Liste gefährdeter Welterbestätten beschlossen. Der Beschluss sieht die erneute Befassung des Komitees mit dem Dresdner Elbtal in einem Jahr vor.

    Zum Beschluss des Welterbekomitees erklärte der Staatsminister für Europa, Günter Gloser:

    “Ich begrüße den Beschluss des Welterbekomitees, den Welterbetitel des Dresdner Elbtals nicht abzuerkennen. Es ist auch Ausdruck der großen Wertschätzung, die das Welterbekomitee der Zusammenarbeit mit Deutschland beimisst.

    Wichtig ist: Die Möglichkeit, einen Konsens aus dem Schutzgedanken der Welterbekonvention und dem Willen der Bürger Dresdens herzustellen, bleibt für ein weiteres Jahr bestehen. Das Auswärtige Amt steht weiterhin bereit, die Stadt Dresden bei der Suche nach einem Konsens zu unterstützen.”

    Das Dresdner Elbtal wurde 2004 in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. Wegen des von Dresden geplanten Baus einer Elbbrücke hat das UNESCO-Welterbekomitee 2006 das Dresdner Elbtal auf die so genannte Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten gesetzt.

    Kleiner Fortschritt gegen "Steueroase" Jersey

    Pressemitteilung des BMF: Für einen fairen Steuerwettbewerb: Abkommen über Auskunftsaustausch für Steuerzwecke mit Jersey unterzeichnet

    Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen, Nicolette Kressl, der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Heinrich Tiemann und der Chief Minister von Jersey, Senator Frank Walker, haben heute in Berlin Abkommen über den Auskunftsaustausch in Steuersachen sowie über die Zusammenarbeit in Steuersachen und die Vermeidung der Doppelbesteuerung [Glossar] bei bestimmten Einkünften unterzeichnet.

    Hierzu erklärt das Bundesministerium der Finanzen:

    Es handelt sich hier um einen wichtigen Schritt bei den weltweiten Bemühungen um ein internationales Finanzsystem, das nicht durch mangelnde Transparenz und fehlenden wirksamen Auskunftsaustausch in Steuersachen verzerrt wird.

    Das Abkommen über den Auskunftsaustausch in Steuersachen berechtigt jede Partei, die andere Partei um Auskünfte in Steuersachen zu ersuchen. Es bestätigt die Verpflichtung beider Parteien zu einem offenen und fairen Steuerwettbewerb und insbesondere zur Umsetzung der Standards für Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Rahmen ihres Programms zur Eindämmung des schädlichen Steuerwettbewerbs entwickelt hat.

    Das Abkommen reiht sich ein in die vielfältigen Aktivitäten des Bundesministeriums der Finanzen, in Zeiten der Globalisierung [Glossar] die gegenseitige Amtshilfe immer weiter auszubauen.

    Das Abkommen über die Zusammenarbeitin Steuersachen und die Vermeidung der Doppelbesteuerung erstreckt sich auf bestimmte Einkünfte natürlicher Personen sowie auf Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen.

    03 Juli 2008

    EZB: Leitzinsanhebung auf 4,25 %

    Auf der heutigen Sitzung fasste der EZB-Rat die folgenden geldpolitischen Beschlüsse:

    1. Der Mindestbietungssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte des Eurosystems wird um 25 Basispunkte auf 4,25 % erhöht. Dies gilt erstmals für das am 9. Juli 2008 abzuwickelnde Geschäft.
    2. Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität wird mit Wirkung vom 9. Juli 2008 um 25 Basispunkte auf 5,25 % erhöht.
    3. Der Zinssatz für die Einlagefazilität wird mit Wirkung vom 9. Juli 2008 um 25 Basispunkte auf 3,25 % erhöht.

    Der Präsident der EZB wird die Überlegungen, die diesen Beschlüssen zugrunde liegen, heute um 14.30 Uhr (MESZ) auf einer Pressekonferenz erläutern.

    Rede BM Steinmeier beim Treffen des bilateralen Lenkungsausschusses des Petersburger Dialogs

    Rede BM Steinmeier beim Treffen des bilateralen Lenkungsausschusses des Petersburger Dialogs, 3. Juni 2008
    "Globale Herausforderungen gemeinsam gestalten - Perspektiven der deutsch-russischen Modernisierungspartnerschaft"

    - Es gilt das gesprochene Wort! -

    Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

    sehr geehrter Michail Gorbatschow,

    sehr geehrter Lothar de Maizière,

    sehr geehrte Damen und Herren,

    in seiner Berliner Rede hat der neue russische Präsident Medwedjew vor wenigen Wochen in Anlehnung an John Le Carré einen bemerkenswerten Satz geprägt. Russland, so sagte er, sei „aus der Kälte zurückgekehrt“. Sein Land sei bereit, die globale Politik und Wirtschaft konstruktiv mitzugestalten.

    Vor wenigen Tagen, beim Gipfel von Russland und der Europäischen Union, hat Dimitrij Medwedjew diese Ankündigung konkret unterlegt. Meine Zuversicht steigt, dass die Zeit für eine substanzielle Ausgestaltung und Vertiefung des europäisch-russischen, aber besonders auch des deutsch-russischen Verhältnisses, endlich heranreift. Das ist eine große Chance. Wir dürfen sie unter keinen Umständen verspielen.

    Und deshalb ist es gut und wichtig, dass wir hier gemeinsam diskutieren, wie Russen und Deutsche diese Chance rasch und entschlossen nutzen können. Ich freue mich auch sehr, dass unsere heutige Begegnung in Passau stattfindet. Das gibt Gelegenheit, dem neuen Oberbürgermeister dieser Stadt zu gratulieren. Lieber Jürgen Depper, ganz herzlichen Glückwunsch und viel Erfolg beim Wirken für die Menschen in dieser Stadt, den Menschen, bei denen ich mich bedanken will für den wunderschönen Rahmen, den Passau dieser Tagung setzt.

    Es gehört zu den Markenzeichen des Petersburger Dialogs, dass seine Veranstaltungen außerhalb der Hauptstädte stattfinden - fernab von Regierungssitzen und Regierungen. Denn dafür steht der Petersburger Dialog: für den Dialog zwischen unseren Zivilgesellschaften, für einen Brückenschlag zwischen den Menschen, für das offene, vertrauensvolle und auch kritische Gespräch zwischen Deutschen und Russen weit über die politischen Gesprächskanäle hinaus. In dieser Eigenschaft ist der Petersburger Dialog längst nicht mehr aus den deutsch-russischen Beziehungen wegzudenken. Er bereitet sozusagen den Humus, aus dem immer wieder und hoffentlich bald noch stärkere neue Pflanzen der deutsch-russischen Zusammenarbeit sprießen.

