Posts mit dem Label Afghanistan werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Afghanistan werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

25 Januar 2010

Zu Westerwelles "Taliban-Aussteigerprogramm"

Westerwelle brachte ein Aussteigerprogramm für Talibankämpfer ins Gespräch. Bloßen Mitläufern sollen wirtschaftliche Anreize geboten werden, um ... was eigentlich? Um vom Kampf abzulassen oder um in diesem Konflikt die Seite zu wechseln, um besser gestellt zu werden als andere Afhanis, die zuvor nicht für die Taliban kämpften? Taliban-Mitläufer als ökonomisches Sprungbrett? Das ist es ohnehin - und nun in die andere Richtung? Das halte ich für einen aussichtslosen Wettbewerb, denn je prekärer die Verhältnisse in einem Land sind, desto leichter "verdient" sich die Existenzgrundlage mit der Kalaschnikow als mit der Maurerkelle.

Zurecht befürchten Kritiker eines solchen Programms, dass es die korrupten Strukturen stärken werde. Korruptes taugt nicht zur Zivilisierung von Konflikten, auch wenn sich das Westerwelle davon erhofft, weil er als Parteipolitiker möglicherweise selbst ein gestörtes Verhältnis zu Anreizsystemen hat.

In Betracht käme allerdings ein Aussteigerprogramm, das ausnahmslos jeden Kämpfer amnestiert, der sich zur Waffenniederlegung entschließt, aber die Entscheidungskompetenz muss bei den Afghanis liegen, ob eine solche Generalamnestie oder eine individuelle Amnestie zum Zuge kommt. Das kann von den Interventionsmächten allenfalls angeregt werden, allenfalls eine Bedingung für weiteren Truppenverbleib sein. Vorbildhaft könnten die "Wahrheitskommissionen" sein, die es in Südafrika nach dem Zusammenbruch des Apartheidsystems gab, wenngleich kein Gnadenszenario ohne faden Beigeschmack sein kann.

Ein Aussteigerprogramm darf jedenfalls nicht dazu führen, dass die Friedlichen im Umgang mit den Unfriedlichen übergangen oder sogar benachteiligt werden.

"Überläufer ködern" - das ist wenig originell, Herr Westerwelle, denn gerade in den widerlichsten Kriegen typischer Teil des Programms. Es schadet der eigenen Glaubwürdigkeit, sowohl ins Lager der mutmaßlichen Feinde als auch ins Lager der mutmaßlichen Freunde. Wer Frieden bewirken will, muss die Verfeindeten zu Gemeinschaftsaufgaben bringen.

markus rabanus >> Diskussion

11 Januar 2010

Afghanistan-Konferenz soll Rückzug einleiten

Die Afghanistankonferenz muss ein klares Programm zum RÜCKZUG erarbeiten, denn jede "Befriedungsstrategie" wird scheitern.

Die Analyse muss aufrichtiger sein:
Der Afghanistankrieg begann völkerrechtswidrig, denn die Terroranschläge vom 11.9.2001 taugten als Kriegsgrund so wenig, wie ein Attentat zum 1. Weltkrieg führen durfte.
Und die Terrorabwehr, z.B. die Sicherheit auf Flughäfen, lässt sich nicht durch Gemetzel auf dem Hindukusch leisten.
Was die Sowjetunion mit 200.000 Soldaten nicht schaffte, kann auch den heutigen Alliierten nicht gelingen.
Die Interventionsmächte haben den Menschen dieser Region keine politische Alternative zu bieten und sind unglaubwürdig hinsichtlich ihrer Wertepostulate.
Der politische Abstand ist so groß, dass "Freund und Feind" zu schwer zu unterscheiden sind, um keine Kriegsverbrechen zu begehen.

Konsequenzen:
1. Verhandlungen mit den "Islamisten" und Abzug, auch wenn solche Verhandlungen scheitern, denn "der Westen" wird nicht bereit sein, ein Wirtschaftsentwicklungsprogramm aufzustellen, das zu politischen Entspannung führt.
2. Es braucht Asyl-Regelungen für Afghanis, die bemüht waren, mit den Interventionsmächten zu kooperieren.
3. Pakistan soll auf Atomwaffen verzichten.
4. NATO, Russland und China auf ihre Konkurrenzspielchen verzichten.

Markus Rabanus >> Diskussion

02 Dezember 2009

Ratlosigkeit: 30.000 zusätzliche US-Soldaten

Der ansonsten so schnelle Obama brauchte fast ein Jahr, um nun doch keine Afghanistan-Rede zu halten, die eigentlich zu erwarten gewesen wäre, denn Afghanistan nahm in seinem Wahlkampf breiten Raum ein, deutete aber bereits an, dass ihm - wie auch McCain brauchbare Antworten fehlen würden, denn der "Krieg gegen den Terrorismus" ist eine politische und wohl auch eine militärische Sackgasse.
Noch mehr Soldaten sollen der Kabuler Regierung den Rücken stärken, den sie demokratisch kaum hat, danach solle der Abzug beginnen. So lautet das vage Konzept, ist nur Fortsetzung des vorherigen Kurses.
Was wird die Folge sein? Dass sich die Talibankämpfer vor den Amis, wo nötig, zurückziehen und Pakistan noch weiter destabilisieren? Dann wieder vorrücken, wenn die Amis abrücken, weil kaum anzunehmen ist, dass der afghanischen Regierung zwischenzeitlich gelingen kann, sich stärker zu verankern bzw. "robuster", wie es neudeutsch genannt wird. Anstelle eines Wirtschaftsprogramms. - So kann das nichts werden. Und auch ohne Machtteilung mit den Taliban kann es nichts werden, weder der Frieden noch die Freiheit und auch keine wirtschaftliche Erholung.

Markus Rabanus >> Diskussion

27 November 2009

Jungs Rücktritt mit falscher Begründung

Der Rücktritt aus dem Kabinett war nach den Enthüllungen zu erwarten und richtig, aber die Begründung ist falsch, denn es geht nicht nur um ein Kommunikationsproblem, etwaige Schwindeleien und Imageschäden, sondern um die falsche Kriegsstrategie, dass militärische Gewalt ohne Notwehrsituation überhaupt zur Anwendung kommt, auch wenn ausschließlich Talibankämpfer getötet wären.
Dass Herrn Jung die Bundeswehrsoldaten ein "Herzensanliegen" waren, soll für deren obersten Dienstherren zwar sein, aber wer für Frieden und Freiheit kämpft, nicht nur für eigenes Obsiegen, dem muss eben auch das Leben der Feinde "Herzensanliegen" sein, sonst ist es klassisches Kriegsverbrechen. - Und der Luftangriff vom 4. September 2009 war ein Massenmord, ein Massaker.