    Regierungen allein können auf Dauer keine lebendigen Beziehungen zwischen Ländern und Staaten erhalten. Erst der Austausch und die Verflechtung der Zivilgesellschaften macht Beziehungen wirklich eng und fruchtbar. Es sind die Musiker, die Maler und Schriftsteller, die sich wechselseitig anregen; die Unternehmer, die zum gegenseitigen Vorteil zusammenarbeiten; die Wissenschaftler, die voneinander lernen und gemeinsam unbekanntes Gebiet erforschen; die Journalisten, die neugierig und offen die Gesellschaft des jeweils anderen Landes entdecken und beschreiben.

    Deshalb bin ich im Mai bei meiner letzten Russland-Reise bewusst auch in die Regionen gefahren. In Jekaterinburg am Ural, einer Industriestadt mit 1,5 Millionen Einwohnern, wo inzwischen viele deutsche Unternehmen und Wissenschaftler aktiv sind, habe ich gesagt: Wir haben gelernt, dass Russland nicht am Autobahnring von Moskau endet. Dort wie in Sankt Petersburg habe ich mich bemüht, die Kontakte zwischen Menschenrechtlern, kirchlichen und anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen beider Länder zu fördern – ganz im Sinne des Petersburger Dialogs, der dies seit seiner Gründung vor sieben Jahren vormacht.

    In diesen sieben Jahren ist im deutsch-russischen Verhältnis in vielen Bereichen etwas gewachsen, das generell und für die Außenpolitik besonders das wichtigste Kapital ist: gegenseitiges Verständnis und Vertrauen. Das verdanken wir nicht zuletzt der Arbeit des bilateralen Lenkungsausschusses, dem unermüdlichen Einsatz von Menschen wie Lothar de Maizière, Manfred Stolpe und Michail Gorbatschow. Ich möchte aber nicht nur Ihnen, sondern allen engagierten Partnern im Lenkungsausschuss an dieser Stelle meinen herzlichen Dank aussprechen!

    Wir alle wissen: Verständnis und Vertrauen wachsen nur langsam. Dafür notwendig sind Zeit, Geduld und beständige Pflege. Zwanzig Jahre sind seit dem Fall der Mauer mittlerweile vergangen, seit dem Ende der Blockkonfrontation zwischen Ost und West. Manche Mauern – ich meine die Mauern in den Köpfen – sind aber nicht so schnell gefallen. Hier und da haben sie noch immer Bestand. Die Denkmuster des Kalten Krieges und seine ideologischen Klischees verfolgen uns als lange Schatten der Vergangenheit.

    Und darum werbe ich dafür, dass wir miteinander begreifen: Wir sind in ein neues Zeitalter nach dem Kalten Krieg eingetreten, ein Zeitalter der wachsenden gegenseitigen Abhängigkeit. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit werden wir die wichtigen Probleme nur noch gemeinsam lösen können – vom Klimaschutz bis zur Energiesicherheit. Darum setze ich auf eine Politik für mehr gegenseitiges Verständnis, für Zusammenarbeit und Dialog. Auf diesem Weg werden wir erkennen, dass wir viel mehr gemeinsame Interessen haben, als manche vielleicht glauben!

    Gehen wir offen und neugierig auf diesem Weg voran! Dann haben wir die Chance, Missverständnisse und falsche Wahrnehmungen zu erkennen und zu überwinden. Ich will in diesem Zusammenhang an den offenen Brief von Michail Gorbatschow erinnern, der in diesem März die deutschen Medien aufgerufen hat, ihren Blick auf Russland gelegentlich etwas selbstkritischer zu überprüfen. Nicht jeder Bericht, so sein Urteil, ist geprägt von einem unvoreingenommenen Umgang miteinander. Nehmen wir diese Kritik von Michail Gorbatschow, der sich leidenschaftlich um Dialog und Zusammenarbeit bemüht, ernst!

    Aber ich will auch sagen: Beim Aufbau von gegenseitigem Vertrauen zwischen Deutschen und Russen sind wir weit vorangekommen, und das ist für die Politik eine Steilvorlage.

    Die Chancen für ein neues Miteinander zwischen den USA, der EU und Russland stehen deshalb gut, auch wenn wir die Differenzen, die es gibt, gar nicht leugnen brauchen. Aber die gemeinsamen Interessen sind doch viel größer als die Unterschiede.

    Ich meine: Die wachsende Vernetzung und Verflechtung, neue globale Probleme und Risiken, denen sich die USA, die EU und Russland gemeinsam stellen müssen – das sind Ansatzpunkte für eine neue gemeinsame Agenda.

    Präsident Medwedjew hat Ende Mai bei seiner Rede in Berlin gezeigt, dass er das ganz ähnlich sieht. Er hat deutlich gemacht, dass sich Russland als Teil der europäischen Zivilisation sieht. Einer gemeinsamen Zivilisation, so hat er hinzugefügt, die Nordamerika, die Europäische Union und Russland umfasst.

    In diesen Worten kommt nicht nur eine geographische Orientierung, sondern eine Orientierung an gemeinsamer Kultur und Geschichte zum Ausdruck. Und die Bereitschaft zu gemeinsamer Zukunftsgestaltung!

    Der russische Präsident hat sich für eine gleichberechtigte Zusammenarbeit in einem einheitlichen euroatlantischen Raum von Vancouver bis Wladiwostok ausgesprochen. Mit dieser Aussage hat er eine Zielsetzung formuliert, die wir alle in der Charta von Paris bekräftigt haben.

    Denn eine europäische Friedensordnung, auf der Grundlage gemeinsamer Interessen, gemeinsamer Werte und einer gemeinsamen, unteilbaren Sicherheit war immer unser Ziel.

    In öffentlichen Diskussionsbeiträgen haben Hans-Dietrich Genscher und der Verteidigungsexperte Lothar Rühl in den vergangenen Tagen unterstrichen, wie aktuell und wie bedeutsam die Frage einer Verständigung über uns gemeinsam berührende Sicherheitsinteressen ist.

    Auch das muss Teil unserer gemeinsamen Agenda sein – die ich im Sinne einer globalen Verantwortungsgemeinschaft verstehe. Einer Verantwortungsgemeinschaft, die wir schaffen müssen, wenn wir wollen, dass unsere Kinder und Enkel so friedlich und gut leben wie wir selbst – und damit die Kinder es in manchen Teilen der Welt es sogar besser haben als heute.

    Für Deutschland und die EU ist Russland solch ein unverzichtbarer Partner bei der Gestaltung der Welt von morgen. Wir brauchen Russland als Partner. In gemeinsamer Verantwortung für Sicherheit und Stabilität in Europa und weit darüber hinaus. Nur gemeinsam mit Russland wird unsere Energieversorgung auf Dauer sicher und friedlich sein, nur gemeinsam mit Russland werden wir Fortschritte bei der Abrüstung erreichen und im weltweiten Kampf gegen den Terrorismus erfolgreich sein. Ich bin überzeugt: Es wird in Europa, im ganzen eurasischen Raum keine Sicherheit ohne oder gar gegen Russland geben.

    Russland braucht aber auch Europa – um sein Land politisch nach vorn zu bringen und sich wirtschaftlich zu modernisieren. Deshalb habe ich eine deutsch-russische Modernisierungspartnerschaft vorgeschlagen. Im Kern geht es dabei um eine Zusammenarbeit in Bereichen, in denen sich unsere gemeinsame Zukunft entscheidet: bei der Klima- und Energiepolitik, im gemeinsamen Bemühen um Energieeffizienz, bei der Gesundheitspolitik, bei der Abfederung der Folgen einer älter werdenden Gesellschaft, auf den Feldern Bildung und Wissenschaft oder auch der Rechtstaatlichkeit.

    Ich freue mich, dass Präsident Medwedjew bei meinen Gesprächen mit ihm in Moskau und in Berlin diesen Vorschlag positiv aufgegriffen hat. Tun wir alles dafür, die Modernisierungspartnerschaft als Motor für eine gute gemeinsame Zukunft zu begreifen.

    kürzlich habe ich jungen Studenten an der Ural-Universität in Jekaterinburg gesagt: Wir leben in einer Zeit, in der nicht mehr die Zahl der Panzer und Raketen über die Stärke eines Landes entscheiden, sondern die Leistungsfähigkeit seiner Wirtschaft, die Zahl seiner klugen Köpfe, die Anwendung von Wissen, die internationale Vernetzung und die Offenheit seiner Gesellschaft.

    Genau dies haben wir mit der deutsch-russischen Modernisierungspartnerschaft im Blick: uns fit zu machen für das globale 21. Jahrhundert. Das ist nicht nur Aufgabe von Regierungen. Der Staat kann Rahmen setzen und flankierend zur Seite stehen. Lebendig wird eine Partnerschaft aber erst mit konkreten Ideen, Konzepten und Projekten, von engagierten Menschen auf beiden Seiten. Eine Aufgabe ganz besonders auch für den Petersburger Dialog.

    Lassen Sie mich dafür zwei Beispiele nennen.

    Erstens: Bildung, Ausbildung und Forschung sind für jede Gesellschaft grundlegend. Wissen ist die entscheidende Ressource der Zukunft – das weiß man hier in der Universitätsstadt Passau sehr genau! Deshalb haben wir, Deutschland und Russland, vor drei Jahren eine strategische Partnerschaft in Bildung, Forschung und Innovation vereinbart. Diese Partnerschaft hat dazu beigetragen, dass Deutschland heute mit kaum einem anderen Land der Welt so enge Forschungs- und Hochschulbeziehungen wie mit Russland hat. Rund 12.000 russische Studenten lernen bei uns, viele haben es nach ihrer Rückkehr bis in Spitzenpositionen geschafft.

    Aber wir können noch viel mehr tun. Ein gemeinsames Thema ist die Ausbildung junger Menschen und eine praxisnahe Fortbildung. Viele Firmen, übrigens auch deutsche Unternehmen, suchen in Russland händeringend nach Fachkräften. Aber auch die öffentliche Verwaltung muss funktionieren, wenn die Wirtschaft wachsen soll.

    Zum Bildungsbereich im weiteren Sinne gehört auch der Jugendaustausch. Nur wenn deutsche und russische Jugendliche sich begegnen, wenn sie Interesse füreinander entwickeln und die Sprache des anderen Landes lernen, bleibt das deutsch-russische Verhältnis auch in Zukunft lebendig.

    Der Petersburger Dialog hat zu Recht immer wieder darauf gedrängt, dass wir von beiden Seiten alles tun, um den Jugendaustausch weiter zu verstärken. Das ist das zentrale Anliegen der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch, die aus der Arbeit des Petersburger Dialogs hervorgegangen ist.

    Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal herausheben, wie groß die Bedeutung der wechselseitigen Sprachkenntnisse ist. Wer die Sprache des Anderen spricht, geht leichter aufeinander zu – ob in der Wirtschaft, in der Forschung oder in der Kultur. Die Initiative für mehr Partnerschulen knüpft genau an diesem Punkt an.

    Daher machen wir uns stark für mehr Russisch-Unterricht an deutschen Schulen, mehr Studiengänge an deutschen Universitäten. Wir können da gegenüber den Russen an Neugier und Bereitschaft noch einiges nachholen! Auch dank unserer Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik in Russland können wir feststellen: In keinem anderen Land der Welt lernen so viele Menschen Deutsch wie in Russland!

    Das zweite Modernisierungsthema, das ich nennen möchte, hat Präsident Medwedjew selbst wiederholt angesprochen. Er hat gesagt, dass in Russland die Verbesserung des Rechtssystems und mehr Rechtsstaatlichkeit verwirklicht werden müssen, wenn die Modernisierung des Landes gelingen soll. Das wollen wir unterstützen!