Markus Rabanus >> Diskussion

26 November 2009

Afghanistan: Luftangriff und späte Enthüllungen

Der Luftangriff vom 4.September 2009 auf Tanklaster - und 142 Tote, darunter eben doch sehr viele Zivilisten. Was wusste wann und wer? Die Rücktritte von Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan und sowie Staatssekretär Peter Wichert lassen auf Versagen schließen, beantworten jedoch die Frage nicht.
Allemal falsch waren die Erklärungen des ehemaligen Bundesverteidigungsministers Jung, der trotz alliierter Kritik am Tag nach dem Bombardement behauptet, es seien ausschließlich Taliban-Kämpfer zu Tode gekommen. Später räumte Jung ein, möglicherweise habe es auch zivile Opfer gegeben. Aber wenn man seinen Äußerungen von heute glauben dürfte, dass er den Zwischenbericht zu dem Vorfall nicht gelesen, sondern weitergeleitet habe, dann hätte ihn der Vorfall nicht interessiert.
Jung ist zwar inzwischen nicht mehr Verteidigungsminister, aber dürfte für Merkel auch als Arbeitsminister nicht mehr verkraftbar sein.

Markus Rabanus >> Diskussion

22 Juli 2009

Konzeptionslosigkeit: Die Bundeswehr in Afghanistan

Angesichts der aktuellen Eskalation in Afghanistan wird es für Verteidigungsminister Jung vermutlich zunehmend schwieriger werden, die Begriffe "Kampfeinsatz" und "Krieg" im Zusammenhang mit dem Einsatz der Bundeswehr auch weiterhin als unzutreffend zu deklarieren. Die Gefechte mit Taliban-Einheiten haben offenbar längst auch den Norden Afghanistans erreicht, und Bundeswehr-Einheiten sind zunehmend darin verstrickt - teilweise auch unter Einsatz von schweren Waffen.

Im Zuge dieser Aktivitäten wurden jüngst auch wieder Zivilisten von Bundeswehrangehörigen verletzt und getötet. Schauplatz war einer jener "Checkpoints", mit denen die alliierten Truppen offenbar versuchen, Territorien zu kontrollieren und die Bewegung von gegnerischen Verbänden einzuschränken. Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit zur Eigensicherung der Bundeswehr werden hier dennoch die zentralen Aporien der Afghanistan-Mission deutlich. Denn einerseits tritt man mit dem Anspruch auf, nicht nur geduldete, sondern erwünschte Sicherheits- und Aufbauarbeit zu leisten. Andererseits ist die eigene Präsenz offensichtlich auch Teil des Problems, dessen Lösung zu sein sie vorgibt. Denn was bewirkt eine Präsenz, die sich zum allergrößten Teil nur noch mit der Absicherung des eigenen Einsatzes beschäftigen muss, sich zunehmend einigelt und von der Bevölkerung abnabelt? Durch die getöteten Unbeteiligten wird dieser Prozess nur noch beschleunigt. Ein Major der Reserve berichtete mir kürzlich wörtlich, "die Truppe bettelt um Leopard-Kampfpanzer". Man kann sich leicht vorstellen, dass es in einer solchen Situation längst nicht mehr um Kinderkrankenhäuser und Brunnenschächte gehen wird. Das Lamentieren darum, dass ja schließlich die Terroristen für diese Eskalation verantwortlich sind, täuscht zugleich nur schwer über die allgemeine politische Konzeptionslosigkeit bezüglich Afghanistan hinweg.

Und diese Konzeptionslosigkeit besteht nicht nur hinsichtlich des Bundeswehr-Einsatzes, sondern betrifft die Afghanisten-Politik des Westens ganz allgemein. Auch den Vereinigten Staaten unter Obama, der für viele Felder der Außenpolitik einen Paradigmen-Wechsel angekündigt hat, scheint zu Afghanisten nicht viel einzufallen. Seit März läuft nun die "neue Strategie" der Vereinigten Staaten und Großbritanniens, die da heißt: Truppenverstärkung und massives militärisches Vorgehen gegen die wiedererstarkten Taliban-Verbände - mit scheinbar eher durchwachsenem Erfolg. So gehen die Wellen hin und her wie seit Jahrzehnten.

Ein zentrales Ziel des militärischen Kräftemessens lautet dabei, das Stattfinden der afghanischen Präsidentenwahlen am 20.08. in allen Provinzen garantieren zu können. Momentan reicht die Macht des afghanischen Präsidenten aber kaum über die Grenzen von Kabul hinaus. Vielleicht hofft man darauf, dass eine erfolgreiche Wahl einem neuen Präsidenten mehr Rückhalt verschaffen könnte. Aber diese Maßstäbe sind westliche, und es scheint mehr als fraglich, wie viel davon man auf ein Land wie Afghanistan applizieren kann.

martin >> Diskussion

22 Dezember 2008

30.000 US-Soldaten mehr für Afghanisten, ...

Die US-Regierung will bis zu 30.000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan schicken. Dann wären rund 90.000 ausländische Soldaten im Land. Mit Waffen, aber ohne Konzept, um mit den Taliban Frieden zu schließen. Kriegsbeginn war der 07.10.2001. Diskussion

21 Oktober 2008

Terroranschlag in der Nähe von Kundus

Über alle Anschläge zu berichten, ist Pflicht derer, die in den Krieg verführten, den sie "Friedensmission" nennen. Mir obliegt solche Pflicht nicht. Und ich könnte sie auch nicht erfüllen. Deshalb so selten über das, was so häufig geschieht:

Gestern wieder ein Terroranschlag in der Nähe von Kundus auf Bundeswehrsoldaten, von denen zwei und fünf afghanische Kinder ums Leben kamen. Der Selbstmordattentäter hatte sich mit dem Fahrrad genähert. In einem "Bekennerschreiben" hätten sich die Taliban des Anschlags gerühmt. Haben sie? Und wie gehen sie mit dem Tod der Kinder um? Wenn ihnen das Leben der Kinder wichtig wäre, so wären sie noch am Leben. Wie groß muss der Hass sein, dass solche Grausamkeit stattfindet und von Menschen gefeiert wird?
Die kriegsentscheidende Frage lautet: Wie ist der Hass zu überwinden? Denn die Kriegerei mehrt ihn nur.