    Zum Beispiel mit der Beratung bei Gesetzen. Mit der Fort- und Weiterbildung von Praktikern von Richtern, Staatsanwälten, Rechtsanwälten und Notaren. Wir sollten auch neue Wege bei der rechtswissenschaftlichen Zusammenarbeit gehen. Ich denke an verstärkte „train the trainer“ Programme für Nachwuchs-Rechtswissenschaftler oder gemeinsame Promotionsprogramme. Als Rahmen könnte ich ich mir ein Deutsch-Russisches Kompetenzzentrum Rechtswissenschaft vorstellen.

    dies sind nur zwei von vielen Zukunftsfeldern, die wir gemeinsam gestalten können. Auch in den Bereichen Gesundheitspolitik und Demografie, Energieeffizienz oder Verkehrsinfrastruktur haben wir ganz konkrete Vorstellungen davon, wie wir konkret zusammenarbeiten können und beide dabei gewinnen! Im Bereich des Gesundheitswesens hat der Petersburger Dialog vor allem mit dem „Koch-Mentschnikow-Forum“ schon einen substanziellen Beitrag zu dieser Modernisierungsagenda geleistet.

    Viele dieser Zukunftsfelder haben eine europäische Dimension. Deshalb bin ich ausgesprochen froh, dass es beim EU-Russland Gipfel in Chanty-Mansijsk letzte Woche gelungen ist, den Startschuss für die Verhandlungen über ein neues Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zu geben. Zwei Jahre haben wir uns in der EU und in Moskau gegenseitig Steinchen und Steine in den Weg gelegt. Jetzt kann es endlich losgehen, und hoffentlich sehen wir jetzt stärker, wie viel wir uns langfristig zu geben haben. Ich halte auch langfristig auch eine Freihandelszone zwischen der EU und Russland für keine Utopie, wenn Russland schon eine Weile der Welthandelsorganisation angehört.

    Leo Tolstoi hat uns folgenden Rat auf den Weg gegeben: „Es ist leichter, zehn Bände über Philosophie zu schreiben, als einen Grundsatz in die Tat umzusetzen.“

    Lassen Sie uns also an die Arbeit gehen. Lassen Sie uns den Petersburger Dialog nutzen, um die Partnerschaft zwischen Deutschland und Russland mit neuen Ideen und Taten zu vertiefen!

    Meine Damen und Herren, ich freue mich jetzt auf Ihre Anregungen, Herr Gorbatschow und Herr de Maizière.


  • Diskussionen
  • 02 Juli 2008

    Zur "Störfallbeherrschung" bei Atomkraftwerken

    Pressemitteilung des BMU:
    Atomkraftwerkbetreiber müssen besser informieren
    Bundesverwaltungsgericht stärkt Atomaufsicht

    Atomkraftwerkbetreiber sind zukünftig verpflichtet, die Atomaufsicht bereits bei begründeten Zweifeln an der Beherrschung eines Störfalls zu informieren. Damit hat das Bundesverwaltungsgericht Auflagen des Bundesumweltministeriums anlässlich eines Störfalls beim Atomkraftwerk Phillippsburg zum Teil bestätigt. Das ist ein wichtiger Erfolg für die Atomaufsicht, denn die jetzt verbindlich durchgesetzte Pflicht zur kurzfristigen Information über Zweifel an der Anlagensicherheit versetzt die Behörden in die Lage, die für den Schutz der Bevölkerung notwendigen Maßnahmen sofort anzuordnen.

    Aufgehoben hat das Bundesverwaltungsgericht die Auflage, dass der Betreiber von sich aus die Anlage abfahren muss, wenn der Nachweis der Störfallbeherrschung nicht rechtzeitig geführt wird. Es bleibt Aufgabe der Aufsichtsbehörden, bei einem Gefahrenverdacht die Betriebseinstellung anzuordnen. Gleiches gilt auch, wenn Verstöße gegen Genehmigungsbestimmungen zur Störfallbeherrschung festgestellt werden.

    Das Bundesverwaltungsgericht hat die aufgehobenen Teile der Auflagen zum Abfahren der Atomkraftwerke für zu unbestimmt gehalten. Das Bundesumweltministerium war der Ansicht, dass ein fachkundiger Betreiber nach den Anforderungen einer modernen Sicherheitskultur die Verantwortung für die notwendigen Maßnahmen in Zweifelsfällen übernehmen muss. Auch wenn dies derzeit nicht mit behördlichen Auflagen atomrechtlich durchsetzbar ist, sieht das Bundesumweltministerium die Betreiber in der Verantwortung, von sich aus den Anlagenbetrieb einzustellen, wenn begründete Zweifel an der Sicherheit bestehen.

    Die strittige Auflage für das Kernkraftwerk Philippsburg (Block I und II), hatte das zuständige baden-württembergische Umweltministerium am 28. Februar 2005 auf Weisung des Bundesumweltministeriums erlassen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte in erster Instanz die Auflage auf Klage des Betreiber EnBW vollständig aufgehoben.

    Anlass für die Auflagen zur Störfallbeherrschung war, dass die Nachweisführung für einen bestimmten Kühlmittelverluststörfall beim Kernkraftwerk Phillippsburg in Frage stand und über mehre Monate betriebsintern diskutiert wurde, ohne die Behörden zu informieren.

    (Zu den damaligen Ereignissen: http://www.bmu.de/atomenergie/ba/doc/35116.php)

    01 Juli 2008

    Bundesregierung für AtomwaffenFREIE Welt

    40 Jahre Nuklearer Nichtverbreitungsvertrag
    Presseerklärung des Auswärtigen Amts

    Der Nukleare Nichtverbreitungsvertrag für Kernwaffen (NVV) wurde heute vor 40 Jahren zur Zeichnung aufgelegt. Dem Vertrag, der auch Atomwaffensperrvertrag genannt wird, gehören heute 188 Staaten an. Er verpflichtet die teilnehmenden Kernwaffenstaaten auf das Ziel der vollständigen nuklearen Abrüstung; im Gegenzug erklären die Nichtkernwaffenstaaten einen umfassenden Nuklearwaffenverzicht. Darüber hinaus arbeiten alle Vertragsparteien bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie zusammen.

    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte heute (01.07.) hierzu:

    Der Atomwaffensperrvertrag ist von grundlegender Bedeutung für die internationale Sicherheit. Deshalb müssen wir die Anzeichen für eine Erosion dieses Vertragswerkes ernst nehmen. Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass das Interesse am Erwerb von Kernwaffen in einigen Weltregionen neu erwacht zu sein scheint. Angesichts der 30.000 atomaren Gefechtsköpfe, die es weltweit immer noch gibt, können wir uns ein Nachlassen der internationalen Abrüstungsanstrengungen nicht erlauben!