  • Diskussionen
  • 17 Oktober 2008

    Deutscher Bundestag verlängert Afghanistanmandat um weitere 14 Monate

    Berlin (Deutschland), 17.10.2008 – Der Deutsche Bundestag hat gestern das Mandat für den Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) um 14 Monate – also bis nach der nächsten Bundestagswahl – verlängert. Die Entscheidung fiel mit 442 Ja-Stimmen gegen 96 Abgeordnete, die mit Nein stimmten. 32 Parlamentarier enthielten sich der Stimme. Bestandteil der Entscheidung war auch die Möglichkeit für die Bundesregierung, die Obergrenze für die Anzahl der nach Afghanistan entsandten Soldaten um 1000 aufzustocken, d.h. auf bis zu 4.500 Soldaten zu erhöhen. Zustimmung zu einer Ausweitung und Verlängerung des Mandats kam von der Unionsfraktion, der SPD und der FDP. Die Grünen stimmten unterschiedlich ab und die Fraktion der Linkspartei stimmte dagegen.

    Den Grundsatzbeschluss zur Beteiligung an der ISAF-Truppe in Afghanistan fällte der Deutsche Bundestag am 22. Dezember 2001. Der Einsatz beruht auf einem Beschluss des UNO-Weltsicherheitsrats vom 20. Dezember 2001. Das Mandat der ISAF lautet auf Unterstützung der „afghanische[n] Regierung bei der Herstellung und Wahrung der inneren Sicherheit und der Menschenrechte“ (Zitat laut Website der Bundeswehr zum ISAF-Einsatz). Damit dauert der Einsatz jetzt sieben Jahre. Im Herbst 2001 hatten die Vereinigten Staaten von Amerika einen bewaffneten Einsatz in Afghanistan geführt, der innerhalb weniger Monate die damals in Afghanistan herrschenden Taliban von der Ausübung der Staatsmacht vertrieb. Inzwischen befinden sich über 60.000 Soldaten aus 41 Ländern in dem Land. Von einer befriedeten Situation kann nicht ausgegangen werden. Das Land befindet sich nach Einschätzung der Militärs weiterhin in einer instabilen Sicherheitslage. Die Anzahl der Angriffe auf Soldaten der ISAF steigt, fast täglich detonieren irgendwo im Land Sprengfallen oder Selbstmordattentäter sprengen sich in die Luft – nicht ohne Soldaten der ISAF oder Zivilpersonen mit in den Tod zu reißen.

    Verteidigungsminister Franz Josef Jung begründete denn auch die Verstärkung der Truppe in Afghanistan mit Hinweis auf die Verschärfung der Sicherheitslage, die immer „kritischer“ werde.

    Unklar ist, wie lange der Afghanistaneinsatz noch andauern soll. Die ursprünglich gerade auch von deutschen Politikern immer wieder so definierte Missionsziel, in Afghanistan wesentliche Aufbauhilfe zu leisten, um die Situation zu stabilisieren und den Abzug der ausländischen Truppen langfristig vorzubereiten wird angesichts der gestiegenen Bedrohungslage immer schwieriger statt leichter, schätzen politische Beobachter die aktuelle Situation in Afghanistan ein. Einen Termin für den endgültigen Abzug der ausländischen Truppen aus Afghanistan gibt es nicht.

    Bei der Fraktion der Grünen im Bundestag, die das ursprüngliche Mandat noch mitgetragen hatten, wächst daher die Ablehnung gegenüber einer weiteren Verlängerung des Mandats. Viele stimmten gestern mit Nein oder enthielten sich der Stimme. Der Fraktionsvizevorsitzende der Grünen, Hans-Christian Ströbele, nannte die Situation in Afghanistan „völlig verfahren“. Er fordert einen Abzugsplan für die Bundeswehr. +wikinews+

  • Diskussion
  • 16 Oktober 2008

    Afghanistan-Krieg und kein Ende

    14 weitere Monate + 1000 Soldaten

    (wwj) Der Bundestag beschloss mit 442 Stimmen gegen 96 Neinstimmen und bei 32 Enthaltungen die Verlängerung des "Bundeswehr-Mandats" für den Afghanistankrieg. Und nicht um 12 Monate, sondern erstmals um 14 Monate. Und statt bisher 3.500 Soldaten sollen es 4.500 sein.

  • Diskussion
  • 21 September 2008

    Tausende demonstrieren in Berlin und Stuttgart gegen Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr

    Berlin / Stuttgart (Deutschland), 21.09.2008 – Unter dem Motto „Dem Frieden eine Chance – Truppen raus aus Afghanistan“ demonstrierten in Berlin und Stuttgart am gestrigen Samstag Tausende gegen den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Die Demonstration wurde von über 250 Organisationen der Friedensbewegung, von weiteren Organisationen, sowie von Gewerkschaftsmitgliedern organisiert. Nach Polizeiangaben waren in Berlin etwa 3300, in Stuttgart etwa 2000 Demonstranten beteiligt.

    Am 7. Oktober wird im Deutschen Bundestag über Verlängerung und Ausweitung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan beraten werden.

    Sprecher der Friedensbewegung wiesen darauf hin, dass es am Samstag auch in zahlreichen anderen Ländern Proteste gegen den Krieg gab, darunter Belgien, Griechenland, Italien, Großbritannien und auch Schweden, in dem anlässlich des europäischen Sozialforums in Malmö protestiert wurde.
    +wikinews+ >> Diskussion

    18 September 2008

    NATO-Soldaten erschießen afghanischen Bezirksgouverneur

    Tarin Kut (Afghanistan), 18.09.2008 – Polizeiangaben zufolge haben NATO-Soldaten gestern Rosi Khan, den Gouverneur des Bezirks Shora in der zentralafghanischen Provinz Uruzgan, erschossen. Der afghanische Präsident Hamid Karzai bezeichnete den Vorfall laut Agenturmeldungen als „Missverständnis“. Der Politiker sei einer seiner engen Verbündeten gewesen, so Karzai weiter.

    Gulab Khan, der Polizeichef der Provinz Uruzgan, schildert den Vorfall wie folgt: Rosi Khan habe am Mittwoch einem Freund helfen wollen, der ihm am Telefon davon berichtet habe, dass er glaube, Taliban hätten sein Haus umstellt. Tatsächlich hatten sich nicht Taliban-Kämpfer, sondern NATO-Soldaten um das Haus postiert. Diese hätten den Bezirksgouverneur und „seine Männer“ – offenbar afghanische Soldaten – wiederum fälschlicherweise für Taliban gehalten.

    Die ISAF will nach Angaben eines Sprechers ermitteln, wie es zu der folgenschweren Verwechslung gekommen ist. Die hohe Zahl ziviler Opfer hatte zuletzt für Verstimmung zwischen der afghanischen Regierung und den multinationalen Truppen gesorgt.

    +wikinews+ >> Diskussion

    09 September 2008

    Wikinews: Zahl der zivilen Opfer in Afghanistan gestiegen

    Kabul (Afghanistan), 09.09.2008 – Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat gestern einen Bericht veröffentlicht, wonach sich die Zahl der zivilen Opfer, die bei Luftangriffen der US- und NATO-Truppen in Afghanistan ums Leben gekommen sind, zwischen 2006 und 2007 beinahe verdreifacht hat. Für dieses Jahr wird eine noch höhere Zahl erwartet. Die Vorwürfe vom HRW richten sich nicht nur gegen die US- und NATO Truppen im Land, sondern auch gegen die Taliban und deren Einsatz von menschlichen Schutzschildern.

    Einer HRW-Pressemitteilung ist zu entnehmen, dass die Menschenrechtsorganisation die Präsenz der Soldaten in Afghanistan nicht prinzipiell ablehnt. Sie stellt aber fest, dass die steigende Zahl an zivilen Opfern die Versuche, die Zustimmung der Bevölkerung für die multinationalen Truppen und deren Bemühungen um Sicherheit zu gewinnen, untergrabe. Laut dem HRW-Bericht hat sich nach einer Strategieänderung im Sommer 2007 die Zahl der zivilen Opfer verringert. Zuvor war das Thema unter anderem in Folge eines Luftangriffs auf eine Hochzeitsfeier am 6. Juli 2007 in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt worden.

    Die meisten zivilen Opfer gibt es laut HRW-Bericht nicht in Folge von geplanten Luftangriffen, sondern, wenn es zur Unterstützung der Bodentruppen in Notfallsituationen zu ungeplanten Angriffen aus der Luft komme. 2006 starben im Afghanistan-Krieg, so HRW, 929 Zivilisten; 2007 waren es mindestens 1.633. In einem Interview mit „Democracy Now“ erklärt die Afghanistan-Korrespondentin von Associated Press, Kathy Gannon, diesen Sachverhalt wie folgt: Die internationalen Truppen müssten sich oft dafür entscheiden, die Leben ihrer eigenen Soldaten mit Luftangriffen auf Kosten der Zivilbevölkerung zu schützen. Auch der afghanische Präsident Hamid Karzai habe gesagt, das Ausmaß der Luftschläge müsse verkleinert werden oder es dürfe nur noch strategisch geplante Luftangriffe geben.

    Im Zusammenhang mit den zivilen Opfern übt HRW deutliche Kritik an der US-Regierung. Anstatt die Vorfälle gründlich zu untersuchen, streite sie die Verantwortung zumeist sofort ab und mache ausschließlich die Taliban für die toten Zivilisten verantwortlich. Wenn es zu Untersuchungen komme, seien diese unilateral und intransparent. +wikinews+

    KOMMENTAR

    Das dürfte nicht einfach nur "Zahl der Opfer gestiegen", sondern müsste "Zahl der Kriegsverbrechen gestiegen" heißen, denn passieren kann es nur, wenn die Besatzungstruppen die Order zum Töten statt zur Gefangennahme haben.

    +msr+

    03 September 2008

    Die "gemeinsamen Interessen" von USA und Russland

    Der Kreml macht sich z.Zt. keine "geostrategischen" Hoffnungen, mit Pakistan übereinkommen zu können. Darum wird man in Moskau auch nicht voreilig gegen militärische Abenteuer protestieren, in die sich die us-amerikanische Politik zunehmend und nun auch in Pakistan verstrickt. (Hintergrund: US-Truppen kämpfen im Moment grenzüberschreitend in Pakistan gegen Taliban)

    Das ist wie mit Afghanistan selbst, wo das NATO-Projekt mehr und mehr unter Feuer gerät, "Kräfte bindet", verschleißt und zwar in einem Gegeneinander von Kräften, die für den russischen Imperialismus beide unbequemer wären, wenn sie sich gegenseitig in Frieden ließen.

    Solange "gemeinsame Interessen" auf der Feindschaft gegen Dritte beruhen, kann die Interessengemeinschaft nicht zuverlässig sein.

    Die wirklich "gemeinsamen Interessen" von Russland, EU und USA liegen in ganz anderen Bereichen, sind vor allem wirtschaftlicher Art, und entwickeln sich im Wege der gegenseitigen Verflechtung hoffentlich so sehr, dass die feindseligen Konkurrenzspielchen nachlassen - und die gemeinsame Politik auch im Hinblick auf die übrige Welt und speziell den Islamismus, gescheiter wird. (msr)

  • Diskussionen
  • 29 Juli 2008

    Afghanistan und wer ist "die NATO"?

    "AWACS-Anfrage der NATO erreicht Bundestag" - so heißt es im Ticker der Nachrichtenagentur ddp (Deutscher Depeschendienst). Die AWACS sollen im komplette Luftraum Afghanistans operieren, "zunächst nur für ein Jahr" usw.

    Wer ist die NATO? So anonym und lässt sich nicht wenigstens geheimdienstlich erkennen, aus welcher Richtung in diesem Bündnis die Forderung kommt? Oder war es am Ende ein bundesdeutscher Vertreter, der dort "wichtiger" werden möchte?

    Mit Afghanistan haben wir nun schon so einige Erfahrung. Eine davon lautet: Was man an Militärischem beginnt, kommt so rasch nicht zum Ende.

    Jede Ausweitung und weitere Kriegführung gegen "die Taliban" lehne ich ab, solange "die NATO keine Anfrage" startet, auf welche Weise man mit den Taliban zum Friedensschluss kommt.
    Solange soll sich die NATO mit Bunkerbau und reiner Verteidigung begnügen, aber jegliche "Offensive" unterlassen.