    Nach dem Scheitern der Überprüfungskonferenz im Jahr 2005 muss von der nächsten Konferenz in 2010 ein klares Signal für die Bewahrung und Stärkung des Atomwaffensperrvertrages ausgehen. Dabei geht es um Zweierlei:

    Zum einen muss den Proliferationsgefahren entschieden begegnet werden. Wir arbeiten deshalb mit unseren Partnern entschlossen auf eine diplomatische Lösung der Proliferationsfälle Iran und Nordkorea hin, setzen uns für die Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten der IAEO ein und haben Vorschläge zur Multilateralisierung des nuklearen Brennstoffkreislaufes gemacht, die den möglichen Missbrauch der zivilen Kernenergienutzung verhindern sollen.

    Andererseits brauchen wir aber auch eine neue Dynamik in der nuklearen Abrüstung. Die Kernwaffenstaaten sind gefordert, ihre Abrüstungsanstrengungen zu verstärken, die Zahl ihrer Nuklearwaffen abzusenken und schnellstmöglich den umfassenden Teststoppvertrag in Kraft zu setzen.

    Das Ziel des Atomwaffensperrvertrages ist und bleibt die Schaffung einer atomwaffenfreien Welt. Die Bundesregierung wird sich unverändert und mit aller Kraft hierfür einsetzen.“
    -Ende der Presseerklärung-

    KOMMENTAR

    Diese Presseerklärung ist ausgesprpchen erfreulich. Nun wäre es konsequent, wenn die Bundesregierung die "nukleare Teilhabe" beendet und um Abzug der US-Atomwaffen bittet.
    Und es wäre wünschenswert, dass die Bundesregierung einen Vertragsvorschlag zur Umsetzung des Artikel 6 Atomwaffensperrvertrag ausarbeitet.

    -markus rabanus- Diskussionen

    Geplant: Internationale Agentur für Erneuerbare Energien

    Gemeinsame Pressemitteilung vom Bundesumweltministerium mit dem Bundesministerium für
    wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

    Weiterer Schritt auf dem Weg zur Gründung einer Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien
    Workshop zur Vorbereitung der Gründung von IRENA

    Steigende Energiepreise, Klimawandel und Armutsbekämpfung stellen die Welt vor Herausforderungen, die sich nur auf internationaler Ebene lösen lassen. Erneuerbare Energien können dazu einen großen Beitrag leisten. Bislang mangelt es an einer internationalen Organisation, deren Hauptziel es ist, Industrie- und Entwicklungsländer beim Ausbau Erneuerbarer Energien konkret zu beraten und zu unterstützen und zu besseren ordnungspolitischen Rahmenbedingungen beizutragen. Die Bundesregierung beabsichtigt daher zusammen mit anderen interessierten Staaten eine Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) zu gründen. Sie wird hierbei vom Deutschen Bundestag unterstützt, der sich zuletzt am 19. Juni mit großer Mehrheit für die Gründung von IRENA ausgesprochen hat.

    Der Vorbereitungsprozess tritt jetzt in die Schlussphase: Im Anschluss an eine Vorberei-tungskonferenz am 10./11. April 2008 in Berlin lud die Bundesregierung zu einem internationalen Workshop nach Berlin ein. Vom 30. Juni – 01. Juli 2008 versammelten sich rund 100 Gäste aus über 40 Ländern, die in zwei parallelen Arbeitsgruppen über das vorläufige Arbeitsprogramm sowie über die Statuten und die Finanzierung der Agentur diskutierten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops waren sich einig, dass ein rascher Start von IRENA sinnvoll und notwendig ist. Auch konnte Konsens zu den grundsätzlichen Strukturen von IRENA erzielt werden. Ferner gab es weitgehende Übereinstimmung zu den Schwerpunkten der Aktivitäten, die IRENA von Beginn an verfolgen soll. Dazu zählen Politikberatung, Technologietransfer und Kompetenzaufbau.

    Weiterhin wurde beschlossen, dass in einer abschließenden Vorbereitungskonferenz im Herbst dieses Jahres die Statuten von IRENA finalisiert werden sollen. Die feierliche Zeichnung der Sta-tuten und damit die Gründung von IRENA sind für den Jahresbeginn 2009 in Bonn vorgesehen. Die Umsetzung des gesamten Vorbereitungsprozesses erfolgt durch das Bundesumwelt¬ministerium und das Bundesentwicklungsministerium in enger Kooperation mit dem Auswärtigen Amt.

    30 Juni 2008

    BMU-PE: "Biomasse bleibt wichtigster erneuerbarer Energieträger"

    Michael Müller: Biomasse bleibt wichtigster erneuerbarer Energieträger

    Der Parlamentarische Staatsekretär Michael Müller hat heute in Berlin die neue Bioenergiestrategie des Bundesumweltministeriums vorgestellt. Auf der Mitgliederversammlung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) betonte er die zentrale Rolle der Biomasse bei der Erzeugung von Strom, Wärme und Biokraftstoffen, um die europäischen und deutschen Klimaschutzziele zu erreichen. Vom Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch entfallen heute und den Prognosen zufolge auch bis 2020 zwei Drittel auf die Bioenergie. Müller sagte:

    „Der weitere Bioenergieausbau muss folgende Aspekte berücksichtigen:
    - Beim energetischen Einsatz von Biomasse sind die Auswirkungen auf die Klimabilanz, auf die Biodiversität, auf die Versorgung mit Nahrungsmitteln und auf mögliche Nutzungskonkurrenzen zu berücksichtigen.
    - Die energetische Nutzung von Biomasse ist nicht per se klimafreundlich. So schließt die Rodung von Wäldern oder die Zerstörung von Mooren in Folge von Landnutzungsänderungen im Regelfall eine positive Klimabilanz aus.
    - Die Einhaltung der Anforderungen zur guten fachlichen Praxis für den Anbau hat große Bedeutung für die Klimabilanz und die Umweltverträglichkeit.
    - Die Effizienz der eingesetzten Technologie beeinflusst stark die Klimabilanz.

    Die neue Bioenergiestrategie fokussiert deshalb auf fünf Handlungsfelder:
    - Rasche Umsetzung europäischer Vorgaben für Nachhaltigkeitsanforderungen in nationales Recht,
    - Anpassung der Biokraftstoffziele und langsamer als bisher geplanter Ausbau,
    - Mobilisierung von Abfallbiomasse , um Nutzungskonkurrenzen mit Nahrungs- und Futtermitteln zu vermeiden,
    - Verbesserung der Nutzungseffizienz, um den Klimaschutzbeitrag zu maximieren und Kosten zu senken,
    - Innovationsschub bei der Bioenergienutzung erreichen.