    -markus rabanus- 

    10 Juli 2008

    Afghanistan beschuldigt pakistanischen Geheimdienst

    (msr) Für einen am Montag in Kabul auf die indische Botschaft verübten Bombenanschlag, durch den 41 Menschen ermordet wurden, macht die afghanische Regierung verklausuliert den pakistanischen Geheimdienst "ISI" verantwortlich.
    Solche Beschuldigungen wurden schon mehrfach erhoben und umgehend von Islamabad zurückgewiesen.
    Da die afghanische Regierung behauptet, über Beweise zu verfügen, sollte Deutschland als eine der Schutzmächte der afghanischen Regierung auf die Beweislegung bestehen, um gegebenenfalls mit der pakistanischen Regierung zu verhandeln.


  • Afghanistankrieg
  • 07 Juli 2008

    Sprengstoffanschlag in Kabul

    Presseerklärung: Bundesregierung verurteilt Anschlag in Kabul

    Bei einem Sprengstoffanschlag vor der indischen Botschaft in der afghanischen Hauptstadt Kabul wurden heute (07.07.) nach derzeitigem Stand der Regierungsangaben mehrere Dutzend Menschen getötet. Darüber hinaus sind weit über 100 Menschen verletzt worden. Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier erklärte dazu heute (07.07.) in Berlin:

    „Die Bundesregierung verurteilt das mörderische Attentat vor der indischen Botschaft in Kabul, bei dem heute zahlreiche unschuldige Menschen ihr Leben verloren, auf das Schärfste. Wir teilen die Trauer und Bestürzung des afghanischen Volkes und versichern auch der indischen Regierung unser Mitgefühl.

    Den Familien und Angehörigen der Opfer gilt unsere tiefe Anteilnahme. Unsere Gedanken sind ebenso bei den vielen Verletzten. Ihnen wünschen wir rasche und vollständige Genesung.

    Es ist das Ziel der Terroristen, geordnete und demokratische Verhältnisse in Afghanistan zu verhindern. Wir zählen deshalb auf die schnelle Arbeit der afghanischen Behörden: Die Hintermänner des Attentats müssen umgehend gefunden und zur Rechenschaft gezogen werden.“

    KOMMENTAR

    Aus den Erfahrungen der untergegangenen Sowjetunion lernen, heißt Frieden lernen: Frieden macht man mit dem Feind. Eben auch nicht gegen die Taliban. Entsetzen, Rechenschaft und Soldaten reichen zum Frieden nicht.

    -markus rabanus-

    25 Juni 2008

    Regierungserklärung zu Afghanistan

    Bundesaußenminister Steinmeier vor dem Deutschen Bundestag (Regierungserklärung zu Afghanistan)
    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf die Botschafterin Afghanistans begrüßen, die diese Debatte von der Tribüne verfolgt.

    Vor einigen Wochen bekam der zivile Leiter unseres Wiederaufbauteams in Faizabad Besuch von den Dorfältesten und dem Mullah aus einem Gebirgsdorf in Badakhshan, dem nordöstlichsten Teil Afghanistans. Drei Tage waren die Männer unterwegs: zu Fuß, mit Eseln und das letzte Stück im Sammeltaxi.

    Sie fragen sich sicherlich: Wofür drei Tage? Diese Abordnung aus dem Dorf kam bei unserem Wiederaufbauteam an und bat um Unterstützung beim Bau einer Jungen- und Mädchenschule. Der Leiter des Wiederaufbauteams wunderte sich, dass die Delegation für die knapp 120 Kilometer Wegstrecke drei Tage brauchte. Die Dorfältesten erwiderten darauf, dass vor zwei Jahren die gleiche Reise noch weit über eine Woche gedauert hätte. Mittlerweile gebe es allerdings auf der Hälfte der Strecke eine neue Straße. Bald werde die Straße wohl auch das Dorf erreichen. Dann öffne sich für das Dorf die Welt. Das sei auch der Grund ihres Kommens. Das Dorf brauche die Hilfe beim Bau der Schule, so der Mullah, „weil wir jetzt endlich eine Zukunft haben, und darauf müssen wir unsere Kinder vorbereiten“.

    Meine Damen und Herren, das ist in der Tat nur eine Dorfgeschichte aus dem Pamir-Gebirge, aber sie führt uns schnurstracks ins Zentrum dieser Debatte, die wir heute führen. Viel zu oft verlieren wir uns bei unseren leidenschaftlichen Diskussionen um Mandate und Obergrenzen. Zu oft verlieren wir dabei den Blick, worum es im Kern in Afghanistan geht. Es geht im Kern um zwei Dinge: erstens um die Zukunft dieses Landes und zweitens und immer noch um unsere eigene Sicherheit.

    Die Menschen in diesem Dorf glauben an eine bessere Zukunft. Das Entscheidende ist: Sie wissen, dass diese Zukunft am Ende von ihnen selbst gestaltet werden muss. Sie kämpfen für ihre Schule. Sie kämpfen für ein besseres Leben ihrer Kinder. Wir reichen ihnen dabei im Grunde genommen nur die helfende Hand.

    Öffnung zur Welt, Zukunft für Kinder ‑ davon jedenfalls träumen die afghanischen Dorfleute, von denen ich berichtet habe, und sie drücken damit aus; was die Hoffnung der übergroßen Mehrheit der Menschen in Afghanistan ist. Solange diese Hoffnung lebendig ist, werden, so bin ich sicher, die Taliban keine Chance haben. Jeder Brunnen, jede Schule, jeder Kilometer Straße ist ein kleiner Sieg.

    Die Afghanen ‑ viele von Ihnen, meine Damen und Herren, waren inzwischen dort ‑ sind ganz ohne Zweifel ein stolzes, freiheitsliebendes Volk. Das kann jeder spüren, der mit ihnen spricht. Aber es sind auch Menschen, die nicht vergessen haben, in welches Elend sie von den Taliban gestürzt worden sind. Diese Art Steinzeit-Islam ist für die Menschen in ihrer ganz übergroßen Mehrheit keine Zukunftsverheißung.

    Deshalb ist ziviler Wiederaufbau nicht nur irgendein Randaspekt unseres Engagements in Afghanistan, sondern er steht im Mittelpunkt. Hier entscheidet sich, ob die Hoffnung die Oberhand behält oder ob die Angst zurückkehrt.