    Im Ergebnis zeigt sich, dass es nicht um das Ob der energetischen Nutzung von Biomasse, sondern um das Wie geht.

    28 Juni 2008

    Bundesminister Steinmeier zur Stichwahl in Simbabwe

    Trotz internationaler Proteste hat die Regierung in Simbabwe gestern (27.06.) die Stichwahl um das Präsidentenamt durchgeführt. Der Oppositionskandidat Morgan Tsvangirai hatte sich letzte Woche aus Protest gegen die Gewalt und Einschüchterung der Opposition von der Stichwahl zurückgezogen.

    Zu dieser Wahl erklärte Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier in Berlin:

    „Eine Stichwahl ohne Gegenkandidaten ist eine Farce und kann keine Legitimität schaffen. Darüber war ich mir mit den G8-Außenministern in Kyoto einig. Das Ausmaß von Gewalt und Einschüchterung um die gestrige Wahl zeigt, in welche Abgründe Robert Mugabe sein Land geführt hat.

    Die Menschen in Simbabwe brauchen dringend einen politischen und wirtschaftlichen Neuanfang. Ich bin mir sicher, dass das auch die Botschaft des anstehenden AU-Gipfels sein wird und dass insbesondere die Nachbarstaaten im südlichen Afrika alle Möglichkeiten nutzen, um eine Entwicklung in diese Richtung zu befördern.

    Ich begrüße, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in der nächsten Woche über Maßnahmen gegen das Regime in Simbabwe berät. In der EU werden wir überlegen, welche zusätzlichen Schritte ergriffen werden können.“

    1. Juli - 40 Jahre Atomwaffensperrvertrag

    Höchste Zeit für Deutschland seine nukleare Teilhabe zu beenden - Letzte US-Atomwaffen aus Großbritannien abgezogen

    Am 1. Juli 1968 wurde der Atomwaffensperrvertrag (auch: Nichtverbreitungsvertrag) erstmals von den USA, der Sowjetunion und Großbritannien unterzeichnet. Zum 40. Jahrestag fordert die Kampagne "unsere zukunft - atomwaffenfrei" die Bundesregierung auf, die Politik der Nuklearen Teilhabe zu beenden und das letzte Atomwaffenlager auf deutschem Boden in Büchel zu schließen. Der Vertrag, der am 28. November 1969 auch von der Bundesrepublik unterschrieben wurde, verbietet es, anderen Staaten Atomwaffen zu überlassen bzw. sie von Atommächten anzunehmen.

    Xanthe Hall, Sprecherin der Kampagne "unsere zukunft - atomwaffenfrei":

    "Die NATO-Strategie der Nuklearen Teilhabe ist ein klarer Verstoß gegen Artikel 2 des Atomwaffensperrvertrages. Seit Jahrzehnten üben deutsche Piloten für den Ernstfall den Angriff mit den US-Atomwaffen. Die jüngsten Meldungen über die mangelnde Sicherheit von US-Atomwaffenstandorten sind ein weiterer Grund, warum die völkerrechtswidrige Nukleare Teilhabe beendet werden muss. Deshalb haben wir jetzt einen Online-Appell an Bundeskanzlerin Merkel gestartet und rufen zur Demonstration am 30. August 2008 vor dem Atomwaffenlager Büchel auf. Erst am Donnerstag wurde bekannt, dass die US-Atomwaffen vom britischen Luftwaffenstützpunkt Lakenheath abgezogen wurden. Nach mehr als 50 Jahren gibt es in Großbritannien damit keine US-Atomwaffen mehr. Die Beendigung auch der deutschen Nuklearen Teilhabe wäre ein wichtiges Signal für die nächste Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages, die 2010 stattfinden wird."

    Roland Blach, Koordinator der Kampagne, ergänzt:

    "Die Überprüfungskonferenz wird über das Schicksal dieses wichtigen Vertrages entscheiden. Schon jetzt verstoßen die USA, Frankreich und Großbritannien eklatant gegen Artikel 6 des Atomwaffensperrvertrages, indem sie ihre Areale modernisieren und neue nukleare Waffensysteme entwickeln. Laut Artikel 6 sind alle Atomwaffenstaaten zur vollständigen atomaren Abrüstung verpflichtet. Wir müssen den Vertrag jetzt durch die Einführung einer Nuklearwaffenkonvention stärken, die den Weg für eine Abrüstung aller Atomwaffen frei macht."

    Die Kampagne "unsere zukunft - atomwaffenfrei" startete im August 2007 mit dem Ziel, dass Deutschland bei der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages im Jahr 2010 vor den Vereinten Nationen verkündet: "Deutschland ist atomwaffenfrei: Wir haben die nukleare Teilhabe beendet, als einen Schritt zu einer atomwaffenfreien Welt." An der Kampagne sind 48 Verbände, Vereine und Initiativen aus allen Teilen Deutschlands beteiligt.

    Informationen zur Demonstration am 30. August in Büchel: http://www.atomwaffenfrei.de/vor_der_eigenen_tuere_kehren/index.html

    Online-Appell an Merkel:
    http://www.campact.de/campact/home

    Mehr Infos zum Abzug der US-Atomwaffen aus Großbritannien:
    http://www.fas.org/blog/ssp/2008/06/us-nuclear-weapons-withdrawn-from-the-united-kingdom.php#more-259

    Artikel 2 des Atomwaffensperrvertrages: "Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch sonst wie zu erwerben und keine Unterstützung zur Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern zu suchen oder anzunehmen."

    Der Atomwaffensperrvertrag im Wortlaut:
    http://www.atomwaffena-z.info/pdf/NPT-Vertrag.pdf

    >> http://www.atomwaffenfrei.de/

    27 Juni 2008

    Rede von Staatsminister Gernot Erler vor dem Deutschen Bundestag zu China

    Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte diese Debatte nutzen, um noch einmal unser tiefes Mitgefühl für die Opfer der Erdbebenkatastrophe vom 12. Mai zum Ausdruck zu bringen. Das Ausmaß dieser Katastrophe, bei der über 5 Millionen Wohnhäuser zerstört wurden, ist schwer vorstellbar. Die chinesische Regierung hat schnell reagiert, die chinesische Gesellschaft hat große Solidarität mit den Betroffenen gezeigt. Die Offenheit, mit der die chinesische Führung auf die internationalen Hilfsangebote, auch auf unsere, reagiert hat, hat Eindruck gemacht und dazu beigetragen, dass diese Hilfe schnell bei den Betroffenen ankam. Dass dies nicht selbstverständlich ist, wissen wir von anderen aktuellen Katastrophenfällen. Wir werden China auch bei den jetzt anstehenden Aufgaben der Sicherung und des Wiederaufbaus nach Kräften unterstützen.