    Meine Damen und Herren, was ich hier von dem Gebirgsdorf in Badakhshan schildere, das ist schon lange kein Einzelfall mehr. Kai Eide, der neue Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen in Afghanistan, hat im Rahmen der kürzlich in Paris stattgefundenen Konferenz berichtet, dass mittlerweile in 32 000 Dörfern in Afghanistan Entwicklungsprojekte erfolgreich umgesetzt worden sind. Nach dem Sturz der Taliban ‑ ich habe hierüber bereits berichtet, aber ich möchte daran erinnern ‑ gab es so gut wie keine Gesundheitsversorgung in Afghanistan. Mittlerweile haben 80 Prozent der Bevölkerung Zugang zu basismedizinischer Versorgung.

    Das Schulsystem ‑ Sie wissen es ‑ war damals faktisch zusammengebrochen. Heute gehen 6 Millionen Kinder in Afghanistan zur Schule, 30 000 Lehrer wurden ausgebildet, 3 500 Schulen aufgebaut oder wiederaufgebaut. 8 Millionen Minen wurden geräumt, 13 000 Kilometer Straßen gebaut oder repariert. Die Menschen gründen inzwischen wieder Unternehmen. Die Wirtschaft entwickelt sich auf niedrigstem Niveau ‑ zugegeben ‑, aber sie entwickelt sich in den Teilen des Landes, in denen die Sicherheitslage besser ist, auf niedrigem Niveau stetig fort ‑ und das alles in sieben Jahren. Ich finde, das ist trotz aller Schwierigkeiten, die wir vor uns haben ‑ diese Schwierigkeiten sind gewaltig ‑, eine Leistung, auf die wir miteinander ein bisschen stolz sein dürfen.

    Aber wir sollten, wie ich finde, nicht nur auf uns stolz sein. Das, was vorangekommen ist, ist entscheidend denjenigen Menschen in Afghanistan zu verdanken, die von diesem Wiederaufbauwillen geprägt sind. Sie brauchen weiterhin die Unterstützung unserer Soldaten, Polizisten, Diplomaten und zivilen Wiederaufbauhelfer. Ich will diese Gelegenheit gerne nutzen, um all denen zu danken, die sich für eine friedliche Zukunft Afghanistans engagieren. Ich danke ihnen für den Mut, mit dem sie sich leidenschaftlich und ‑ ich weiß, auch viele von Ihnen haben es gesehen ‑ manchmal unter Entbehrungen dafür einsetzen, dass die Kinder in Afghanistan eine Zukunft haben.

    Ich will an dieser Stelle auch meinen Kabinettskollegen Heidemarie Wieczorek-Zeul, Wolfgang Schäuble und Franz Josef Jung für die gute Zusammenarbeit danken, ohne die all das, was ich hier berichten konnte, nicht möglich gewesen wäre.

    Meine Damen und Herren, trotz dieser eindrucksvollen Fortschritte sehen viele Bürgerinnen und Bürger den Afghanistan-Einsatz ‑ ich weiß das ‑ mit großer Skepsis. Sie selber sehen sich in Ihren Wahlkreisen auch kritischen Fragen ausgesetzt. Die Politik steht nicht nur unter Begründungs-, sondern manchmal sogar unter Rechtfertigungszwang. Ich glaube, wir dürfen uns diesem auch nicht entziehen, weil die Bürger einen Anspruch darauf haben, dass wir unseren Afghanistan-Einsatz ‑ und zwar das gesamte Engagement ‑ immer wieder auf Erfolg, auf Wirksamkeit und auf Effizienz hin hinterfragen. Wir brauchen klare Ziele, und wir brauchen beständige Erfolgskontrolle. Wir müssen uns kritisch selbst prüfen, welche Erwartungen im kulturellen und politischen Kontext Afghanistans realistisch sind. Darauf haben viele von Ihnen und darauf habe ich in meinen Reden in den vergangenen Monaten immer wieder hingewiesen.

    Gerade wenn es um die Gesundheit und um das Leben von Soldaten und zivilen Wiederaufbauhelfern geht, dann kann es kein einfaches „Weiter so“ geben. Deshalb hat sich auch die Bundesregierung seit der letzten Mandatsdebatte im vergangenen Herbst intensiv bemüht, und zwar gemeinsam mit ihren Partnern, kritisch Bilanz zu ziehen. Die Afghanistan-Konferenz in Paris vor wenigen Tagen war aus meiner Sicht bei diesem Bemühen eine wichtige Zwischenetappe. Ich darf Ihnen sagen, dass der Vertreter von UNAMA, der Vereinten Nationen in Afghanistan, in dieser Pariser Konferenz eine Bestandsaufnahme zur Umsetzung des Afghanistan-Compact von London erstellt hat. Diese Analyse, diese Bestandsaufnahme haben wir in die Schlussfolgerungen im Abschlusskommuniqué der Pariser Konferenz übernommen.

    Was heißt das? 85 Staaten und internationale Organisationen waren vertreten, 20 Milliarden Dollar Wiederaufbauhilfe ‑ eine wahrlich stolze Summe ‑ sind zugesagt worden. Wir selbst hatten 140 Millionen Euro zugesagt. Für die Zeit von 2008 bis 2010 stellen wir insgesamt 420 Millionen Euro zur Verfügung.

    Die Pariser Konferenz war aber auch deshalb ein Erfolg, weil die internationale Gemeinschaft und die afghanische Regierung sich auf einen Kurs verständigt haben, für den wir ‑ Sie wissen das ‑ schon im vergangenen Jahr intensiv geworben haben. Insofern ist der Strategiewechsel, den Claudia Roth ‑ sie ist nicht hier ‑ oder Winfried Nachtwei ‑ er ist hier ‑ fordern, schon lange im Gange. Dazu braucht heute nicht aufgerufen zu werden.

    Ich glaube, dass die Richtung in der Afghanistan-Politik, wie wir sie jetzt eingeschlagen haben, richtig ist. Aber alle haben recht, die sagen: Wir dürfen uns dabei nicht verzetteln, sondern wir müssen uns auf die wesentlichen Probleme konzentrieren, das heißt, die Eigenverantwortung der Afghanen stärken. Unser oberstes Ziel muss sein und bleiben, dass Afghanistan sich mittelfristig selbst helfen kann.

    Ich will vier zentrale Herausforderungen nennen, die auch Kai Eide in seinem Vortrag in Paris betont hat:

    Erstens. Die Reform der afghanischen Sicherheitskräfte, gerade auch der Polizei, muss beschleunigt werden.