    Wenn man über unsere Chinapolitik redet, sollte man sich zunächst vergewissern, mit welchem Partner man es hier zu tun hat. China ist ein riesiges Land mit 1 300 Millionen Menschen, mit einer jahrtausendealten, reichen Kultur, das in den letzten beiden Jahrzehnten ein geradezu atemberaubendes Entwicklungstempo vorgelegt hat, mit zweistelligen Wachstumsraten in den letzten fünf Jahren und einer äußerst konkurrenzfähigen Außenwirtschaft, die über den Außenhandel inzwischen eine Devisenreserve von 1,6 Billionen US-Dollar angesammelt hat. Aber China ist eben auch eine Gesellschaft, die vor enorm großen Herausforderungen steht. Wie dieses Land mit seinen vielen Völkern und Religionen zusammenhalten? Wie eine Identität und ein Zusammengehörigkeitsgefühl für 1,3 Milliarden Menschen schaffen und aufrechterhalten? Wie die Dynamik des Wirtschaftswachstums so steuern, dass möglichst viele Menschen am Wohlstandsgewinn teilhaben und dass die Unterschiede zwischen Arm und Reich nicht zu groß werden? Wie eine Balance finden zwischen der notwendigen Handlungsfähigkeit der Regierung und der ebenso notwendigen Transformation und Modernisierung von Staat und Gesellschaft?

    Dazu kommt ein unvermeidbarer Lernprozess. Chinas Rolle als Global Player wächst. Damit schwindet aber auch Chinas Chance, sich allein auf die eigenen Probleme zu konzentrieren. Vielmehr muss China internationale, globale Verantwortung übernehmen, und zwar in Bezug auf Frieden und Konfliktlösung auf verschiedenen Kontinenten, die Zivilisierung des Wettbewerbs um Rohstoffe und Energieressourcen sowie gemeinsame Antworten auf die globalen Umwelt- und Klimawandelprobleme.

    Liebe Kollegen Trittin, Hoyer und Gehrcke, die Bundesregierung hat sich, was ihre Chinapolitik angeht, entschieden. Sie verfolgt eine Grundlinie, die jede Isolierung und Ausgrenzung vermeiden will, die auf Einbindung, eine Verantwortungsgemeinschaft und vor allem auf Dialog setzt.

    Dabei sind wir schon ein Stück vorangekommen. Wir haben seit Jahren einen ernsthaften Strategiedialog ‑ das Wort „Strategie“ wurde also aufgegriffen ‑, einen durchaus nicht immer einfachen Menschenrechts- und Rechtsstaatsdialog und einen Umweltdialog. Insgesamt wurden über 30 verschiedene Dialogmechanismen entwickelt. Das sind hochrangig besetzte, echte Dialoge, die auf gleicher Augenhöhe stattfinden und bei denen wir uns auch den kritischen Fragen der chinesischen Seite stellen.

    Das ist eine Politik, die auf konkrete Ergebnisse setzt, die auf eine langfristige und nachhaltige Entwicklung hinarbeitet, die aber ‑ wie wir mehrfach erfahren haben ‑ manchmal auch von tagespolitischen Ereignissen nicht unberührt bleibt. Das war zum Beispiel der Fall bei der hochrangigen Begegnung mit dem Dalai-Lama, die zu einer Unterbrechung der bilateralen deutsch-chinesischen Dialogforen führte. Diese Unterbrechung gehört mittlerweile zum Glück der Vergangenheit an. Es waren vor allen Dingen die Bemühungen des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier ‑ zuletzt bei seiner Chinareise vom 13. bis 15. Juni ‑, die den Weg für eine Fortsetzung dieser Dialoge freigemacht haben.

    Übrigens sparen diese Dialoge kein Thema aus, auch nicht die Punkte, bei denen wir uns nachdrücklich eine Änderung der chinesischen Politik wünschen, ob das die massive Anwendung der Todesstrafe, die Administrativhaft oder den Umgang mit Dissidenten und mit Minderheiten angeht. Unsere Erfahrung ist, dass nur auf partnerschaftlicher Basis geführte Gespräche etwas bewirken können; nur damit kann man Einfluss nehmen.

    Nach den jüngsten Ereignissen in Tibet haben wir mehrfach zu direkten Gesprächen zwischen der chinesischen Führung und dem Dalai Lama geraten. Am 4. Mai hat es eine erste Begegnung zwischen Pekinger Offiziellen und Vertretern des Teams des Dalai Lama in Shenzhen gegeben. Eine zweite war für den 11. Juni vorgesehen, wurde aber wegen der Erdbebenereignisse verschoben. Wir ermutigen dazu, auf diesem Weg weiterzugehen.

    Die Welt braucht China als verantwortungsbewussten Teilhaber der Weltgesellschaft. In jedem Schritt unserer Chinapolitik ‑ das ist unser Anspruch ‑ muss dieses Ziel erkennbar bleiben.

    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

    Bundestag: Ausschuss befasste sich mit 600 000 Petitionen

    Anlässlich der Debatte zum Jahresbericht 2007 am 27. Juni 2008 erklärt im Plenum des Bundestages die Vorsitzende des Petitionsausschusses Kersten Naumann (Die Linke):

    „Rund 600.000 Menschen haben sich mit Bitten und Beschwerden im Jahr 2007 an den Petitionsausschuss gewandt. Eine mehr als stattliche Zahl. Sie macht deutlich, welches Vertrauen dieser Ausschuss in der Bevölkerung genießt. Sie macht aber auch deutlich, welche Probleme die Bürgerinnen und Bürger mit der Politik, den Gesetzen oder Verwaltungen haben.