    Zweitens. Korruption und Schattenwirtschaft müssen mit mehr Nachdruck bekämpft werden. Auch das war eine Forderung von Kai Eide.

    Drittens. Die Investitionen beim Wiederaufbau, jetzt ganz besonders in zwei Bereichen, nämlich bei der Stromversorgung und ‑ das ist die neue Priorität bei UNAMA ‑ vor allen Dingen bei der landwirtschaftlichen Entwicklung, reichen bei weitem nicht aus.

    Viertens. Die Drogenbekämpfung wird nur dann erfolgreich sein können, wenn die Bauern echte ökonomische Alternativen haben, und genau darum müssen wir uns mehr kümmern als in der Vergangenheit.

    Wir wissen ‑ darin sind wir uns vielleicht sogar einig ‑, dass die Fortschritte in diesen vier Bereichen auch ganz wesentlich von der afghanischen Regierung und von der Verwaltung dort abhängen. Immerhin hat die afghanische Regierung mit der Nationalen Afghanischen Entwicklungsstrategie jetzt einen eigenen Plan zum Wiederaufbau des Landes vorgestellt. Das macht nicht nur das größere Maß an Eigenverantwortlichkeit sichtbar, das die afghanische Regierung für sich in Anspruch nimmt, sondern das ist auch Ausdruck von wachsendem Selbstbewusstsein, das Afghanistan braucht. Ich freue mich über beides, weil wir genauso beides erreichen wollen.

    Es trifft zu ‑ auch das war Gegenstand der Gespräche auf der Pariser Konferenz zu Afghanistan ‑, dass wir von der afghanischen Regierung mehr Elan bei der Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit sowie bei der Beachtung und Wahrung von Menschenrechten erwarten. Die afghanische Regierung hat dazu ‑ das darf ich Ihnen versichern ‑ in Paris eine erfreulich deutliche Selbstverpflichtung abgegeben, eine Selbstverpflichtung, die der afghanische Außenminister, wie ich gesehen habe, in Interviews in deutschen Zeitungen wiederholt hat, eine Selbstverpflichtung, an der wir die Regierung messen werden.

    Wer Afghanistan kennt ‑ viele von Ihnen sind da gewesen ‑, der weiß: Der Wiederaufbau wird noch längere Zeit dauern, und er wird auch eine militärische Absicherung auf längere Sicht brauchen. Ohne ein sicheres Umfeld wird der zivile Wiederaufbau nicht vorankommen. Mit anderen Worten: Wo es keine Sicherheit gibt, da wächst die Angst, und wo die Angst wächst, da stirbt die Hoffnung. Aus diesem Grund wird unsere militärische Präsenz weiter notwendig sein, eine Präsenz, die zum Ziel hat ‑ das ist das Entscheidende ‑, sich eines Tages selbst überflüssig zu machen.

    Das wird gelingen, wenn wir es schaffen, genügend afghanische Polizisten und Soldaten auszubilden, die dann gut motiviert für die Sicherheit im eigenen Land sorgen können. Das ist der Grund dafür, weshalb wir 2009 über 400 europäische Polizisten im Rahmen der EUPOL-Mission als Ausbilder nach Afghanistan entsenden wollen. Das sind immerhin mehr als doppelt so viele, wie heute der EUPOL-Mission zur Verfügung stehen.

    Darüber hinaus wollen wir auch weiterhin EUPOL mit bilateralen Polizeiprojekten unterstützen. Wir arbeiten in der Polizeiausbildung mittlerweile auch mit den USA zusammen. Wir haben mehrere Hundert Polizisten gemeinsam ausgebildet. In Masar-i-Sharif entsteht eine neue Polizeiakademie, die ebenfalls helfen soll, die zivile Polizeiausbildung in Afghanistan voranzubringen.

    Es reicht nicht, die Polizei in Afghanistan auszubilden. Wir müssen uns auch stärker um die Ausbildung der afghanischen Armee kümmern. Wir werden die Zahl der Ausbilder- und Mentorenteams, der sogenannten OMLTs, erhöhen; das wissen Sie. Wir werden Ausbildungseinrichtungen wie die Logistikschule in Kabul in Zukunft ebenfalls stärker unterstützen.

    In dieser Debatte geht es um den zivilen Wiederaufbau, aber nachdem wir gestern die Obleute informiert haben, möchte ich es hier wiederholen: Wir haben uns darauf verständigt, dass wir die Obergrenze für das ISAF-Mandat von 3 500 auf 4 500 Soldaten erhöhen wollen, zum Ersten deshalb, weil wir, wie gesagt, stärker in Ausbildung investieren wollen, zum Zweiten, um mehr Spielraum beim Kontingentwechsel zu haben, und zum Dritten, weil wir uns auf die Begleitung der Präsidentschaftswahlen, die im Jahre 2009 in Afghanistan stattfinden, vorbereiten wollen,. Das Ganze wird einhergehen mit einer weiteren Absenkung der OEF-Obergrenze auf dann 800 Soldaten. Damit sinkt die Obergrenze bei OEF in zwei Jahren immerhin um 1 000 Soldaten.

    Meine Damen und Herren, ich habe eingangs gesagt, was aus meiner Sicht im Mittelpunkt unseres Engagements in Afghanistan steht: die Zukunft dieses Landes und natürlich unsere eigene Sicherheit. Letztlich ist entscheidend, zu berücksichtigen, dass beides zusammenhängt. Wir müssen verhindern, dass Afghanistan wieder zu einem Rückzugsraum international tätiger Terroristen wird. Das wird aber langfristig nur gelingen, wenn dieses Land eine gute Zukunft hat, wenn es Nahrung, Zugang zu Strom und Wasserversorgung gibt und Schulen sowie Radiostationen und vieles andere mehr errichtet werden. Wir müssen Umstände schaffen, unter denen die Menschen zur Wahl gehen können. Schließlich müssen wir Umstände schaffen, in denen sich der Getreideanbau mehr lohnt als der Mohnanbau.

    Ich komme zum Schluss: Ich will an einen längeren Afghanistan-Aufsatz im Magazin der Süddeutschen Zeitung von Dietmar Herz, der erst vor wenigen Wochen erschienen ist, erinnern. Er spannt darin ‑ ich sehe, viele haben ihn gelesen ‑ einen weiten Bogen von Alexander dem Großen über den Mongolenherrscher Timur Leng bis hin zur sowjetischen Besatzung Afghanistans und sagt: Jeder hat sich an diesem Land die Zähne ausgebissen. Das ist aber natürlich nicht der Schluss dieses Artikels; vielmehr weist Dietmar Herz darauf hin, was dieses Mal in Afghanistan anders ist. Die deutschen Soldaten kommen eben nicht als Eroberer ins Land, sondern sie haben ein Konzept entwickelt,

    das zusammen mit den Afghanen als gleichberechtigten Partnern das Land sichern, stabilisieren und ‑ darum geht es ja in dieser Debatte ‑ aufbauen sollte.

    Das ist unser Ansatz; dazu stehen wir.

    Die Menschen verbinden mit unserem Einsatz, dass es für sie und ihre Kinder wieder aufwärtsgeht. Hierin liegt eine Chance, die wir nicht verspielen dürfen. Dafür, meine Damen und Herren, tragen wir, wie ich denke, nach wie vor gemeinsam Verantwortung.

    Herzlichen Dank.

    15 Juni 2008

    Afghanistans Präsident soll auf die Grenzen der Selbstverteidigung achten

    Karzai: "Afghanistan hat das Recht, Terroristennester auf der anderen Seite der Grenze in einem Akt der Selbstverteidigung zu zerstören."
    Solch grenzübergreifende Rechte zur "Selbstverteidigung" stehen unter dem Vorbehalt der jeweiligen Anerkennung durch die Vereinten Nationen, mindestens bedürfen sie der Zustimmung des davon grenzverletzten Staates.
    Die Bundesrepublik Deutschland muss dieses Rechtsverständnis Karzai gegenüber deutlich machen, damit er sich nicht unter dem Schutz seiner Alliierten politisch verirrt. Sollten im Zuge eines solchen Klärungsprozesses Widersprüche bleiben, müsste sich Deutschland aus dem Afghanistan-Einsatz zurückziehen und ihre Bündnispartner ebenfalls zum Abzug auffordern. Das Völkerrecht wird nur deshalb so häufig gebrochen, weil man Rechtsbrechern die Treue hält oder sie gar zum Rechtsbruch ermutigt.

    -msr-

    Wikinews: Afghanistans Präsident Karzai will „Kampf gegen den Terror“ auf das pakistanische Grenzgebiet ausweiten

    15.06.2008 – Nach der Kommandoaktion von Talibankämpfern am Freitag zur Befreiung ihrer Gesinnungsgenossen aus dem Gefängnis von Kandahar kündigte heute der afghanische Präsident Hamid Karsai an, militärisch gegen Stellungen der Taliban auf pakistanischem Gebiet vorzugehen. Zur Begründung gab Karsai an, sein Land müsse das Recht haben, gegen die Angriffe der Taliban vorzugehen, die vom Territorium des Nachbarlandes aus vorgetragen würden. Vor kurzem hatte ein Talibanführer auf pakistanischer Seite, Baitullah Mehsud, erklärt, die Taliban würden auf afghanischem Gebiet afghanische und ausländische Soldaten töten. Seit dem Sturz der Taliban in Afghanistan haben sich viele Talibankämpfer in das pakistanische Grenzgebiet zu Afghanistan zurückgezogen.

    Karsai sagte am Sonntag vor Journalisten weiter, Afghanistan sei ein „Opfer des Terrorismus“ und Baitullah Mehsud sollte wissen, „dass wir jetzt hinter ihm her sind und ihn in seinem Haus erwischen werden.“ Die Koalitionstruppen unter Führung der Vereinigten Staaten wurden in den letzten Monaten für mehrere Raketenangriffe auf Talibanstellungen verantwortlich gemacht. Mit seiner heutigen Erklärung bekannte sich Karsai jedoch zum ersten Mal öffentlich zur Notwendigkeit solcher Angriffe.

    Nach der Flucht von rund 400 Talibankämpfern aus dem Gefängnis bei Kandahar am Freitag führten die Sicherheitsbehörden, unterstützt von ISAF-Verbänden der NATO, eine großangelegte Suche nach den entkommenen Häftlingen durch. Dabei sollen bereits 15 Aufständische getötet worden sein. Ob es sich bei den Getöteten wirklich um entkommene Insassen des Gefängnisses handelte, blieb dabei zunächst unklar. Nach Angaben des Polizeichefs von Kandahar wurden 14 flüchtige Häftlinge gefangen genommen.

    Ein Talibansprecher kündigte unterdessen an, die Taliban würden in der nächsten Woche weitere Gefängnisse stürmen. +wikinews+

    14 Juni 2008

    Kandahar (Afghanistan): Taliban stürmten Gefängnis und befreiten Gefangene

    wikinews: 14.06.2008 – Mit Raketen und einer Lastwagenbombe sprengten Kämpfer der Taliban am Freitagabend den Weg in ein Gefängnis im afghanischen Kandahar frei. Dabei sollen laut BBC 350 mutmaßliche Talibankämpfer sowie hunderte weitere Gefängnisinsassen befreit worden sein. AFP spricht von insgesamt 1100 flüchtigen Gefangenen. Über Kandahar wurde der Ausnahmezustand verhängt.

    Soldaten der NATO, die im Rahmen der ISAF-Mission, der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe für Afghanistan, in dem Land stationiert sind, sowie Angehörige der afghanischen Sicherheitskräfte begannen mit einer großangelegten Fahndung nach den flüchtigen Gefangenen. BBC-Angaben zufolge findet in der Region um das Gefängnis eine Haus-für-Haus-Durchsuchung statt, um der entkommenen Häftlinge habhaft zu werden. Ein Taliban-Sprecher erklärte: „Wir haben erfolgreich alle Gefangenen befreit, auch die inhaftierten Taliban und andere Gefangene.“ Der Sprecher machte auch genauere Angaben zu den Einzelheiten des Angriffs auf das Gefängnis. Danach wurde ein Wassertanklastwagen benutzt um eine Sprengladung von 1800 Kilogramm Sprengstoff an der Gefängnismauer zu zünden. Diese Aufgabe übernahmen Selbstmordattentäter, die dabei ums Leben kamen. Durch das entstandene Loch in der Gefängnismauer seien anschließend etwa 30 bewaffnete Motorradfahrer ins Innere des Gefängnisses vorgedrungen und hätten dann das Feuer auf die Wachen eröffnet. Laut BBC wurden bei dem Angriff 15 Wachen getötet. Der Überfall war nach Talibanangaben seit zwei Monaten geplant worden.