    Was ist bemerkenswert am Berichtsjahr 2007? In einer Hinsicht war das Jahr eine Premiere. Wir haben zum ersten Mal in der Geschichte unseres Ausschusses öffentliche Beratungssitzungen durchgeführt. Sitzungen, bei denen die Petenten nicht nur anwesend waren, sondern auch Rede- und Fragerecht hatten. Sie konnten ihr Anliegen näher erläutern und sich damit direkt an der Diskussion – auch mit Vertretern der Bundesregierung – beteiligen. Themen waren u.a. der Nichtraucherschutz, die Generation Praktikum, und das Wahlrecht.

    Diese Beratungen sind zwar zeitaufwändig, aber wir haben gemerkt, dass sich der Aufwand lohnt. Erst in der Diskussion mit den Petenten wurden manche Gefahrenlagen deutlich, die uns z.B. veranlassten, eine Petition zum Einsatz von Wahlcomputern der Bundesregierung als Material zu überweisen und den Fraktionen zur Kenntnis zu geben.

    Mindestens so wichtig ist: Unsere Petenten fühlen sich mit ihren Anliegen noch besser wahrgenommen. Ich zitiere dazu aus der E-Mail eines Petenten vom 15. Januar 2007: „Sehr geehrte Frau Naumann, stellvertretend für Ihre Kolleginnen und Kollegen möchte ich mich sehr herzlich dafür bedanken, dass ich am 15. Januar 2007 ein Frage- und Rederecht vor Ihrem Gremium erhalten durfte. Es war für mich ein tiefgreifendes Ereignis…“

    Die öffentlichen Beratungen sind Teil unseres Modells „öffentliche Petitionen“. Sie erfreuen sich großer Beliebtheit bei den Internet-Nutzern. So wurden in der zweijährigen Probephase 1.500 Eingaben als öffentliche Petitionen eingereicht. Etwa 500 davon wurden im Internet veröffentlicht. Hierzu gab es 25.000 Diskussionsbeiträge und inzwischen insgesamt 830.000 Unterstützer.

    Ziel der öffentlichen Petition ist es, der Öffentlichkeit Themen von allgemeinem Interesse vorzustellen und diese auch zur Diskussion zu stellen. Auf diese Weise wird die Informationsbasis des Ausschusses, die die Grundlage seiner Empfehlungen an das Plenum des Deutschen Bundestages bildet, erheblich erweitert. Wer eben genauer zugehört hat, dem wird nicht entgangen sein, dass ich nicht mehr vom Modellversuch, sondern vom Modell „öffentliche Petitionen“ gesprochen habe. Auch hier sind wir nämlich ein gutes Stück vorangekommen. Wir haben beschlossen, in den dauerhaften Betrieb überzugehen. Wenn alles gut geht, ist der 1. Oktober 2008 der Starttermin für das neue System.

    Über diese Neuerungen dürfen wir jedoch keinesfalls den weit aus größeren Bereich der Petitionen vergessen, die nicht ins Internet eingestellt werden. Sie machen nach wie vor den Hauptanteil unserer Arbeit aus und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Sie betreffen vor allem persönliche Anliegen, die sich weder für Diskussionsforen im Internet noch für öffentliche Beratungen eignen.

    19.783 Petitionen hat der Ausschuss in seinen 25 Sitzungen im Jahr 2007 abschließend beraten. Etwa 3.000 Petitionen sind dabei unmittelbar positiv abgeschlossen worden. In knapp 1.000 Fällen haben wir förmliche Ersuchen an die Bundesregierung gerichtet, sich diesen noch einmal anzunehmen. Die Ergebnisse liegen uns noch nicht alle vor bzw. konnten noch nicht abschließend bewertet werden.

    Rund 6.000 der im Berichtszeitraum eingegangenen Petitionen – das entspricht 35 % aller Petitionen – waren Bitten zur Gesetzgebung. Darunter auch die größte abschließend behandelte Sammelpetition mit mehr als 82.000 Unterschriften zur Ablehnung der Einführung des SGB II. Weitere Gesetzesänderungsvorschläge betrafen beispielsweise Kindergeldzuschläge für Einkommensschwache, Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen, Pflichtteil im Erbrecht.

    Welche Bereiche waren es im Jahre 2007, zu denen die meisten Zuschriften eingingen? Hier steht nach wie vor das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit insgesamt 4.060 Eingaben auf Platz 1. Sehr weit vorn stand die Kritik an der Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe sowie an der Höhe der Leistungen. Auch die Frage eines Mindestlohnes spiegelte sich in einigen Zuschriften wider und das Thema Rente ist ein Dauerbrenner.

    Die Arbeit des Petitionsausschusses ist so etwas wie die Visitenkarte des Parlaments. Natürlich ist nichts so gut, dass es nichts zu verbessern gäbe. Aber dass wir insgesamt auf einem guten Weg sind, mag das folgende Zitat belegen: Ein Bürger aus dem Rheinland schrieb uns folgendes: „Zunächst möchte ich dem Petitionsausschuss meinen Dank dafür aussprechen, dass Sie sich meines Anliegens angenommen haben. Nach den enttäuschenden Versorgungsausgleichsverfahren beim Amtsgericht und beim Familiensenat des Oberlandgerichts, war ich sehr erfreut über die Aufmerksamkeit und Lösungsbereitschaft, die meine Probleme bei Ihnen gefunden haben. Da es meine erste Petition war, habe ich diese Bereitschaft erhofft. Dass meine Hoffnung bestätigt wurde und so schnell eine Lösungsmöglichkeit aufgezeigt wurde, habe ich mit hoher Achtung zur Kenntnis nehmen können.“

    Nicht in allen Fällen können wir solche Reaktionen erwarten. Da gibt es dann auch solche Briefe: „ Wieso fühle ich mich – und so mancher Bundesbürger- nicht ernst genommen? Ich zweifle, dass sich je einer mit meiner Petition, nebst der mehrseitigen und mehrfachen Anlageschreiben, ernsthaft beschäftigt hat.“ Zwei sehr unterschiedliche Reaktionen, die aber beide für uns wichtig sind, da sie uns -jede auf ihre Weise- dazu auffordern und befähigen, unsere Arbeit weiter zu verbessern und somit unseren Beitrag gegen die Politikverdrossenheit zu leisten. Abschließend Dank an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ausschussdienstes und der Fraktionen, ohne die wir unsere Arbeit nicht bewältigen könnten. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.“

  • e-petitionen.bundestag.de/
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